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1365 Autolykos — Automat
Autolykos, berühmter griech. Mathematiker u. Aſtronom, lebte
um 330 v. Chr. Er ſchrieb über die ſih bewegende Sphäre u. über
Auf- und Untergang der Geſtirne.
Automathie (grie<., wörtl. Selbſtkampf), Widerſpruh mit ſich
ſelbſt, iſt derjenige Fehler im Denken, Sprechen, Schreiben, nad) wel:
hem man ſich ſelbſt widerſtreitet od. widerſpricht.
Automat, wörtlich ein ſi< ſelbſt bewegendes Ding. Man be-
zeichnet mit dem Worte eine Klaſſe zur bloßen Schauſtellung die-
nender Maſchinen , welche äußerlich die Form von Menſchen oder
Thieren haben u., durch verborgene Mechanismen getrieben, beſtimmte,
dem Leben nachgeahmte Bewegungen ausführen, welche ihnen den
Anſchein einex gewiſſen freiwilligen Thätigkeit mehr od. weniger
täuſchend verleihen. Die Herſtellung ſoler Kunſtwerke iſt ſhon in
ſehr frühen Zeiten von Einzelnen verſucht worden. Als bewunderns-
werthe Automaten werden von den Schriftſtellern des Alterthums
namentlich aufgeführt: die fliegende hölzerne Taube des Archytas
v. Tarent, der Adler, den Pauſanias erwähnt, die Friechende Schnede
des Demetrius Phalereus, der menfhenähnlihe Automat
(Android) des Ptolemäos Philadelphos. — Noger Bacon, Alber-
tus Magnus u. Regiomontanus werden im Mittelalter als Ver-
fertiger von Automaten mehrfach gerühmt. Albertus Magnus ver-
fertigte einen Automaten, welcher die Thür öffnete u. Die Eintreten:
den grüßte. Als Kunſtwerke des Regiomontanus werden eine lau-
fende Fliegen und ein Adler erwähnt, welcher lebßtere den Kaiſer
Maximilian bei ſeinem Einzuge in Nürnberg mit Flügelſchlag u.
Kopfbewegungen grüßte. Das kunſtfertige Nürnberg, woſelbſt Peter
Hele (1500) die Taſchenuhren erfand, war um dieſe Zeit der er:
giebigſte Boden für dieſe Art von mechaniſchen Wunderwerken.
Namentlich aber waren im vorigen Jahrh. ſolche ÜUnternehmun-
gen dem Zeitgeſhma>e zuſagend u. daher von Erfolg begleitet.
Es exiſtiren aus jener Periode auh verſchiedene derartige Stüe,
u. infolge vieler, 618 in neuere Zeit fortgefeßter Schauftellungen
find namentlich folgende noch wohl erinnerlid: Baucanjon’s Tlöten-
ſpieler u. künſtlihe Ente, welche leßtere allerlei Scenen aus dem
Entenleben überraſchend vorführt, aber niht läuft, mie mit
unter geglaubt wird. Dann die drei hübſchen Figuren der Schwei-
zer Droz, Vater u. Sohn, die Klavierſpielerin , ein zeihnender u.
ein ſhreibender Knabe. Der intereſſanteſte dieſer drei Automaten
iſt zweifel8ohne der \{<hreibende Knabe. Man denke fi einen
Tnaben, etwa 3—4 Jahre alt, welcher vollkommen frei auf einem
fleinen Seſſel vor einem Tiſchchen f
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ißt und, eine Feder in der
Hand haltend, auf ein vor ihm liegendes Blättchen Papier ſchreibt,
ſo hat man ein Bild des Kleinen. Er” iſt durchaus ſelbſtwirkend,
d.h. er regulirt ſich ſelbſt u. ſchreibt die Formel, für welche er jedes-
mal zuvor eingerichtet iſt, ohne Abſaß fertig, taucht die Feder ein,
verſchiebt das Blatt für jeden Buchſtaben u. eine neue Zeile u. giebt
jedem Buchſtaben den gehörigen Haar- u. Grundſtrih. Aber er
ichreibt auch aus dem Stegreif, indem man einen Zeiger auf belie-
bige Buchſtaben ſtellen kann, welche der A. dann ſchreibt. Kopf u.
Augen find beweglich; der Mechanismus iſt im Oberkörper, den
Armen u. unter der Schreibtafel verborgen. Die Wirkung der Ma-
ſchine beſteht aus zwei auf einander folgenden ganz verſchiedenen Be-
wegungen, u. ſo beſteht auch der Geſammtmechani8mus aus zwei
ganz von einander verſchiedenen, unabhängigen Werken, deren eines,
das untere, gleichſam das denkende Prinzip iſt, indem es die aus-
zuführenden Buchſtaben beſtimmt, u. alle Vorbereitungen zur Aus:
führung macht, bis dann das obere Werk den Buchſtaben ſelbſt aus-
führt. Beide Theile haben jeder ein beſonderes Triebwerk, beide
ſtehen aber ſo mit einander in Verbindung, daß ſie nie gleichzeitig
gehen, ſondern das eine das andere aufhält, wenn es ſelbſt arbeiten
will. Von beiden Triebwerken ſehen wir in unſerer Zeichnung nur
das obere, während das untere hinter der Scheibe M liegt; wenn
wir daher das obere darſtellen , ſo läßt ſich daraus leiht ein Schluß
auf das untere ziehen. Einige der wichtigſten Maſchinentheile mögen
in der Unterſchrift beigefügter Jlluſtration Nr. 1070 Erklärung fin-
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Automat 1366
den. Aus neueren Zeiten ſind ähnliche Werke nicht bekannt geworden ;
das Streben der Künſtler hat, andere Richtungen genommen , u. es
find z. B. die kunſtvollen ſelbſtſpielenden Muſikwerke von Kaufmann
in Dresden u. A. unzweifelhaft höhere Kunſtwerke, als jene Nach-
ahmungen des Thier- u. Menſchenlebens. Kleinere automatiſche
Sachen kommen gegenwärtig aus Spielwaarenfabriken, als arbei:
tende Schuſter, Jongleurs, Pariſer laufende u. ſprechende Puppen,
Thüringer künſtlihe Mäuſe u. derg.
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Nr. 1070. Iinere Auſicht des Automaten „Der ſhreibende Knabe“. Von J. Droz.
A Buchſtabencylinder. VB Federhaus. C Schnede.. D Aufzug. E, F Getriebe. GC Re-
gulator. H,I,K, L Hebel. M Letternſcheibe. P Treibdaumen für die einzelnen
Buchſtaben. P’ Hebel. a, b, i, x, u, g, K Schrauben. h Schiebering. 1 Rolle.
t, w Hemmungen. © Ausrückhebel. 3,4, 5 Hebelwert, welches das Blatt von Der
rechten nach der linfen Seite bewegt.
Das Beiwort automatiſh hat außerdem noch einige weitere Bes
deutungen erhalten: auf Menſchen angewandt, hat es einen tadeln-
den Sinn, bezeichnet ein mafchinenmäßiges, gedankenlojes Thun;
der Phyſiolog verſteht unter aut. Bewegungen ſolche, die im
Körper, vom Willen u. Bewußtſein unabhängig, vor ſich gehen, wie
Blutumlauf, Verdauung 2c., u. ſolche, welche ohne eigentliche flare
Ueberlegung, mehr inſtinktiv od. gewohnheitsmäßig ausgeführt wer:
den, ferner aud) die Bewegungen der Schlafenden, Träumenden 2c.
Im Maſchinenweſen wird das Wort in dem Falle gebraucht, wo der
Engländer selfacting ſagt, d. h. ſelbſtthätig, ohne Menſchenbeihülfe
arbeitend. So iſt z. B. eine Schnellpreſſe mit einem automatiſchen
Ausleger eine ſolche, an welcher kein die gedrudten Bogen abfangen:
des Kind gebraucht wird, da die Maſchine das Weglegen ſelbſt be-
ſorgt. Weiteres erſehe man unter „Bewegung“.
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