195 a posse ad esse — Apoſtel
a posse ad esse, da3 vom Können zum mwirkfich Seienden Hin-
führende , der logiſhe Schluß vom Möglichen auf die Wirklichkeit.
Apoſtaſe (grie<.), Abſtand, Entfernung, bezeichnet in der Heil-
kunde ſowol die freiwillige VBerjebung einer Krankheit nach einer
andern Körperſtelle, desgleichen einen Abfeeß (I. d.) od. ein Apoſtem
ſowie auch eine den fernern Verlauf einer Krankheit entſcheidende
Au3leerungz; dann eine Knochenzerſplitterung und die Abſtoßung
eines durch Krankheit zerſtörten Körpertheiles. — A. in redneriſcher
Bedeutung bezeichnet das Abbrechen der Rede u. das Wiederan-
knüpfen derſelben durch einen andern Say, der in keiner Verbindung
mit dem vorhergehenden fteht, wie z.B. „Schuld häufte fich auf
Schuld; doc endlich — An jenem Tage war es —“.
Apoſtaſie (grie<.), Abfall ; Abtrünnigwerden von einer Religion,
einer Glaubensrihtung, von der Sache einer Dynaſtie; Uebertritt
aus dem geiſtlichen Stande in den weltlichen. Man verbindet mit
dem Worte A. meiſt eine entehrende Bedeutung, es wird faſt nur
gebraucht, um die Unlauterkeit der Beweggründe eines Abfalls zu
bezeihnen. Apoſtaten ſind demnach Diejenigen, die aus beſondern,
gewöhnlich eigennüßigen Nückſichten, zuweilen jedoch au< aus Ueber-
zeugung, etwa aus philoſophiſchen Gründen od. aus Gewiſſenhaſtigkeit,
von einer Neligtonsgejellihaft zu einer andern übergehen. Einfluß-
reich, ja nicht ſelten verhängnißvoll, zeigten fich die Lebertritte fürft-
licher Perſonen von einer Religion zu einer andern, fo 3. B. der
Abfall de Kaifers Julian (Julianus Apostata), der aus philoſo-
phiihen Gkünden das Chriftenthum wieder mit dem Heidenthum
vertaujchte; dann der Mebertritt des fächfiihen Kurhaufes zur röm.:
kath. Kirche u. |. w., um den polniſchen Thron zu erlangen. Philipp
v. Ammon hat in einem 1833 zu Erlangen erſchienenen Werke die
Namen dex hervorragenden A. der proteſtant. Kirche vom 16. bis zum
18. Jahrh. angeführt. — Die vom Chriſtenthum zum Jslam Ueber-
getretenen werden jedoch nicht U., jondern Nenegaten genannt.
Die Strafe der Kirche für Abfall beſtand in der Ausſchließung der
Apoftaten aus der Firhlichen Gemeinichaft ohne Widerruf; nicht
ſelten erfolgte jedoch auch Verbannung, VBermögensentziehung, ja der
Tod. — In neuerer Zeit nennt man auch Diejenigen Apoſtaten u.
zwar A. des Wiſſens, welche an den Lehren der Vernunft u. des
Wiſſens niht mehr den nöthigen Anhalt gewinnen können, ſondern
dieſen im Glauben zu finden hoffen u. ſih demnach dieſem zuwenden.
Apoſtel, eigentli<h Sendboten, im Neuen Teſtament zunächſt die
Jünger Jeſu , dann auch alle die, welche mit ihnen die Lehre des
Evangeliums ausbreiteten. Die Jünger waren Fiſcher, Zöllner,
überhaupt Leute niederen Standes, doch wol nicht ganz ungebildet,
vornehmlich aber von warmer Religioſität beſeelt, wie man aus
der früheren Verbindung, einiger von ihnen mit Johannes, dem
Täufer, ſchließen kann. Sie heißen: Simon Petrus, Andreas,
Jakobus u. Johannes (Beide Söhne des Zebedäus), Philippus,
Bartholomäus (wol identiſ<h mit Nathanael), Thomas, Matthäus
(Levi), Jakobus (Sohn des Alphäus), Judas Thaddäus, Simon
und Judas Jſcharioth, an deſſen Stelle nah ſeinem Vexrrath u.
Selbſtmorde Malthias gewählt wurde. Obgleich Jeſus keine Rang-
ordnung unter ihnen feſtſezte u. ſämmtliche Apoſtel ihn auf ſeinen
Reiſen zu begleiten pflegten, ſo bildeten do< häufig nur Petrus
und die Brüder Johannes u. Jakobus feine nächte Umgebung.
Daß fie zwar den weltkumfaſſenden Plan des Meiſters während
ſeines Lebens nicht begriffen, aber doch mit inniger Xiebe ihm an-
hingen, lehren die Evangelien. Hervorragend unter den A. erſcheinen
der lebhafte, feurige Petrus, der auch wol als DBefiber von zwei
Schiffen vermögend war, u: Johannes, der liebende Jünger, der
bei Tiſche allezeit an des Meiſters Bruſt ruhte. Sie verſuchten auch
nad) des Herrn Gebot die Predigt des Evangeliums, allein wie es
ſcheint ohne äußerlich fihtbaren Erfolg. Erſt als Jeſus von ihnen
geſchieden u. am Pfingſtfeſt der verheißene Geiſt Gottes auf ſie ge-
kommen war, als hohe Begeiſterung für ſeine heil. Sache fie erfüllte,
traten ſie muthig auf u. verkündeten das evangel. Wort. So entſtand
die erſte Gemeinde zu Jeruſalem. Durch Verfolgungen, in denen
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Jakobus u. der Almoſenpfleger Stephanus den Märtyrertod ſtarben,
fam das Wort in andere judäiſche Orte u. nah Samarien, wo es
Philippus predigte u. Petrus u. Johannes befeſtigten. Eine weitere
Verbreitung auch unter den Heiden faßten erſt der fromme Barnabas
u. der begeiſterte Paulus (ſ. d.) ins Auge. In Syrien, vornehmlich,
in der großen Stadt Antiochien, der früheren Reſidenz ſyriſcher Könige,
dem Sammelplaße aſiatiſher Pracht u. aus\ſ{<weifender Wollüſte,
fand doch die Predigt von der Erlöſung den meiſten Anklangz dort
entſtand auh die große Idee, daß das Evangelium nicht an den
Moſais3mus gebunden, ſondern berufen ſei, das Menſchengeſchlecht
unabhängig davon ſelig zu machen. Dieſe Jdee fand Anfangs
heftigen Widerfpruch in der Apoftelgemeinde zu Jeruſalemz aber
fie drang dur. Paulus, Barnabas, Silas, Timotheus u. A. war:
derten nah den heidniſchen: Ländern; der erſtere aber ragt weit her-
vor durch ſeinen Eifer, wie durch ſeine Erfolge. Er wird mit Recht
der Heidenapoftel genannt. Die übrigen Ölaubensboten bejchränften
meiſt ihre Wirkſamkeit auf Jeruſalem u. Umgebung. Da die Apoſtel:
geſchichte faſt nur von den Reiſen u. Schi>ſalen des Paulus berich -
tet, ſo iſt hinſichtlich der Lebensumſtände der übrigen Apoſtel größ-
tentheils nur unſichere Kunde auf uns gekommen. Daß die Apoſtel
in alle Welt ausgegangen ſeien, u. daß Petrus beſonders in Nom ala
Biſchof den Märtyrertod erlitten habe, gehört zu den unverbürgten
Ueberlieferungen. (S. u. „Jakobus“, „Johannes“, „Judas Jſcha-
rioth“, „ Matthäus“, „Paulus“, „Petrus “.) Als na<hmals die
Heiligenverehrung, eine Anlehnung an den helleniſchen Heroendienſt,
aufkam, wurden die Apoſtel nebſt der Jungfrau Maria zuerſt mit
der Glorie der Heiligkeit geſhmü>t. — A. hießen ferner noch in der
erſten <riſtl. Zeit ſowie im Mittelalter die Verkündiger des Chriſten-
thums unter den Heiden; fo heißt z. B. Bonifacius heute noh der
Apoſtel der Deutſchen, Cyrillus der Apoſtel der Slaven u. \. w.
Eine andere Bedeutung hatte das Wort A., wenn man im oſtröm.
Reiche 12 geiſtl. Würdenträger, od. in Venedig patriziſhe Familien
damit bezeichnete. Daß endlich der Volkswiß auh ſ<hwere Geſchütze
u. im Bremer Rathskeller 12 Weinfäſſer Apoſtel nannte, klingt faſt
wie Blasphemie. Der Tradition gemäß ſollen ſi< die A. im 7. be-
ziehentlich 12. Jahre nach Chrifti Himmelfahrt in die damals bekann-
ten Länder getheilt haben, um dorthin das Evangelium zu ver:
breiten. Zum Andenken hieran feiert die röm.sfath. Kirche das Feſt
der Apofteltheilung am 15. Juli, die griedh. Kirche dagegen hält
zur Erinnerung an die Ausſendung der Apoſtel ein Apoſtelfaſten
vom Montag nah Pfingſten während jo vieler Tage, als zwiſchen
Oſtern u. dem 2. Mai liegen. Die röm. - kath. Kirche feiert wei-
ter die den einzelnen Apoſteln geweihten Tage, die ſogenannten
Apoſteltage. Der Andreastag (30. Nov.) iſt ſeit dem 13. Jahrh.
allen Apoſteln zugleich geweiht, nachdem das Feſt aller Apoſtel
im 10. Jahrh. erloſch.
In den älteſten Darſtellungen der Kunſt erſcheinen die Apoſtel
als zwölf Schafe mit dem Lamm Gottes in der Mitte, ſpäter zu-
nächſt als zwölf männliche Geſtalten, jeder mit einem Schafez erſt ſeit
Anfang des 13. Jahrh. läßt ſich, da ſie in Körperbildung u. Attribu-
ten verſchieden dargeſtellt werden, erkennen, daß ſtatt Judas Jſcharioth
gewöhnlich Paulus, ſeltener Matthias eintritt. Petrus wird dar-
geſtellt al3 bejahrt, mit breitem Geſicht, ſtarker Tonſur od. kahlem
Scheitel, mit einem, zwei od. au< drei Schlüſſeln (zu Himmel, Erde,
Hölle), au< mit einem umgekehrten Kreuze (+), als feinem Märty:
rerzeichen, ſeltner mit einem Hahn; Paulus mit längerem Geſicht,
langem Barte u. mit dem Schwerte als Werkzeug ſeines Märtyrer:
todes, auh mit einem zweiten Schwert als Symbol der Macht des
Evangeliums; Andreas al bejahrt, mit herabwallendem Haar u.
dem ſhrägen Balken-Kreuz (>< ); Jakobus der Aeltere in Pilger:
tracht mit einem Stabe u. am Hute od. auf der Bruſt mit einer
Pilgermuſchel; Johannes, als Evangeliſt jugendlih<h, unbärtig,
mit einem Adler, als Apoſtel dagegen mit einem Kelch, aus dem
das Gift in Geſtalt einer Schlange fi) herauswindet, weil er ohne
Nachtheil einen Gifthecher trank; Philippus mit dem Antonius-
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