Full text: A (1. Band)

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183 Apokalyptik — apokalyptiſche Figuren > 
ſtrophe, die Zerſtörung Jeruſalems. Man kann von jenem Umſtande 
auf die Zeit der Abfaſſung der A. ziemlich ſicher ſchließen. Drei der 
hervorragendſten deutſchen Gelehrten nehmen dafür die Zeit zwiſchen 
Aug. 68 u. Jan. 69 an u. ſind gegenwärtig darüber einig geworden, 
daß unter der berühmten apokr. Zahl 666 ſi<h der Name Cäſar Nero 
verberge. — Der Umſtand, daß ſih die Prophezeiungen der A. noch 
nicht erfüllt haben, hat dem Anſehen u. der Wirkung jener Offenbarung 
feinen Eintrag gethan. Eine Menge frommer Bekenner haben in den 
Verkündigungen derſelben Troſt im Leiden u. den Muth zum Mär- 
tyrertod gefunden; begeiſterte Sänger des Mittelalters (Dante) ſo- 
wie der Neuzeit (Milton) haben mit dem myſtiſhen Inhalt der 
Weiſſagungen des Lieblingsjüngers Jeſu die Geſtaltungen ihrer 
Meiſterwerke umkleidet. Das prophezeite Tauſendjährige Reich u. 
das verkündete Neue Jeruſalem bildeten ſeitdem immer u. immer 
wieder die Zuverſicht der <hwärmeriſhen Gemüther, ſeitdem die ſo- 
genannten Apokalyptiker ſi< in Auslegungen der Offenbarung 
Johannis gefielen. Jhre Neihe beginnt im zweiten Jahrh. n. Chr. 
mit Juſtinus Martyr u. Jrenäus u. im zwölften Jahrh. weiſſagte 
auf Grund derſelben Ausſprüche der Abt Joachim v. Floris (in 
Kalabrien ) in ſeinem „Ewigen Evangelium “ den Untergang der 
Kirche u. deren glänzende Wiedererneuerung. Auch die Waldenſer 
u. Huſſiten, ſpäter die ſchottiſchen Puritaner, beriefen ſih auf die 
Apokalypſe u. wandten die Ausſprüche derſelben auf die in Sünde 
u. Abtrünnigkeit gefallene Hierarchie an. — Ueberhaupt hat es an 
Erklärungen der Apokalypſe zu keiner Zeit gefehlt. Herder und 
Eichhorn verſuchten ſolche in wiſſenſchaftlich beſonnener Weiſe, in 
ſhwärmeriſcher Verzückung der würtemb. Prälat Bengel DIR. 
JImvorigen Jahrh., ja noc bis in das vierte Jahrzehnt unſeres Jahrh., 
fanden Bengel's Enthüllungen der apokalypt. Geheimniſſe eine 
Menge gläubiger Leſer u. bis zur Stunde warten noch viele Gläubige 
auf das oft geweiſſagte Reich Gottes, das Bengel für den Zeitraum 
von 1836 bis - 2836 verkündet, dem im Jahre 3836 das Ende 
der Welt ſowie das Jüngſte Gericht nachfolgen werde. Das Nicht- 
erſcheinen des Antichriſts, deſſen Wüthen für die Jahre 1832—1836 
angeſagt worden war, ebenſo die ausgebliebene Erſcheinung Chriſti 
(verk. zum 18. Juni 1836) hat die Gläubigkeit hoffnungsſeliger 
Schwärmer nicht zu erſchüttern vermocht. 
Apokalyptik, umfaßt denjenigen Theil der jüdiſchen Literatur, 
welcher ſi< mit Enthüllungen über die künftige Erſcheinung des 
Meſſias, ſodann mit Erklärung bezichentlih auch poetiſcher Nach- 
bildung der alten Propheten über das von begeiſterten Sehern der 
Vorzeit geweiſſagte Gottesreich beſchäftigte. Die älteſte ſolcher po: 
falypſen, welche den ſpäteren zum Vorbild gedient hat, iſt das Buch 
des Propheten Daniel, welches an die Drangſale der Juden unter 
Antiochos Epiphanes anknüpft. Bedeutend jünger ſind die Schriften 
des Henoh u. das Buch Eſra. Apokalyptiker heißen demnach die 
Verfaſſer derartiger Offenbarungsſchriſten. Außerdem werden mit 
diefem Namen auch diejenigen bezeichnet, welche im vollen Glauben 
an den Inhalt der Offenbarung (Apokalypſe) des Evangeliſten 
Johannes die darin geweiſſagte Vollendung des Gottesreiches an- 
nehmen u. mit dem wirklichen Verlauf der Geſchichte in Einklang zu 
ſeen ſuchen. Es handelt fich Hierbei u. U. vornehmlich um eine 
Erklärung der apokalyptiſchen Zahlen Ci. d.), welche fi) auf die 
Zeit des Weltendes beziehen. (Vgl. „ Tauſendjähriges Reich * im 
Artikel „Apokalypſe“. 
apokalyptiſche Figuxen, Thiere, Neiter u. ſt. w., nah der 
Apokalypſe od. Offenbarung St. Johannis gebildet, findet man 
häufig an Bauwerken der altchriſtlihen und romaniſchen ſowie der 
früheren gothiſchen Kunſt in ſymboliſchen Darſtellungen angebracht. 
Je nah der eigenthümlichen Auffaſſung des bibliſchen Textes von 
Seiten der Künſtler ſind die ſymboliſchen Figuren der Apokalypſe 
auch in beſonderer Weiſe dargeſtellt worden. Unter denjenigen Ge- 
genſtänden, welche ziemlich allgemein giltige Deutung u. daher 
meiſt eine übereinſtimmende Darſtellung erfahren haben , ſind zu- 
apofalyptiſhe Figuren | 784 
ſteht, der Geſtalt des Heilandes ähnlich, umgeben von deu fieben 
erſten Gemeinden; die „ſieben Sterne“ auf ihrer rechten Hand ſind 
die Schußengel der ſieben Gemeinden. Das „gläſerne Meer“ vor 
dem Throne, dem Site der Gerechtigkeit, bedeutet die Allwiſſen- 
heit Gottes; die vier Thiere am Throne ſind die vier Evangeliſten, 
die Stüßen des Neiches Chriſti. Dieſer ſelbſt wird au< unter 
dem „Löwen Suda”, desgleichen unter dem Lamm mit den fieben 
Hörnern u. ſieben Augen verſtanden, welches das Buch mit den 
ſieben Siegeln aus der Hand Gottes nimmt u. daſſelbe öſſnet, um 
den Menſchen die ſieben Haupteigenſchaſten Gottes zu predigen u, 
ſie zur Buße durc die aus den vier erſten Siegeln entſpringenden 
Strafen zu führen. Lettere erſcheinen (im 6. Kapitel der Apokalypſe) 
im Bilde von vier Neitern auf vier verſchiedenfarbigen Pferden. 
  
  
  
Nr. 668. Die vier apokalyptiſchen Reiter. Nach einem Basrelief in der Kathedrale zu 
Limoges, aus-dem 16. Jahrhundert. 
  
Der erſte Neiter, auf einem weißen Roß, als ſiegreiher Anführer 
der Schar, trägt eine Krone auf dem Haupt u. in der Hand einen 
Bogen, er erinnert an die mit Hülfe der Gewalt u. Zwietracht 
fiegreiche Herrichfucht, oder nach einer anderen Auffaſſung an die 
Hauptgeißel des Menſchengeſchlehts, nämlich eine verheerende Seuche, 
wie Peſt u. andere Gpidemien. Der zweite Reiter auf einem rothen 
Pferde ſchwingt als Symbol des blutigen Bundeskrieges ein großes 
flammendes Schwert, die Geſtalt auf dem dritten Noß von ſhwar- 
zer Farbe bringt Noth u. Hunger, begleitet von der Theuerung, 
wie ſie die Wage in der Hand des Reiters andeutet, auf welcher 
„das Maß Getreide um einen Groſchen“ (vergl. Vers 6 des 6. Kap.) 
gewogen wird. Der vierte Reiter endlich auf einem fahlen Pferde 
ſtellt den Tod vor, „ welchem die Hölle nachſolgt. " Das in dieſen 
vier Siegeln enthaltene gewaltige Thema iſt von bildenden Künſtlern 
beſonders gern zum Motiv einer wirkſamen Darſtellung benußt 
worden ; ſhon eine der erſten Holzzeihnungen von Albrecht Dürer, 
aus dem Jahre 1498, behandelt dieſen Gegenſtand. Wir führen 
hier zunächſt eine Probe (Nr. 668) aus dem 16. Jahrh, vor, die ſich 
als eine der vorzüglicäften Basreltef-Arbeiten jener Zeit im Chor 
des Domes von Limoges beſindet; ihr gegenüber ſtellen wir die Be- 
arbeitung deſſelben Thema's von dem großen Meiſter unſeres Jahrh., 
eigenthümlichen genialen Auffaſſung in einem der Kartons ausge: 
führt Hat, die zu den Fresko - Malereien für das Campo santo des 
  
nächſt die „ſieben Leuchter“ zu nennen, in deren Mitte eine Figur 
Berliner Domes beſtimmt waren. Wix ſehen hier, wie die wilde 
  
  
Peter Cornelius (Nr. 669), welcher das dankbare Motiv mit der ihm 
  
  
  
  
  
  
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