Kupfer- und Stahlftich-Druck. 5
von Rajon, Jac quemart,Flameng, Gaucherel etc. Reiz, Lebendigkeit
und Feinheit in der Zeichnung zeigen.
Oefterreich und Deutfchland vereint können nur einigermafsen ein Gegen-
gewicht gegen das, alle anderen, dazwifchen liegenden Staaten erdrückende Frank-
reich bieten, trotzdem Weber in Bafel, die Belgier Biot, Danfe und auch
Delboite uns Proben fehr grofser Tüchtigkeit gaben. Holland hatte nur einen
Vertreter, ebenfo wie aus Rufsland, das keine Vergangenheit in diefer Kunft hat,
nur ein kleiner Rahmen mit Radirungen, das redliche Wollen zeigte, mitzuthun.
Regt es fich ebenfo in Kalen dech allerorts wieder, de eingefandten
Kunftwerke haben fehr befcheidenen Raum nur beanfprucht und zeigten uns nicht
Juvara in Rom, Raimondi in Parma und einige wenige Andere, dafs fie den
Sinn für das Schöne und die Gefchicklichkeit treu bewahrt, man müfste fürchten,
dafs fie, wie in Spanien, den Faden nicht wieder fänden, um an die Vergangen-
heit anzuknüpfen.
Was England betrifft, fofühleich mich nicht ficher in der Annahme, dafs die
hier ausgeftellt gewefenen Kunftwerke ein Bild der heutigen Produdion vollftändig
gaben. 80 vorzüglich auch die Arbeiten von Sr cks, Coulins in der
Schwarzkunft unter Anderen erfchienen, fo reichhaltig auch die Ausgabe der
Kenfington-Schule ift, man fragt fich unwillkürlich: ift das Alles ‚ was von
der durch Georg III. gegründeten grofsen Kupferftich-Schule übrig geblieben ift?
Sind das die einzigen Nacl hkoiinien der Strange, Berlom, Woollett,
Burnet? — dann freilich gibt es in diefem Wettkampf nur die ehon vorhin
genannten drei Staaten, die in Betracht kommen.
Ohne Berückfichtigung der fchon erwähnten Lücken und der Verzicht-
leiftung der Parifer C halcographie du Louvre auf die Ausftellung, ftand Frankreich
mit 69 Ausftellern und 182 Nummern gegenüber von Oefterreich mit 15 Ausftel-
lern und 49 Nummern, Deutfchland mit 25 Ausftellern und 36 Nummern.
Das Mifsverl ars ift zu grofs, als dafs es nicht der Mühe werth wäre,
näher beleuchtet zu werden. Sieht man aber in den Schaufenftern unferer Kunt-
händler gle ichzeitig ne nur franzöfifche und englifche Stiche, fo wird es eine
patriotifche Pflicht, die Sachlage zu erklären.
Das Uebergewicht Frankreichs ift nur der forgfamften Pflege zu danken,
wurd die verfchiedenften Regierungen diefem Kunftzw eige feit mehr denn
200 Jahren gewidmet, und der Eiferfucht, mit der ein be srechtigtes Nationalgefühl
über deffen Erhaltung wacht.
Anfchauungen, als wäre diefe Kunft im Charakter der franzöfifchen Nation
begründet, find ebenfo unwahr, wie der Einwand hinfällig ift, dafs fie heute
überflüffig.
Von Martin Schön und Dürer bis auf G. F. Schmidt und F. Mil-
ler ift das widerlegt, und es mufs doch mit unferer Begabung nicht fo fchwach
beftellt fein, wenn wir trotz alledem heute weit beffer ches als Italien, das
zwei Pflegftätten diefer Kunft in den Chalkographien zu Rom und Parma befitzt.
Um Aufklärung zu bekommen, müffen wir wohl zunächft die Fadoren ins
Auge faffen, die hüben und drüben die Arbeiten entftehen laffen.
In Frankreich ift es durch die Chalcographie du Louvre zunächtt die
Regierung felbft, indem fie in diefem Inftitut jüngeren Kräften Ausbildung gibt,
Bewährten aber in bedrängten Fällen ein nothwendiges Refugium bietet. Hiezu
kommt die Stadt Paris, die franzöfifche Gefellfchaft für Kupferftich, vornehme
Private, die ihre Porträts ftechen laffen, und die nicht hoch genug anzufchlagenden
künftlerifchen Beigaben und Diäfratiönen von Zeitfchriften.
Wenn wir den Kunfthändler oder Verleger hiebei fehr fchwach betheiligt
fehen, fo kann uns das weiter nicht verw undern. Vor fünfzehn Jahren noch war
er ein fehr wefentlicher Factor. Der Kaufmann ift eben nicht Liebhaber, fondern
als Kaufmann bedacht, feine W aare el umzufetzen und dadurch den gröfst-
möglichen Gewinn zu erzielen. Beides ift aber beim Kupferftich nur höchft Felten