Full text: Musikalische Instrumente (Heft 39)

  
  
  
  
  
  
  
  
welchem fie zu den modernen Pianos in der öfte nn Abtheilung ftehen ; 
denn das Clavier war bereits im vorigen ana un de rte eigentliche Träger des 
Mufiklebens, wie es derfelbe heutigen Tages ift, und an a Conftruction, über- 
haupt an feinem ganzen Wefen ver finnlicht fich am getreueften der Charakter der 
herrfchenden Gefchmacks- und Stilrichtung. Man war umfomehr berechtigt zu 
[em als nach Bach und Händel Oefterreich in der mufikalifchen 
Kunft das Banner geführt und feinen Namen mit denen der gröfsten Tonheroen 
verwebt hat. Unter diefen Clavieren befanden fich überdiefs einige Exemplare, 
welche für uns die Be« leutung koftbarer Reliquien haben. So begegnete uns ein 
a ines, tragbares Spinett, erbaut von Johann Andreas Stein in Augsl burg 1762, 
deffen fich Mozart laut Angabe auf feinen Reifen bedient hat; auch ein Clavier in 
Flüg elornan und zwar mit Hammermechanik und Stiefelc dämpfung macht Anf pruch 
a die Ehre, einft im Befitze des hochberühmten Meifters gewefen zu fein. 
trafen wir ein kleines Tafelclavier mit Hammermechanik und Dämpfung aus dem 
ahre 1790 an, welches uns als das einf ftige Eigenthum Haydn’s bezeichnet wird. 
In ähnlicher Weife fahen wir einen F lügel von Erard mit dem Namen Beethoven's, 
einen anderen von Gräf mit dem Sch He Bresrin Ver ‘bindung gefetzt. Unmerklich 
haben wir an diefen wenigen Inftrumenten die wefentlich{ ten, Phafen des Clavier- 
baues bis zur modernen Zeit hin durchlaufen. Jenes Spinett Mozart’s, zu dem fich 
noch ein anderes, herrührend von Johann Schanz, gegenwärtig Johannes Brahms 
zugehörig , gefellt, weifen auf den primitiven Standpunkt des Inftrumentes hin. 
Der Ton wird hier noch mittelft Meffingplättchen oder auch Federkiel-Stückchen 
erzeugt, welche auf dem Clavis befeftigt find, und durch Oeff Inung im Refonanz- 
Di beim Niederdruck der Tafte an die Saite fch lagen. Und w ahrlich, der dünne, 
zirpende Klang jenes gedachten Inftrumentes von Schanz bildet zum Klang des 
ngeblich aus dem Befitze Beethoven’s ftammenden Flügels von Eı 
  
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rard keinen 
ö Abftand, als das Tonvermögen eben diefes end zu der Klangkraft 
ines Ehrbar mit gewölbtem Refonanzboden. Ja auch die Mutter unferes heutigen 
£ıanos entdeckten wir hier in einem alten Hackebret, welches fich in deilelben 
Zimmer zeigte; denn aus diefem merkwürdigen Inftrumente ift nicht nur 
das Clavichord, fondern auch die Hammermechanik hervorgegangen, durch 
welche fich das Clavier bis zu feiner jetzigen Vollkommenheit emporgebildet hat. 
Ein Mufiker aus Eisleben, Pantaleon Hebenftreit, hatte nämlich fchon in 
Quher Jugend eine fo grofse Vorliebe für jenes, noch heutigen Tages bei den 
/igeunern unter dem Namen Cyml orkenne nde Inftrument, dafs er es fich 
zur Aufgabe machte, demfelben eine für « len künftlerifchen Geb: ‘auch verwendbare 
Einrichtung zu geben. Sein Ziel fuchte er dadurch zu erreichen, dafs er den 
Kaften um das Vierfache vergröfserte und auf beiden Seiten Refonanzböden 
anbrachte, von denen der eine mit Draht- und der andere mit Darmfaiten bezogen 
war, fo dafs jetzt dem Spieler alle Dur- und Moll- Tonarten zur V a ftanden. 
Hebenftreit machte mit feinem Inftrumente um fo mehr Auffehen, als er felbft eine 
[ehr grofse Fertigkeit auf demfelben fich angeeignet hatte. Ein gewiffer an 
ebenfalls ein Mußiker, hatte Gelegenheit, den Virtuofen öfter zu hören. Ihn fascinirte 
‚ornehmlich die W ahrnehmung, dafs der Spieler vermittelt der mit der Hand 
führten Klöppel die Klangkraft der Saiten nach den verfchiedenen Graden 
Stärke leicht zu entfalten vermochte, was auf dem damaligen Claviere nicht 
zu erzielen war. Es trieh ihn nun zu on Verfuche, diefe Ausdrucksfäl igkeit auch 
dem letzteren zuzuwenden und in der That aachen er endlich das Modell für 
einen Mechanismus zu Stande. in an fich das Syftem der heutigen Hamme:- 
mechanik deutlich zu erkennen gibt. hat d nr Erf indung‘ lange dem Floren- 
tiner Chriftofali zugefchrieben; Dr. Oskar Paul hat indefs in leiner vortrefflichen 
Gefchichte des Clavierbaues ee nachgewiefen, dafs diefe Ehre unferem 
Deutfchen Schröter gebühre. Jedenfalls Ne esfeft, dafs das Modell des letzteren 
ın Deutfchland bald Anerkeı nung fand, und die ei is für die Ent- 
wicklung des Pianobaues bildet. 
  
  
  
  
   
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