1391 Azteken
Die Herrſcher der Azteken wurden von dazu beſtimmten Wahlmän-
nern aus dem angeſtammten Herrſcherhauſe erwählt u. regierten mit
unbeſchränkter Vollmacht, obgleich ihnen, mit beinahe gleicher Macht
ausgerüſtet, vier Rathskollegien od. Miniſterien zur Seite ſtanden.
Religion u. Krieg bildeten das hauptſächliche Lebenselement des azteki-
ſchen Volkes; es betete den Schöpfer, Dem eine rieſige Tempelpyramide
mit der Inſchrift „dem unbekannten Gotte“ geweiht war, als höchſtes
Weſen an, anerkannte aber neben dieſem geheimnißvollen Weſen als
Nationalgott no „Huibilopachtli“, den blutgierigen Gottder Schlach-
ten, dem zu Ehren fi überall große u. kleine Teocallis od. Gottes-
häuſer erhoben u. alljährlich unzählige rauchende Menjhenherzen
verbluteten. Eine ſriedlichere Gottheit iſt Tezcatlipoca , die Seele
der Welt, deſſen Bildſäulen aus glänzend ſhwarzem Steine gear-
beitet u. mit doppelten Augen verſehen find. Außer dieſen Haupt:
göttern gab es no< eine ziemlihe Menge niederer Gottheiten. —
Bei Todesfällen war es Gebrauch, die Leiche zum Schuß gegen
Gefahren auf dex Reiſe nah der Unterwelt mit Papierſchnißeln zu
beſtreuen, ihr Waſſer auf den Kopf zu gießen u. ſie in die Gewänder
ihrer Schußgottheit zu kleiden. Meiſtens begrub man die Todten,
bisweilen murden fie aber auch verbrannt. Wie ihre Sitten, jo
ſtand au< das Wiſſen der A. auf einer höheren Stufe als das an-
derer wilden Völker. Sind au< von ihren alten Bilderſchriſten,
welche die Spanier al3 Zauberrollen verbrannten, nur ſehr wenige
erhalten geblieben, u. rufen deren grelle Farben u. unſchönen Zeich-
nungen einen feltfamen Eindruc hervor, ſo finden wir darin Doch
eine Art von Geiftesproduften aufbewahrt, die wir bei anderen wil-
den Stimmen vergebens fuchen. Wie fchreibielig die alten gelehr=
ten Mexikaner waren, iſt daraus zu ließen, daß Montezuma ſi
jährlih 1000 Ballen Schreibmaterialien als Abgabe entrichten
ließ. — Zeitrechnung u. Nechenfyiten der Azteken waren ſehr ein-
facher Natur ; das Jahr wurde in 18 Monate, der Monat in 20 Tage
getheilt, am Ende des Jahres wurden die überſchießenden 5 Tage
der Ruhe geweiht u. na< Verlauf von je 52 Jahren 13 Tage ein-
geſchaltet. Für die Zahlen gab es verſchiedene Zeichen, 1 bis 19
ſtellte man dur< Punkte, 20 durch ein Fähnchen, 40 dur< eine
Feder, 60 durch eine Taſche dar. — Handwerker ſtanden in gebüh-
render Achtung, höher aber ſ{häßten ſie den Kaufmannsſtand, dem
die Regierung die wichtigſten Vorrechte zuerkannte, ja dem Herr-
ſcher ſtand ſtets ein exfahrener Kaufherr berathend zur Seite. Auch
an gejchieften Künſtlern fehlte es niht: Goldſchmiede ſtellten Fiſche
mit goldenen u. ſilbernen Schuppen u. Vögel mit beweglichen Flü-
geln, Kopf u. Zunge her; Federkünſtler wußten farbenreiche Mäntel,
Teppiche, Vorhänge u. Altarde>en aus großen u. kleinen Federn
anzufertigen. — Der Adel gehörte meiſt dem Kriegerſtande an,
perſönlicher Muth aber“ galt mehr als die Vorzüge hoher Geburt.
Die eigentlichen Herren des Landes waren die Prieſter od. Papas,
welche in ſo hohem Anſehen ſtanden, daß ſelbſt Mitglieder der
Herrſcherfamilie in ihre Reihen traten u. Krieg u. Frieden von
ihrer Entſcheidung abhingen. Bei den entſeßlihen Menſchenſhläch-
tereien entwi>elten ſie ihre Hauptthätigfeit, indem fie die unglüd-
lihen Opfer felbjt niedermebelten, fi in die abgezogenen Häute
der Gejchlachteten hüllten u. in dieſer Tracht gräßliche Tänze auf
führten. Auch Montezuma gehörte dem Prieſterſtande an, ehe er
Azulmſaure — Azzo 1392
zum Throne berufen wurde. — Er umgab ſeine Perſon mit dem
übertriebenſten Pompe, ſeine Schlöſſer, beſonders ſeine Sommer-
vefidenz auf Chapoltepec glichen wahren Teenpaläften, fein Bolt
wurde mit unerihmwinglichen Steuern belajtet u. hmachtete unter
dem härteſten Drucke: kein Wunder, daß ein ſolches Reich im Kampfe
gegen die Europäer zuſammenſtürzte. Weiteres |. inter „Mexiko“.
Typus der Azteken |. Tafel XII. Nr. 6.
Literatur. Befonders hervorzuheben find: Brescott „History
of the conquest of Mexico‘ (2 Bde., Boſton 1843, deutſch 2 Bde.
Leipzig 1845); Waiß „Anthropologie der Naturvölker“ (4 Bde.
Leipzig 1864); Th. Arnim „Das alte u. das neue Mexico“
(2 Bde. Leipzig, bei Otto Spamer, 1868).
Azulmſäure od. Azulminſäure, ein Zerfegungsproduft der
wäſſrigen Blaufäure (j. d.), ift eine braune in Waſſer unlösliche
Maſſe, no< niht genau unterſucht.
Azumbre, ein Flüſſigkeitsmaß, in Aragonien gebräucli< u.
1/872 preuß. Quart od. 1?/7 Liter enthaltend.
Azur nennt man zunächſt die aus dem Laſurſtein ({. d.) berei-
tete blaue Ultramarinfarbe, ſodann das dunkelblaue, fein gemahlene
Kobaltglas (Smalte). Jm Allgemeinen verſteht man darunter
Blau, u. namentli< himmelblau. Vgl. auh „Blau“.
Azurin od: Azulin, ein blaueWFarbſtoff, wird erhalten durch
Behandlung von Phenylſ<hwefelſäure mit Oxalſäure u. Anilin.
Azymiten, im 11. Jahrh. von dem griech. Patriarchen zu Kon-
ſtantinopel Michael Cerulareus den Chriſten des Abendlandes bei-
gelegter Spottname, weil \ſi< dieſelben, wie die Juden bei dem
Paſſahfeſte, bei ihrer Abendmahlsfeier des ungeſäuerten Brotes
(\. Azymon) bedienten. Auch die Armenier u. Maroniten erhielten
deshalb den gleichen Namen. Die grie<. Chriſten wurden dagegen
von den römiſchen „Prozymiten“ (Fermentarii, Geſäuerte) genannt.
(©. Brotitreit).
Azymon (grie<.), Mazzoth (hebr.), Brot, zu deſſen Bereitung
fein Sauerteig verwendet wird; ſüßes Brot. Es wurde u. wird nod)
jekt von den Juden während der ſieben Tage ihres Paſſahfeſtes ge-
noſſen u. zwar zur Erinnerung an ihren Auszug aus Aegypten, den
ſie ſo eilig antraten, daß ſie den no ungeſäuerten Brotteig in ihren
Obexrkleidern mitnehmen mußten. —- Festum azymorum (Chag
Hamazzoth) \. v. a. Paſcha, Paſſahfeſt (\. d. u. „Oftern”).
Azzo, der Name mehrerer ital. Fürſten, z. B. eines Herzogs von
Spoleto u. eines Herzogs von Friaul u. jenes bekannten Beſchüßers
der Königin Adelheid, der Wittwe des Königs Lothar von Italien
gegen deſſen Nachfolger Berengar, u. des dafür von deren nahmali-
gem Gemahle, Otto dem Großen, zum Markgrafen von Reggio
u. Modena erhobenen Markgrafen von Canoſſa. — Auch mehrere
Mitglieder des Hauſes E ſte führten als Markgrafen von Ancona
den Namen A. :
A3zo, Portius , ein Rehtsgelehrter von großer Berühmtheit zu
Bologna zu Ende des 12. u. zu Anfang des 13. Jahrh. Wegen
ſeiner“ großen Gelehrſamkeit „Meiſter des Rechts“ u. „Brunnquell
der Geſeße“ genannt, mußte er oft wegen der übergroßen Zahl ſei-
ner Zuhörer ſeine Vorleſungen auf dem Marktplaße zu Bologna
abhalten. Leider ſind nur wenige ſeiner Werke erhalten worden;
dieſe aber zu Speier 1482 erſchienen.
Ende des erſten Bandes.
Eine Ueberſicht der Abkürzungen öfter vorkommender Worte, ſowie die Nachträge und Berichtigungen zu dieſem erſten Vande befinden ſich als
Seite VIT bis XVT hinter dem Titel angeheſtet.
Re nen