Full text: A (1. Band)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
663 Animuccia — Anjou 
Animuccia (ſpr. Animutſcha), Giovanni, Schüler des Goudimel, | den Söhnen feiner mit dem Grafen Gatinais verheiratheten Schweſter, 
Kapellmeiſter von St. Peter im Vatikan; geboren in Florenz gegen 
1500, geſtorben zu Nom 1571. 
Animus (lat.), Seele, Geiſt, Gemüth, Wille. Ju juriſtiſ<hem 
Sinne bedeutet a. die auf einen beſtimmten Erfolg gerichtete Abſicht, 
z. B. animus injuriandi, die Abſicht zu beleidigen u. a. m. 
Anio oder Teverone, linker Nebenfluß des Tiber, entſpringt im 
Simbriviner-Gebirge am Monte Ceraſo, durchfließt die Campagna 
und mündet eine Stunde nördl. von Rom. Sein 13 M. langer. 
Lauf iſt wegen ſeiner Scenerien, Waſſerfälle, Schluchten 2c. oft das 
Ziel der Touriſten. : 
ns Anis, der Same einer Doldenpflanze 
ER (Pimpinella Anisum), die zwar aus dem 
i Orient ſtammt, aber häufig bei uns gebaut 
wird, da der gewürzige, mit einem eigenthüm- 
lichen ätheriſchen Oele (Anisöl) erfüllte Same 
vielfach in der Küche, bei Likören, Pfefferkuchen 
und andern Däderwaaren, ſowie auch in der 
Apotheke, angewendet wird. Der ſpaniſche iſt 
der gewürzigſte. — Vergl. au „Sternanis“. 
Anisalkohol, Aniſylalkohol, weiße, 
glänzende Kryſtallnadeln, welche {hon bei 
23° C. zu einer öligen Flüſſigkeit {me!lzen, 
die einen ſüßlichen, ſpirituöſen Geruch u. bren- 
nenden Geſchma> beſißt. Man erhält den A. 
aus dem Aniſoylhydrür (f. „Anisſäure“) dur 
Behandlung mit alkoholiſcher Kalilöſung. 
Anuisholz, fommt von Tlicium Sanki oder 
dem Sankibaume der Philippinen u. wird zu 
Drechslerarbeiten, ja ſelbſt zu Möbeln geſucht. 
Anisöl (Oleum anisi aethereum), ift da3 
NN aus den Anisſamen gewonnene ätheriſche Oel 
Nr. 604. Anis (Pimpi- von ſpezifiſchem Geruch u. Geſhma> des Anis- 
nella Anisum. famens, blaßgelber Farbe, 0,995 ſpez. Gew. ; 
es erſtarrt ſhon bei + 10° zu einer feſten, weißen, kryſtalliniſchen 
Maſſe und ſiedet bei 200 bis 210° C. Man verwendet es in Apo- 
theken, ſowie zur Likörfabrifation (Anifette) und in der Barfü- 
merie. Aus 25 Pfund Anisjfamen erhält man je nad Alter und 
Güte deſſelben 12 bis 25 Loth Oel. — Anisſäure , Aniſylſäure, eine 
aus farb- und geruchlofen, langen Kryſtallnadeln beſtehende organi- 
iche Säure, die beim Behandeln einiger ätheriſcher Dele, namentlich 
der, Oele des Anisſamens, des Sternanis, des Fenchel3 u. Esdragons, 
mit konzentrirter Salpeterſäure gebildet wird; beim Kochen mit 
verdünnter Salpeterſäure entſteht aus denſelben Oelen eine andere 
Subſtanz, die ſich wie ein Aldehyd verhält, die aniſylige Säure oder 
Aniſoylhydrürx , eine gelbe, aromatiich riechende Flüſſigkeit. 
Anjou (ſpr. Angſchuh), eine der alten Provinzen Frankreichs, 
jeßst zertheilt in die Departements Maine et Loire, Sarthe, Mayenne 
und Indre-et-Loire. Jn alten Zeiten war es der Siß des galliſchen 
Stammes der Andecavi oder Andes. Unter Philipp dem Schönen 
wurde es 1297 zum Herzogthum erhoben, 1581 aber mit der Krone 
Frankreich vereinigt. Der Titel der Herzöge von A. wurde oft er- 
neuert. Die Hauptſtadt war Angers (\. d.). 
Anjon, (franz., ſpr. Angſhuh), Grafen von A., ein altes fran- 
zöſiſches Fürſtengeſhleht, deſſen Angehörige auf den Thronen von 
Jeruſalem, England, Neapel, Frankreich, Ungarn und Polen ſäßen, 
das jedoch als herrichendes Gefchlecht von 1481 an aus der Geſchichte 
verſhwindet, na<hdem König Ludwig XI. von Frankreich die Graf- 
ihaft A. für immer mit der franz. Krone vereinigt hatte und die 
Benennung „Graf von A.“ zu einem bloßen Titel franzöſiſcher Prin- 
zen geworden war. Die früheren Fürſten dieſes Namens leiteten ihre 
Abſtammung von Jugelger ab, dem Sohne des Tertullus, des Sene- 
halls von Gatinais. Der Beſiß von A. blieb bei deſſen Nachkom- 
men bis zum Tode des Grafen Gottfried II., welcher ungefähr in der 
Mitte des 11. Jahrhunderts ohne männliche Erben ſtarb und A. 
  
  
Anjou 664 
Gottfried TIT. u. Fulco TV., hinterlich. Letzterer brachte, um ſich die 
Alleinherrſchaft zu ſichern, ſeinen Bruder in Gefangenſchaft, ſcheint 
jedo< niht ohne wiſſenſchaftliche Bildung geweſen zu ſein, denn von 
ihm rührt eine „Historia comitum Andegavensium et Turonen- 
s1um“ her, die zum großen Theil erhalten geblieben iſ. Er ſtarb 
1109. Sein Sohn Fulco V. entſagte der Herrſchaft über A. im Y. 
1118, ging 1129 na< Jeruſalem, wo er Meliſenda, die Tochter des 
Königs Balduin IL., heirathete und nach ſeines Schwiegervaters 
Tode (1131) den Königsthron von Jeruſalem beſtieg. Er 7 1142. — 
Seine Söhne Balduin u. Amalrich und : 
deren Nachkommen folgten ihm auf dem 
Throne von Jeruſalem, während Gott- 
fried V., Plantagenet, ſein Sohn erſter 
Ehe, mit A. belehnt wurde. Dieſer er- 
oberte die Normandie im J. 1143, nahm 
dann den Herzogstitel an und verheira- 
thete fich mit Mathilde, der Tochter des 
engliſchen Königs Heinrich I. Seine 
hierdurch erworbenen Anſprüche auf den 
Thron von England vererbte ex nach 
ſeinem Tode 1150 auf feinen Sohn 
Heinrich, der fie auch geltend machte und 
als Heinrich II. 1154 König von Eng: 
land ward, während ſein älterer Bru- 
der, Gottfried VI., A. und die Norman- 
die erhielt. Heinrich II. ward hierdur< 
Stammvater der Plantagenets, des bis 
1485 England regierenden Herrſcher- 
hauſes, dem ſpäter au< A. ſowie die 
Normandie zufiel, als Wilhelm, der 
dritte Sohn Gottfried's V., der die lebt- 
genannten Länder bis dahin beſeſſen 
hatte, 1164 ohne männliche Erben ge- 
ſtorben war. Allein 1204 entriß der Nr. 605. Gottfried V., Plantagenet, 
Eluge Philipp I. Auguſt, König von u ga AU 
Frankreich, ſowol A. wie au< die Normandie und faſt ſämmtliche 
Beſitzungen der engl. Krone in Frankreich dem unfähigen Johann ohne 
Land (\. „Großbritannien“ ) u. vereinigte jene werthvollen Provinzen 
mit dem Gebiete von Frankreich. König Ludwig IX. belehnte hierauf 
1246 ſeinen zweiten Bruder, Karl, Grafen von Provence, mit A. 
Der Herrſchſucht dieſes dur< Falſchheit wie dur<h Grauſamkeit be- 
rüchtigten Fürſten genügte jedoch der Beſiß von A. nicht, und gegen 
das Verſprechen unbedingter Vaſallentreue und einer jährlichen Zah- 
lung vor 8000 Unzen Gold wußte er ſi< die Unterſtüßung des 
Papſtes Clemens IV. zu verſchaffen und im J. 1266 mittels derſelben 
zum Thron von Neapel und Sizilien zu gelangen. Unter ihm en- 
dete der eigentliche Beſißer der Krone von Neapel und Sizilien, der 
muthige jechzehnjährige Konradin, der lette der Hohenſtaufen, nebſt 
ſeinem treuen Gefährten Friedrich von Baden, 1268 auf dem Blut: 
gerüſt. Karl's Tyrannei und der Uebermuth ſeiner franzöſiſchen 
Kriegsleute und Beamten erregte jedoh den Haß des neapolitaniſchen 
und ſizilianiſchen Volkes, und dieſem Haſſe fielen in Sizilien 24,000 
Franzoſen zum Opfer, als der Ausbruch der bereits vorbereiteten 
Verſchwörung gegen die verhaßten Fremdlinge am 30. März 1282, 
durch die Frechheit eines franzöſiſhen Edlen beſchleunigt wurde (f. 
„Sizilianiſche Veſper“). Karl I. ſtarb 1284 und ſein Sohn Karl II. 
folgte ihm ſowol als König von Neapel als au< im Befit von A. 
Er verlieh indeſſen ſein franzöſiſhes Herzogthum ſeinem Schwieger? 
ſohne, Karl von Valois, deſſen Sohn Philipp, Graf von A., ſpäter 
als Philipp VI., König von Frankreich, A. mit der Krone dieſes 
Landes vereinigte. — Karl II. hatte, ehe er auf den Thron von 
Neapel gelangte, mit großen Schwierigkeiten zu impfen. Er gerieth, 
als ex von ſeinem in Frankreich abweſenden Vater behufs Unterdrückung 
der Empörung mit Führung des Krieges in Sizilien betraut worden 
  
  
  
BN
	        
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