Buchdruck. 3
So gut wir Deutfche den Ruhm der Erfindung der Buchdruckerkunft durch
unfern Landsmann Guttenberg in Mainz uns nicht ftreitig machen laffen, fo
gut die erfte Schnellpreffe, auf welcher die „Times“ am 29. November 1814 i in
London zum erften Male gedruckt wurde, eine Erfindung der beiden Deutfchen
KönigundBauer war, fo gut gebührt der Ruhm der erften Anwendung des
Druckens von der Rolle ebe falls einem Deutfchen, einem Oefterreicher, und
zwar 'dem für die graphifchen Künfte leider zu früh: verftorbenen Diredtor der
k.k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien, dem Hofrath Alois AuerRitterv. Wels-
bach. Denn fchon Ende der Fünfzigerjahre druckte man in der Staatsdruckerei
von der Rolle und zwar auf einer ganzen Reihe von Schnellpreffen. Und da uns
Deutfchen die Priorität fo mancher Erfindung von fremden Nationen ftreitig zu
machen verfucht WERL (w as neuefter Zeit wieder bei Paul Pretfch der Fall ift),
fo wollen wir hier Auer’s Erfindung ausdrücklich als eine deutfche, eine öfter-
gerehifehe Erfin a ung betonen, die mittelft Patent vom 17. December 1858,
Z. 25317-2852, privilegirt worden ift.
Die Befucher des Pavillons der additionellen Ausftellung fanden dort ein
von der k. k. Hof- und Staatsdruckerei ausgeftelltes Modell einer "Schnellpreffe mit
angehängter Papierrolle. Durch eine Kurbel konnte diefe Miniatur- -Schnellpreffe
in "Bew egung gefetzt werden und gab diefelbe ein getreues Bild von Auer’s
Erfindung.
Warum aber diefe wichtige Erfindung in der Staatsdruckerei wieder aufser
Thätigkeit gefetzt wurde, wollen wir hier etwas näher erläutern.
Bevor die Papierrolle an die Druckmafchine gehängt wurde, mufste das
Papier erft den Procefs des Feuchtens durchmachen, d. h. die Rolle ward an dem
einen Ende eines eigens conftruirten Feuchtapparates aufgehängt, das Papier
abgewickelt und übe r hohle, fiebartig durchlöcherte, mit Waffer gefüllte und mit
Flanell überzogene Cindei geleitet und am entgegengefetzten Ende des Appa-
rates wieder aufgewickelt,
Da aber "be im Drucken von der Rolle die erfte Bedingung die ift, dafs
das Papier feft gewickelt fei, und das fefte Wickeln des trockenen Papieres
felbft den Papierfabriken Schwierigkeiten bereitet: fo kann man fich denken, dafs
die Wickelung nicht feft fein kann, wenn die Rolle vor dem Drucken gefeuchtet
werden mufs; denn einnaffes Papier, wenn es von Haus aus nicht befonders
ftark ift und eine gute Fafer hat, hält die zum feften Wickeln nöthige Span
nung nicht aus.
Um zu drucken, wurde nun die gefeuchtete Papierrolle an die Schnellpreffe
gehängt, das Ende des Pa apieres zwifchen zwei mit Tuch überzogenen, parallel
liegenden Walzen hindurchgeführt und die Schnellpreffe in Bew egung gefetzt.
Die beiden parallel liegenden Walzen und die durch das Papier mit ihnen
in Verbindung ftehende Papierrolle drehten fich um ihre Achfe, führten das
Papier um eine Bogenlänge vor, blieben dann fammt der Papierrolle ftillftehen
und ein Mefier fchnitt den Bogen ab,. der mittelft Greifern und Bändern auf den
Druckcylinder geführt wurde. Nachdem der Bogen bedruckt war, fetzten fich die
beiden Parallelwalzen und durch fie die Papierrolle wieder in Bewegung, um,
nachdem das Papier wieder um eine Bogenlänge vorgeführt ward, wieder fill
zu ftehen u. f. w.
Durch diefes fich jede Bogenlänge wiederholende Stillftehen und wieder in
Bewegung Setzen der Papie erführungswalzen und der Papierrolle entftand ein fort-
w ährendi ich wiederholendes Zupfen und Zucken im Papier, und es gefchah häufig,
dafs durch suche vollftändiges Abfchneiden der Bogen und durch ungleich-
mäfsiges Vorführen des Papie res durch die beiden nicht immer auf beiden Seiten
gleichmäfsig auf einander paffenden See Walzen, oder wenn das Papier
auf einer Seite etwas dicker war, als auf der anderen Seite, die Bogen fchief abge-
fchnitten wurden, daher fchief auf den Cylinder kamen u.f. f., wodurch fehr
viele Fehlbogen oder Maculatur erzeugt wurden.