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Diefe zwei höchft eleganten kleinen Victorias waren in Bezug auf die
Conftrucdtion und Federeinhängung als eine gelungene haute nouveaut& aufzufaffen
und haben als folche viel Anwerth gefunden, — es kann jedoch nicht geleugnet
werden, dafs in den k. k. Wagenremifen drei ältere Wagen fich vorfinden, welche
eine identifche Conftrudtion in Bezug auf zwei fchmale Langbäume und Schnecken-
feder-Einhängung aufweifen, darunter der fehr gut confervirte Parkwagen für ein
Bockgefpann aus den Kinderjahren Kaifer Jofef II. und der italienifche Krönungs-
wagen von Napoleon 1.
Ungleich den anderen Ländern, wo zumeift nur von den refpectiven Haupt-
ftädten die Wiener Ausftellung mit Luxuswagen befchickt worden ift, haben die
Wagenfabrikanten der öfterreichifchen Kronländer einen erheblichen Antheil an
diefem Zweige der öfterreichifchen Induftrie während der Expofition aufzu-
weifen gehabt.
J. Berger & Sohn aus Neutitfchein haben zwei Phaetons und einen
Landau ausgeftellt, welche zwar keine Befonderheiten in der Conftrudtion zeigten,
jedoch gut ausgeführt waren.
Die Wagenfabrik von Rudolf Fuchs aus Biala, welche auch in Brünn
eine Filiale befitzt, ftellte ebenfalls 3 fehr gut gebaute Wagen aus, und zwar einen
dunkelgrünen Clarence, einen dunkelblauen Phaeton und einen Kutfchirphaeton
mit Korbgeflecht, der fich gut präfentirte.
Der Wagenfabrikant Johann Puftöwka in Tefchen ftellte einen
Wagen aus, der auf dreifache Weife benützt werden konnte, und zwar als offener
Herrenphaeton, Kutfchirphaeton und als halbgedeckte Caleiche. Der Kaften
war rothbraun, fämmtliche Eifentheile fchwarz lackirt, wobei die Radfelgen aus
Einem Stücke, das efchene Untergeftelle roh gefirnifst. Diefer Wagen war aber
aufserdem durch eine ganz neuartige Verbindung des Vordergeftelles mit dem
Hintergeftelle bemerkbar, wobei die Stangenarme, der Achsftock, Wendefchämel
und der Reibnagel in Wegfall kamen und in Folge deffen nicht nur das Gewicht
des Wagens erheblich vermindert, fondern auch die in der Bodenfchwelle des
Kutfchbockes angebrachte kleine Drehfcheibe vor Koth gefchützt und deren
Einölen von Innen aus ermöglicht werden konnte.
Es wurde wohl eine graphifche Wiedergabe diefer neuen und zweckdien-
lichen Conftrudtion hier beabfichtigt, konnte jedoch nicht durchgeführt werden, da
diefer Wagen vor Schlufs der Ausftellung aus der öfterreichifchen Wagenabthei-
lung entfernt worden itt.
Eine fehr reichhaltige Wagenausftellung, beftehend aus 13 Luxuswagen,
kam aus derHof-Wagenfabrik vonSchuftala& Comp. in Neffeldorf in Mähren,
welche nebft Filialen vielleicht die gröfste Anzahl Wagen nämlich 800 Stück per
Jahr fabricirt.
Unter den Wagen diefer Fabrik waren befonders hervorzuheben: ein Huit-
refforts-Phaeton (angekauft vom Grafen von Flandern) mit braunem Kaften und
brauner Maroquingarnitur, ferner eine blaue, höchft elegante Huit-refforts-Victoria
mit gelbem Untergeftelle, blau befchnitten und mit lichtblauer Seide aus-
gefchlagen.
Ein Pürfchwagen mit Langbaum, Geftelle und Kothflügel aus gefirnifstem
Efchenholze, Eifentheile fchwarz lackirt, mit grauer Wollftoff-Garnitur. Aufser
mehreren Phaetons, Coup&s, Landaus befand fich noch eine blaue Victoria mit
verftellbarem Bock auf Stützen, zum Fahren & la Daumont.
Neben diefen in jeder Beziehung ausgezeichneten Wagen waren in der
Schuftala’fchen Austtellung diverfe felbftfabricirte Wagenbeftandtheile, eine Achfe
mit completem Vordergeftelle, zwei fertige Räder, wobei die Naben aus
Akazienholz, die Speichen aus Hickory Nufsholz (Carya alba), welches aus Nord-
carolina feit einiger Zeit in fehr grofsen Quantitäten zum Wagenbaue nach
Europa importirt wird.
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