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completen Locomotiv-Längenichnittes; aufserdem waren etliche Steuerungsmodelle
erfchienen.
Unter den Steuerungen hat Belgien das Syftem Heufingerv. Waldeg
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an fast allen feinen ausgeftellten Locomotiven mit dem Prädicate: Walfchaer t
angewendet. Aufserdem war die Stephenfon’fche und Allan’fche Couliffe in der
Majorität. Sie ift es auch in der grofsen Praxis. Ein einziges belgifches Locomotiv
hat auf Walfchaert noch einen Expanfionsfchieber gepfropft.
Die Entlaftung der Schieber erregt immer wieder andere Ideen,
obwohl bisher keine die praktifche Giltigkeit erlangt hat. Die neueren Syfteme
beruhen entweder auf Anlaufen eines mit dem Schieber verbundenen Stückes am
Deckel des Schieberkaftens, oder in der Zwifchenlage eines federnden Blattes. So
haben Afhton u. A. conftruirt; die Ausftellung brachte eine folche Vorrichtung in
der englifchen Abtheilung.
Die Reverfirung, beim Apparat Lechatelier mittelft Schraube bedungen,
gefchieht in neuefter Zeit häufig ebenfo, doch auch mit Hebel zugleich.
Sturmhahn, Löfchrohr in Rauch- und Afchenkaften find wohl auf dem Con-
tinente fchon allgemein. Die Heizthüren find an vielen der exponirten Locomotiven
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feitlich verfchiebbar, die Manometer mit transparentem Zifierblatte.
Die Anordnung der Hauptrahmen gefchieht durchwegs mittelft zweier ver-
fteifter Bleche. Hall’s vortreffliches Syftem wird aufserhalb Oefterreichs wenig
angewendet, mehr liebt man es, die Rahmen fchnellfahrender Mafchinen nach
aufsen zu legen, die Radkurbeln zur Erzielung fchmächtigerer Lagergehäufe aufsen
aufzuftecken. Stellbare Keile werden vielfeitig— trotz problematifchen Nutzens —
angewendet, doch macht man das Rad mehr und mehr an die übergreifende Metall-
flanfche des Futters, ftatt diredt ans Lagerhaus anlaufend.
An beweglichen Geftellen und Achfenführungen hatte die Ausftellung wenig
Neues gebracht. Intereffant ift die verfchiebbare Vorderachfe des Locomotivs „Vul-
can“, deren Befchreibung an Ort und Stelle folgen wird; nicht minder die Lager-
führung an Haswell’s Locomotiven „Stainz“ und Conforten, wobei die correspon-
direnden Lager derfelben Achfe durch Querbleche feft verbunden, in der Mitte
zwifchen den Rädern ein gemeinfchaftliches Spiel, alfo eine Art Drehpunkt in fenk-
rechter Ebene, erhielten, fo dafs fich Spiel und Belaftung bei der Fahrt aus-
gleichen und eine vollkommenere Benützung und Conftantbleiben der Adhäfion
bewirken, da nach Anficht des Conftrudteurs bei der bisher allgemein üblichen
Art jedes Rad bald theils ent-, theils überlaftet wird, während es den Uneben-
heiten der Bahn folgt. Es ift gewifs, dafs diefs Syftem nicht nur von hohem Werthe
in diefer Richtung, fondern mehrnoch für den ficheren Gang fchnellfahrender Loco-
motiven wäre. Das Locomotiv „Stainz“ hat, mit dem beziehungsweife mäfsigen Adhä-
fionsgewichte von 32°2 Tons, die Laft von 400 Tons über die Steigung von I: ıIo
bei Nebelwetter ohne Räderfchleifen gezogen.
Die horizontale Lage der Cylinder war die überwiegend herrfchende und
nur an einigen kleineren Locomotiven verlaffen.
Unter den Dampfkolben ift die fchwedifche Form, mit Ringen von weichem,
zähem, dichtem Gufseifen die beliebtefte geworden, da fie die Cylinder fchont,
und felbft bei langen Thalfahrten ohne Verwendung irgend welcher Spannfedern
genügt, unterftützt durch zweckmäfsige Schmierapparate, namentlich von Kefs-
ler, Anfchütz, Schauwecker und Gebauer, die fämmtlich auf der Aus-
ftellung vertreten waren. Die doppelte Kolbenführung ift nicht allgemein acceptirt.
Als Stopfbüchfen-Packung fungiren meift Compofitionen von Asbeft und Feder-
weifs und anderen felbftfchmierenden Stoffen, auch eine Stopfbüchfe mit Waffer-
fchmierung war vorhanden.
Die Zeichnung der Köpfe für Treib- und Kuppelftangen war in der
Ausftellung mannigfach; obwohl Bügel wenig vorkamen, waren doch viele
offene Stangenenden verfchiedener Art angewandt, die das Herasnehmen
erleichtern.