J. F. Radinger.
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Mafchinen- und Waggonbau- Fabriks-Actiengefellfchaft in
Simmerino.
Diefe Firma (vormals H. D. Schmid) ftellte 3 Dampfmafchinen, davon eine
mit rotirender Steuerung, Syftem Radinger, und ein Dampfgebläfe aus, deren
erftere fich, abgefehen von manch’anderem guten Detail, durch eine neue Bettform
auszeichnete.
Die grofseDampfmafchine warein zweicylindrig-gekuppelter, für ein
Sägewerk beftimmter Motor, bei welchem es fich hauptfächlich darum handelte, die
beim Betrieb der Gatter auftretenden Stöfse und Erfchütterungen unfchädlich
zu machen. Ferner follte fie mit der gröfsten Einfachheit, aber doch fo, dafs der
ökonomifche Betrieb nicht zu fehr darunter leidet, ausgeführt fein, damit fie jedem
nur einigermafsen intelligenten Menfchen anvertraut werden darf.
Die erfte Bedingung beftimmte die Bettform. Nachdem nämlich die Stöfse
nur durch das Kurbellager in die Mafchine kommen können, fo ift es angezeigt,
die Hauptmaffe des Bettes und des Fundamentes dort zu häufen, wie es wohl auch
bei Kurbellagern der Seitenbalken längft angeftrebt wird. Um aber das Mauer-
werk centrifch zu faffen und nachdem bei der ftets gleichen Drehrichtung der
ftationären Mafchine eine einfeitige untere Führung genügt, formte fich der
Hauptbalken als ein beim Lager gefchloffener Rahmen, der unter der Führung
freiliegend und gerade hinlief, und fich erftvor dem Cylinder erhob, um fich an
deffen Vorderflanfch im Kreife verfchnitten anzufchliefsen. Diefe Bettform ent
fpricht gleichfam dem um 90 Grade nach abwärts gedrehten Seitenbalken und
birgt deffen Vortheile, der gefunden centrifchen Verbindung zwifchen Cylinder
und Lager und der richtigen Montirbarkeit im erhöhten Mafs. Das allfalls etwas
fchwerere Gewicht wird durch die gröfsere Stabilität des Lagers reichlich auf-
gewogen.
Die zweite Bedingung: die gröfste mögliche Einfachheit bei variabler
Füllung, brachte die Meyer’fche Steuerung zur Anwendung.
Jeder Cylinder bildete mit dem angegoffenen Vorderdeckel, dem Schieber-
kaften und dem Tragblock, der ihn diredt am Fundamente hielt, ein einziges
Gufsftück. Diefes umfafste auch noch das im Fufs untergebrachte Dampfrohr mit
dem Sitz des Einftrömdrehfchiebers, den Anfatz für das unten wegführende Aus-
ftrömrohr, die Schieberftangen-Stopfbüchfen, die Schmierrohre etc. und war fo
gleichzeit ein Ausftellungsftück der Giefserei diefer Fabrik.
Die Cylinder hatten je 475 Millimeter Bohrung und die Kolben 0°95 Meter
Hub. Die Kolbengefchwindigkeit beträgt 1758 Meter per Secunde, nachdem die
Mafchine normal mit 50 Umdrehungen per Minute geht. Die Dampfrohre waren
eng und mafsen 90 und 120 Millimeter lichte Weite, was 157 and Y,,, und die
Einftrömcanäle 40 bei 220 Millimeter, was !/,, der freien Kolben-Querfchnitts-
Fläche und einer Einftrömconftanten von !/y5 und 1/,, entfpricht.
Der Kolben war zweitheilig, der Hauptkörper auf die 65 Millimeter dicke
Stange gekeilt und der Deckel mit verfenkten Schrauben gehalten. Der Vorder-
deckel des Cylinders war doppelwandig und an den Cylinder angegoflen. Die
Kernlöcher waren nach aufsen zu offen, aber von dem Innenrand des Bettbalkens
gedeckt. Die Stopfbüchfe war gefondert eingefetzt. Der Hinterdeckel führte die
verlängte Kolbenftange in einer Stopfbüchfe und war fammt diefermit einer blanken
Gufshaube verkleidet.
Vorn endete die Kolbenftange mit einem aufgekeilten gufseifernen Kreuz-
kopf, deffen unten angegoffene Geradeführungsplatte 240 Millimeter breit und
370 Millimeter lang war, und bei5 Atmofphären Ueberdruck im Cylinder 2:0 Rilo-
gramm Auflagedruck per Quadratcentimeter erfuhr. Normale fchmale Schmiede-
Eifen-Schienen übergriffen die Führungsplatte aus bekanntem Grund.