Full text: Eisenbahn-Unter- und Oberbau (Heft 90)

   
  
  
122 I. Die geschichtl. Entwiekelung u. d. Culturwerth d. Eisenb. 
Die Strassen und Canäle, früher die einzigen Vermittler 
des Verkehres, haben indess in der Gegenwart diesen ausschliess- 
lichen Charakter verloren; sie haben dem heutigen Bahnverkehre 
nur zum Uebergangsstadium des Culturganges der Menschheit ge- 
dient, haben die Empfänglichkeit der Länder für dieses 
moderne Culturmittel vorbereitet und dienen heute, wie 
bemerkt, in den mit Bahnen dieht besetzten Ländern, mit geringen 
Ausnahmen (und bis zu einem gewissen Grade bezüglich der mit 
den Bahnen etwa noch im Frachtpreise coneurrirenden Strassen 
und namentlich Canalstrecken) lediglich als die Venen des Cultur- 
ganges. In diesen Ländern — und jedes Land hat das Gleiech- 
gewicht zwischen Strasse und Canälen einerseits und den Bahnen 
anderseits achtsam zu verfolgen — in diesen im Bahnver- 
kehre wesentlich gehobenen Ländern also steht indess keines dieser 
Verkehrsmittel so hoch, als jenes der Eisenbahnen, denn keines 
verkürzt die Zeit des Transportes einer grossen Menge von Indivi- 
duen und Mittheilungsobjeeten in solehem Maasse, wie der Bahn- 
verkehr. 
Man kann demnach behaupten, dass der heutige, so wesent- 
lich erhöhte Stand des durcehsehnittliehen Bildungsgrades 
eines Volkesin erster Reihe dem Eisenbahnverkehre zu 
verdankenist. 
Und die Erscheinungen in der Culturgeschichte bestätigen 
auch diese Behauptung; denn in der Zeit der Eisenbahnen 
sind beispielsweise an Inaividuen gänzlich verschwunden: 
a) der Philister als Prototyp der Schollenklebung und als 
Stiehblatt des individuell erwachten Wissens; 
b) der Stubengelehrte in der alten Bedeutung, und 
ce) der fechtende Handwerksbursche, dieser Transporteur 
der Zunft. 
Es sind weiters an menschlichen Sitten die National- 
tracht und an menschlichen Leidenschaften beispielsweise der 
Religionshass und der Nationalitätenhass rascher denn 
früher im Verschwinden begriffen; und es hat sich anderseits bei- 
spielsweise die allgemeine Kenntniss der Sprachen, der Natur- 
wissenschaften (letztere jetzt im Darwinismus gipfelnd) sowie 
die naturwissenschaftliche Richtung der Philosophie wesentlich ge- 
   
  
  
  
  
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
      
   
  
    
	        
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