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52 Eduard Schelle
Fabricaten dort ausgeftellt hat. Das eine derfelben, eine Geige, ftammt von
Gaspard pruggar, richtig Tieffenbrucker aus Bologn ain Italien
her und wurde fpeciell 1519 für König Franz I. von Frankreich angefertigt. Die
Geige findet fich jetzt im Befitz des em Niederheitmann in Aachen. I Unter
grund fchimmert noch die franzöfifche Krone, auf jeder Seite von einem F
rahmt, goldig hervor. Der Ton ift weich und edel.
Sn wäre alfo nicht Feftatori il vecchio, ein Ge igenmacher in Mailand
und Zeitgenoffe des Gasparo di Salo in Brescia, der nach der gewöhnlichen A
Anne die Viola verkleinert und daraus die Violine gefchaffen haben foll,
der eigentliche Begründer des claffifchen Geigenbaues in Italien fondern ein
Deutfcher; denn der Name Tieffenbrucker weift offenbar auf deutfche in re
zurück. Der genannte Tieffenbrucker foll der Lehrer von Gasparo di Salo gewe-
[en fein, deffen Th ätigkeit jedoch erft 1560 beginnt.* Von dem Letzteren rührt
das zweite Inftrument her, eine Bratfche, angeblich 1520 erbaut, welche Jahres-
zahl freilich mit jenen Kiforiichen Daten im Widerfpruch fteht; follte aber diefe
Viola in der That von dem letztgenannten Meifter \erftammen, fo dürfte fie in
eine fpätere Zeit fallen. Ein Schüler des Salo war der berühmte Amati in Cremona,
mit diefem beginnt die glänzende Periode der Cremonefer Schule.
Uebrigens macht fich in der Strudtur der Bratfche des Salo eine auffal-
lende Aehnlichkeit mit jener der Violine des Tieffenbrucker bemerkbar.
die fo weit geht, dafs die erftere wie die letztere ftatt der Schnecke am
Hals mit einem gefchnitzten Portrait verfehen it. Die Form hat noch etwas
ee gewilfermafsen Unfreies. Die Bratfche zeichnet fich durch einen
einge-
fehr grofsen Körper bei einem unverhältnifsmäfsi ig kleinen Hals aus, entwickelt
übı igens einen ftarken, gleichmäfsigen Ton. Sie befand fich früher im Befitze
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des Herzogs von Maden: und ift jetzt Eigenthum des Majorauditors Dr. Franz
Ritter von Gentilly.
Für die Gefchichte des Geigenbaues haben die genannten Inftrumente
einen unfchätzbaren ‘Werth. Wir find defshalb den Beftzern zum gröfsten }
Denk verpflichtet, dafs fie ihre Reliquien bei Gelegenheit der Wiener Welt
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au a ellung der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten haben, umfomehr, da fe]
die hifto rifche Ausftellung nicht auf diefe zwei Inftrumente allein befchränkt, indem
nn der Wiener Geigenb Jauer ee mit feltener Liebenswürdigkeit feine
nn Sammlung von alten italienifchen Geigen, wie: Originalviol inen von
aggini, Carlo Bergonza, Amati, Quadanini, Andreas Guarneri, Antonio Stradivari
Serafino, zwei Violen von Maggini und Petrus Guarneri, ferner drei Pracht-
exemplare von Violoncellen des Petrus Guarneı ri, Andreas Guarn en, Antonio
Geromino Amatt vorführten, ferner auch die ungarifche A lung eine Anzahl
Cremonefer ( Geigen von Amati, Giovanni und Giufeppe Guarnerio, Stradivaı )
aus der Blüthezeit diefer berühmten Schule, ausgeftellt von neh in
Peft und Anderen, dann eine Violine von Stainer bringt und fomit, Norausgelizl
ar die letzteren Inftrumente fämmtlich echt find, durch jene beiden Exemplare
das gefchichtliche Bild des italienifchen Geigenbaues vervollftändigt ift. Die
Namen Stradivari und Guarneri bezeichnen die Glanzperiode des italienifchen
Geigenbaues. Die von diefen Meiftern erzeugten Violinen find bis jetzt unerreichte
Mufterinftrumente in Betreff der Klangfchönheit, fie verkörpern diefelbe
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feinen Plaftik der Form, die ihnen. namentlich aber den Stradivaris eigen ılt, In
der Gefellfchaft berühmten italienifchen Meifter that fich auch ein Deutfcher.
und zwar ein Tiroler aus Abfam, nicht weit von Innsbruck, Jacob Stainer, her-
vor. Er hatte fich in der Schule Amati’s gebildet und feine Inftrumente verr: athen
den Einflufs derfelben deutlich in der ei: genthümlich hohen Wölbung,
ihnen über das von Amati gefteckte Mafs hinausgeht. Sie haben in F olge denen
einen weichen, flötenartigen Ton, der fich jedoch für die Bedürfniffe des Concert-
* Die Violine und ihre Meifter von J. Wafielewfki, Leipz