Full text: A (1. Band)

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1097 Aſien & 
dem fich das mächtige Bergland des Altai anſchließt, obgleich es durch eine 
außerordentliche Fülle von Kräutern der Hülſenfrüchte, meiſt Traganth- 
arten (Astragalus), ſhon auf die ſüdlicheren Steppen vorbereitet. Die 
aſiatiſchen Grenzgebirge, welche Europa von Aſien trennen, Ural u. Kau- 
faſus, behalten denſelben Charakter bei u. fönnen mit den europäiſchen Al- 
penländern verglichen werden. Natürlich fällt bei einem ſolchen Vergleiche 
der Ural mit den nordeuropäiſchen, der Kaukaſus mit den ſüdeuropäiſchen 
Alpen zuſammen. Wenn jener nur durch Nadelhölzer im Allgemeinen 
ausgezeichnet ift, fügt dieſer eine Fülle von Laubhölzern hinzu, unter denen 
ſih vor Allem Buche, Ahorn, Platane, Ulme, Birke, Erle, Eichen, Weiß- 
buchen, Espen, Eſchen u. die entſprechenden Sträucher, aber auch vielfache 
Obſtpflanzen (Apfel, Pflaume, Kirſche, Mispel u. A.) auszeichnen. Jm 
unteren wärmeren Kaukaſus entſpricht das Pflanzenbild dem des Süd- 
abhanges unſerer Alpen u. leitet damit ſhon auf das orientaliſche Gebiet 
des Pontiſchen Gebirgslandes über. Nicht allein, daß ſchon der obere 
Kaukaſus, durch ſeine cypreſſenartigen Wachholderbäume ausgezeichnet 
iſt, entfaltet der untere dur< das Erſcheinen des Weinſtos, der ſich 
als Liane in die Wipfel der Buchen ſchlingt, einen Charakter, der etwa 
dem öſtlichen Theile der Vereinigten Staaten u. Kanada’s entſpricht u. 
durch Lotospflaumen (Diospyros Lotus) eigenthümlich wird. Dieſer Cha- 
rakter ſteigert fic) im Pontiſch- armeniſchen Gebirge, welches dem Buchs- 
baum u. Kirſchlorber, ſowie der pon- 
tiſchen Alpenroſe des Kaukaſus, ſeinen 
Kaſtanien u. Obſtbäumen den Fohan- 
nisbrotbaum, die Mandel, den Del- 
baum, die Aprikoſe, die Feige u. a. 
hinzufügt. Der merkwürdigſte Baum 
aber ift die Ceder. Sie verbindet die 
Flor Kleinaſiens mit der des Hima- 
laja, wo die verwandte Deodara- 
Ceder auftritt, u. reiht von da ab, 
wenn auch in großen Abſtänden, durch 
die Tauxiſchen Gebirge zum Libanon, 
um ſpäter als atlantiſche Ceder die 
große Linie im Atlas Algeriens zu 
beenden. Unterhalb ihrer Region - 
denn ſie bewohnt die mittlere Berg- 
region — nimmt die Pflanzende>e 
ganz den Charakter jener des Mittel- 
meergebietes an. Strandföhren (Pi- 
nus maritima), Piſtazien, Platanen, 
Lorber, Erdbeerbaum, Hopfenbuche, 
Perrückenbaum, eigenthümliche weich- 
blätterige Eichenarten, die hier in er- 
ſtaunliher Mannichfaltigkeit auftre- 
ten, charafteriſiren die unteren Berg- 
gehänge. Kurz, ſoweit Aſien der Nach- 
bar Europa's iſt, theilt es ſo Vieles 
mit dieſem, daß man auch hier eben 
ſo wenig eine ſcharfe Grenze findet, 
wie zwiſchen den beiden Erdtheilen 
ſelbſt. Jn dieſer Beziehung kann man 
Europa nur als eine Fortjegung von 
Aſien, als ein Anhängſel deſſelben be- 
trachten. Bis tief hinein in die mittel- 
aſiatiſchen Gebirge des Ala-tau u. Tian-Schan, welche ſich unmittelbar über 
einem Steppenlande erheben, zieht fich dieſer europäiſche Pflanzencharakter, 
der in den eben genannten Ländern ſelbſtverſtändlich ein nordeuropäticher 
ſeinem Aufzuge nach iſt. Die Steppe ſelb aber entfernt ſich durch Wüften- 
pflanzen eigenthümlicher Art (Tamarisfen, Salzpflanzen 1. a.) von der 
europäiſchen Flor, während auf den Gebirgen der Rhabarber bereits den 
Beginn einer et aſiatiſchen Vegetation ankündigt. Die merkwürdigſten 
Pflanzen der Steppe ſind Traganthkräuter, Bohnenkaper (Zygophyllum 
Fabago), Wermuthfräuter u. Saxaulſtrauch (Haloxylon Ammodendron), 
das einzige bedeutendere Holzgewächs der Steppe von der Tracht einer Ta- 
marisfe. Wo die Steppe in die Wüſte Schamo od. Gobi übergeht, verliert 
ſich das Pflanzenleben faſt ganz u. zieht ſich auf die ſie umgebenden Berg- 
ketten zurück. Hier tft die Heimat des wunderkräftigen Ginſeng (Panax 
Ginseng), deſſen Wurzel gleichſam mit Gold aufgewogen wird, aber auch 
des Maulbeerbaumes, bis jenſeits der chineſiſchen Mauer akazienartige 
Bäume u. Wachholderarten dem Landſchaftsbilde ein völlig neues Ge- 
präge aufdrücken, das zu der chineſiſch - japaniſchen Flor überleitet. Jm 
äußerſten Nordoſten des Welttheils, beſonders in der Halbinſel Kamt- 
ichatfa, wiederholt ſi<h zwar der europäiſche Florencharakter ebenfalls; 
doch ändert er ſich dur hohe Doldenſtauden u. Neſſelarten weſentlich um. 
Südwärts, dem Amur zu, tritt der Nadelwald ſchon auf die Berge zurüc, 
  
  
  
Aſien 1098 
während in der Tiefe das Grasland u. der Laubwald herrſchen. Dieſer 
nimmt ein ganz neues Gepräge an, das dem gegenüberliegenden Theile 
Nordamerikas, Sitka u. Vancouver-Jsland, etwa entſpricht. Panaxarten, 
dem Epheu verwandt, geben dieſen Laubwäldern als Unterholz durch ihre 
handartig ausgebreiteten Blätter ein höchſt merkwürdiges Anſehen, u. 
faum ſollte man vermuthen, daß hier neue Arten von Walnüſſen u. Wein- 
reben auftreten, wo der ſeltſame Korkbaum ( Phellodendron Amurense) 
über einem Geſtrüpp von Heidelbeeren thront. Dieſen Planzenformen 
fügt die große Jnſel Sachalin eine Menge anderer bei, die ſhon auf Ja- 
pan überleiten; vor Allem den Bambus der Kurilen (Arundinaria Kuri- 
lensis), Hortenſien, ſtammbildende Dolden u. Celaſterſträucher. Japan 
ſelbſt zeigt auf den erſten Blick einen völlig europäiſchen Pflanzencharakter; 
näher betrachtet aber ſtellen ſich die ähnlichen Formen als eigenthüm- 
liche heraus, denen eine Menge eigenthümlicher zur Seite ſtehen. Zwerg- 
palmen, Zapfenpalmen ( Cycadeen) , Kamelien u. Theejtraud) bringen 
ein völlig neues Element in die Landſchaft. Bemerkenswerth ſind auch die 
Laub bildenden Zapfenbäume, die nun beginnen; obenan der Gingko (Sa- 
lisburia adiantifolia) mit feilförmig ausgebreitetem Blatte. Jn China 
\<ließen ſih ihm, als erſte Erinnerung an die heiße Zone, ein paar Po- 
docarpusarten an, die das nadelartige Laub des Taxus zu einer mehr od. 
weniger breiten Fläche entwickeln. Cypreſſenartige Nadelbäume, vereint 
  
Nr. 878. Iavaniſches Hochzeitsfeſt. 
mit laub- u. nadeltragenden, entfernen ſomit dieſe Floren gänzlich wieder 
von Europa, obgleich ſie durch die meiſten ihrer Baumformen an das 
ſüdliche Europa od. an die ſüdlicheren Vereinigten Staaten Nordamerika's 
erinnern. Ebenſo eigenthümliche Nuspflanzen geſellen ſich dieſem Pflan- 
zenvereine zu: der Kampherlorber, die chineftiche Dattelpflaume (Diospy- 
ros Kaki), der Firnißbaum (Rhus vernix), der Talgbaum (Stillingia 
sebifera), der Papiermaulbeerbaum u. A. — Könnte man den Himalaja, 
wie er ſich bis Jran weſtlich ausdehnt, auh öſtlich bis hierher verlängern, 
ſo würde er ſo ziemlich naturwahr das Gebiet für Central - u. Oſtaſien 
abſchließen, wo no< ein europäiſches Pflanzengepräge beobachtet wird. 
Seine Höhen find die legten, die ein boreales u. damit europäiſches Pflan- 
zenleben beherbergen. Südlich von ihm beginnt eine völlig neue Welt, die 
tropiſche. Abwärts ſteigend, windet man ſih zunächſt zwar immer noh 
durch Waldungen, die, weil fie meiſt Nadelbäume ſind, an Europa er- 
innern. Allein, die baumartigen Alpenroſen u. Magnolien, lettere an die 
ſüdl. Verein. Staaten herantretend, fügen doch ein ſonderbares Gemiſch 
zuſammen, auf das weiter abwärts die Region der Eichen u. Lorberarten, 
endlich die Region der Palmen u. Bananen wie in allen Tropenländern 
folgt. Jn allen dieſen Regionen, wo no< Wälder herrſhen — denn über 
ihnen thront ja eine völlige Alpenwelt, die durch einzelne aſiatiſche Formen 
(Rhabarber, Spica nardi od. Nardostachys Jatamansi u. X.) fremdartig 
  
  
  
  
  
  
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