Full text: A (1. Band)

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die Induſtrie 
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261 Alexander 11. von Rußland 
unverhohlene Erbitterung des niederen Adels, der fich durd) die Ab- 
ſchaffung der Leibeigenſchaft aus ſeinem bisherigen Schlendrian ge- 
riſſen und in ſeinen Jutereſſen ſ<wer geſchädigt ſah. Kann es unter 
ſolchen Umſtänden Wunder nehmen, wenn fi gar bald Zuſtände 
entwicfelten, welche die Negierung zu größter Vorſicht mahnten und 
A.3 Eifer für FTortfchritt und Reform merklich abfühlten? Noch 
mehr abgeſ<hwächt wurde derſelbe durch das glücklicherweiſe vereitelte, 
auf das Leben des Zaren gerichtete Attentat Karakaſow's, eines Mit: 
gliedes des niederen Adels, deſſen Ausführung ein Bauer, Namens 
Komiſſarow, verhinderte. Was infolge ſolcher Vorfälle gewöhnlich 
geſchicht, trat auch hier ein; A. verwechſelte die Freiheit ſelbſt mit 
dem Mißbrauch derſelben und hielt es für rathſam, mit ſeinen libe- 
ralen Reformen einzuhalten und ſogar die bereits eingeführten durch 
Verordnungen aller Art es Die Preſſe, die freie Mei- 
nungsäußerung, Schulen, Vereine, vornehmlich die ſtudirende Jugend 
ſind einer ſtrengen Ueberwachung durch die Polizei, deren Allmacht 
wächſt, unterworfen. Doch glauben wir nicht, Daß U. dem Beiſpiel 
ſeines Oheims folgen und im exſten Viertel ſeines Regenerations3- 
werkes gänzlich ſtillſtehen werde; denn es kann nicht fehlen, daß bei 
Weiterverfolgung eines Syſtems äußerſter Bevormundung Zuſtände 
hervorgerufen werden, welche jchließlich zur Demoralifation oder 
Revolution oder auch zu beiden zugleich führen. 
Auf AS milde und menfchenfreundliche Gefinnung wirft die vor- 
nehmlich in leßter Zeit mit ſteigender Härte durchgeführte Nuſſiſizi- 
rung des Königreiches Polen einen trüben Schatten. Daß das At- 
tentat des Polen Bereſowski auf A.'s Leben während des Beſuchs 
der Weltausſtellung in Paris nicht geeignet erſcheint , den Zaren mil- 
der gegen jene unglü>liche Nation zu ſtimmen, iſt natürlih. Allein 
wenn man es auch vom Standpunkte der ruſſiſchen Politik aus ex- 
flärlih finden kann, daß bei den immer wieder zum Vorſchein kom- 
menden Erhebungsverfuchen des polniſchen Volkes, bei ſeinen Käm- 
pfen für Aufrechthaltung ſeiner Nationalität das ruſſiſche Gou- 
vernement immer härtere Maßregeln ergreift, ſo iſt do<h auf der 
andern Seite das Bedauern kaum zu unterdrü>en, welches einen jeden 
gere<t und billig Fühlenden überkommt, wenn man ſicht, wie eine 
Bevölkerung von ungefähr drei Millionen den ſ{<rankenloſen, in 
das tiefſte Familienleben eingreiſenden Maßregelungen weniger un- 
erbittlicher Gewalthaber preisgegeben ift, faſt ohne Hoffnung auf 
baldige Beſſerung jolcher unerträglich erſcheinenden Zuſtände. 
Nicht minder beklagens3werth als das gegen Polen beobachtete 
Syſtem ijt wol das in neueſter Zeit eingeſchlagene Vorgehen gegen 
das deutſche Element in den Oſtſeeprovinzen, deren Bewohner im 
Ue doch nichts weiter verſchuldet haben, als daß ſie Deutſche 
ſind. Die ausschließliche Bevorzugung des ſlaviſchen und die Unter: 
en g des deutſchen Elementes, das doch als ein kulturſördern- 
des das exſtere bei Weitem überragt, kann nur eine verderbliche Rüct- 
wirkung auf die gefammten Bildungsverhältniffe des ganzen Neiches 
und deſſen Zuſammengehörigkeit äußern. — Obwol fih Rußland 
fortwährend in handelspolitiſcher Beziehung dem Zollverein gegenüber 
ablehnend verhält, ſo hat doh Deutſchland nicht Urſache, ſich über die 
Haltung ſeines nordiſchen Nachbors während der großen Umwand- 
lungen-ſeit dem Jahre 1866 zu beklagen. Sind auch die Beziehun- 
gen zu Preußen keineswegs bis zu einem Schuß- und Trußbündniſſe 
gediehen, ſo konnte doch ſelbſt das entſchiedene Vorgehen Preußens 
gegen Dänemark, die Einverleibung Schleswig- Holſteins, die Er- 
ri<htung des Norddeutſchen Bundes u. ſ. w. das langjährige gute 
Einvernehmen nicht einmal zeitweilig ſtören. 
In ſeiner aſiatiſchen Politik folgte Alexander Ik. den altruſſiſchen 
Traditionen und den Beiſpielen, die von Peter-I., Katharina IL, 
ſowie von ſeinem eigenen Vater Nikolaus ausgegangen ſind. Sie 
alle waren auf Erweiterung der Sa armen ac Oſten hin be- 
e geweſen, und das heute morſche China, das noch in den Tagen 
es Kaiſers Kang-hi die Nuſſen im J. 1688 aus den Amuxländern 
e fonnte, ſchen wir gegenwärtig hülflos zu den Füßen des 
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Alexander Newsky — Alexander von | Heſſen 262 
nordiſchen Koloſſes liegen. China magte niet, jeine Truppen gegen 
die den Amur abwärts ziehenden Ruſſen zu ihiefen und beſtätigte 
durch den Vertrag von Aigun (1858) die Abtretung d der Amur- 
länder, durch den Friedèn von Peking (1860) die Einverleibung der 
mandſchuriſchen Küſtenprovinz in das ruſſiſche Reich. Nicht minder 
glücklich, als im äußerſten Oſten Aſiens, war Nußland in ſeinem 
Vorſchreiten im e jenes Kontinentes. Die i E 
Khanate Chiwa, Bochara und Kokan wurden der Reihe nach von 
den Nuffen gezüchtigt, und bedeutende Länderftreden mußten den 
Siegern überlaſſen werden, die von Tafchkend und Wernoje aus zum 
Nachtheil der Briten in Indien den centralaftatifchen Handel an ſich 
zu ziehen trahten. — DBezeichnend für die Bolitif der ruffischen Ne: 
gierung ſind ferner die auch unter A. eingeleiteten freundfchaftlichen 
Beziehungen zu den Vereinigten Staaten Nordamerika’s, welche der 
Kaiſer durch den Verkauf der ehemals ruffiihen Befisungen an der 
ES von Nordamerika (ſiehe „Alaska“) fich zu verpflichten 
wußte. Die Spitze dieſes Verhältniſſes erſcheint gleichfalls gegen 
England gerichtet, wenn auh ein inniges Bündniß 3 wer) der 
typifch-demokratiichen Union und dem rein «bſolutilliſgen Zaren- 
reiche auf die Dauer kaum denkbar ſein dürfte. 
Alexaudex Newsky, Sohn des Großfürſten Jaroslaw von Now- 
gorod, geb. 1219, wird von den Nuſſen als Nationalheld und Heiliger 
verehrt. Er vertheidigte als Statthalter ſeines Vaters ſein von den 
Mongolen angegriffenes Land mit großer Tapferkeit, mußte jedoch 
der Uebermacht weichen und die mongoliſche Oberherrſchaft anerken- 
nen. Glüelicher war er in den Kämpfen gegen die Schweden, Dänen 
und Schwertritter, die auf Anſtiften des P apſtes Jnnocenz IV. ſein 
Land angriffen , um die griechiſche Kirche mit der katholiſchen wieder 
zu vereinigen, aber ſämmtlih-— die Schwertritter auf dem mit Eiſe 
bedecten Peipusſee — von ihm geſchlagen wurden. Von ſeinem Siege 
über die Schweden an der Newa, im J.1240, erhielt ex den Beinamen 
News ky. Jnnocenz erreichte ſeinen Zwe> eben ſo wenig dur<-Ab- 
ſendung einer Geſandtſchaft an Alexander, der jede Einigung mit 
Nom zurücwied. Das Volk, welches ihm im höchſten Grade Vex- 
ehrung zóllte, erhob ihn zum Heiligen, und Peter der Große ſtiftete 
im J. 1712 und baute ihm zu Ehren das prachtvolle Alexander- 
Newsfky - Kloſter im Gouvernement Petersburg , in welchem die Ge- 
beine Alexander's beigeſeßt wurden. Der umfangreiche Bau: enthält 
außer dem Kloſter noh acht Kirchen, ein Seminar für taufend Geiſt- 
liche und bildet mit ſeinen großen Gebäuden und Gärten einen eige- 
nen Stadttheil. Demſelben ruſſiſchen Helden zu Ehren ſtiftete Peter 
der Große den Alerander- Newsfy-Drden. (Siehe „Diden“.) 
Alexander, Friedri< Emil, Prinz von Heſſen und bei Rhein, 
geboren 15. Juli 1823 zu Darmſtadt; öſterreichiſcher Feldmarſchall- 
Leutnant. Er erhielt eine vortreffliche Erziehung, mit beſonderer 
Nükſicht auf die Kriegswiſſenſchaften , und begann ſeine militäriſche 
Laufbahn in heſſiſchen Dienſten. Jm Jahre 1840 trat er als Ritt- 
meiſter in die ruſſiſche Armee ein, ward hier 1843 zum Generalmajor 
befördert und nahm 1845 an dem Feldzuge gegen die Tſcherkeſſen 
Theil. Jm Jahre 1851 ſchied er aus dem ruſſiſchen Kriegsdienft 
und trat 1853 in das öſterreichiſche- Heer. Bei verſchiedenen Ge- 
legenheiten, beſonders im öſterreichiſch-italieniſhen Kriege von 1859, 
legte er vielſache Beweiſe ſeiner militäriſchen Fähigkeit und Tüchtig- 
keit ab, Wegen ſeines umſichtigen und tapfern Verhaltens in der 
Schlacht von Montebello ernannte ihn der Kaiſer zum Feldmarſchall- 
Leutnant. Weniger glü>li< war er in dem Deutſchen Feldzuge von 
1866 als Befehlshaber des achten deutſhen Bundes - Armeecorps 
unter dem OH des Prinzen Karl von Bayern. Nach den 
Darlegungen der Kriegsberichte würde man jedoch A. mit Unrecht für 
den Mißerfolg der kriegeriſchen Operationen des achten Armeecorps 
allein verantwortlich machen. Bei der großen Zerfahrenheit des gau- 
zen Kriegsplanes, bei der Unentjchloffenheit, die ſich in den oft un- 
nöthigen, ermüdenden Märjchen des genannten Armeecorps Fund 
that, bei der geringen Selbſtändigkeit der Stellung des Prinzen als 
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