Allgemeine Bewaffnung und Artilleriewefen 1 vd
Das Schlofs diefes Gewehres ift ein verbefferter, zum Selbftfpannen einge-
richteter Zündnadel-Mechanismus, der die Einfachheit und Solidität des letzteren
mit einer ebenfo fchnellen als bequemen Handhabung der beften beftehenden
Gewehrfyfteme verbinden foll. Zur Charakterifirung der Einfachheit des verbefferten
Schloffes, welches gleich gut für die Stift- wie für die Nadelzündung anwendbar
ift, genügt es anzuführen, dafs der Mechanismus nur aus fechs Theilen befteht.
und dafs alle Functionen des Ladens bis zum Abfeuern mit drei Griffen erledigt
werden. Die Mängel, welche dem alten Zündnadel-Gewehre vermöge feiner früheren
Entftehung gegenüber den neueren Gewehren in balliftifcher Beziehung eigen waren,
find bei dem modificirten Modell durch die Anwendung des Kalibers von rn Mill-
metern und der Metallpatrone mit ftarker Ladung befeitigt worden. Alle diefe
Vorzüge zufammengefafst laffen das verbefferte Zindnadel-Gewehr geeignet erfchei-
nen, unter den jetzigen Hand-Feuerwaffen einen hervorragenden Platz einzunehmen.
eigenthümlicher Conftrudtion ift die vor einigen Jahren viel-
Von ganz e
befprochene Granatbüchfe, deren Verwendung für Kriegszwecke jedoch 1869
durch die Petersburger Convention, welche die Anwendung von Sprenggefchoffen
unter 400 Gramm ausfchlofs, unmöglich gemacht wurde.
Die Büchfe hat ein Kaliber von 23 Millimeter, und befitzt am rückwärtigen
Laufende das mit Schraubengewinden verfehene, um ein Charnier nach rechts
jeitwärts drehbare Verfchlufsftück, welches den Zündnadel-Mechanismus enthält.
Der Kolben ift durch einen gepoliterten eifernen Bügel erfetzt, welcher den
Anfchlag des Gewehres ohne Auflage und ohne Bel
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äftigung des Schützen ermöe-
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licht. Am rückwärtigen Ende des mit einer kleinen Sprengladung verfehenen
Gefchoffes befindet fich ein kurzes Kupferröhrchen eingefchraubt, welches de
Percuffionsapparat enthält; letzterer bewirkt, dafs das Projectil beim Auffchlage
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durch das Vorfchnellen eines kleinen Schlägers gegen die Zündpille zur Explofion
gelangt und in:6 bis 8 Stücke zerfpringt.
Die Trefffähigkeit der Granatbüchfe foll bis auf 1800 Schritt noch
befriedigend fein.
Aufser den Sprenggefchoffen fchiefst diefes Gewehr auch eiferne Vollkugelı
1.
Die königlich baierifche Gewehrfabrikin Ambe rg, die fich durch
Einführung und Erzeugung der Werdergewehre grofse Verdienfte um die Waffen-
technik erworben, hatte von Kriegswaffen ein Gewehr, einen Karabiner und eine
Piftole vom Modell1ı869 * eingefendet, über welche, da deren Conftrudion hin
länglich bekannt, nur zu fagen ift, dafs fie, hinfichtlich ihrer Ausführung den
beften ähnlichen Fabricaten anderer Länder zur Seite geftellt werden dürften.
Für Piftolen eignet fich übrigens unferer Anficht nach der Werderverfchlufs feiner
l’orm wegen weniger; eine derlei Waffe fieht plump und unfchön aus. Denvon
der Amberger Gewehrfabrik noch exponirten, damafcirten Wallbüchfen-Lauf a
einen Beftandtheil einer Kriegswaffe zu erklären, geht wohl nicht an, wobei wir
jedoch nicht verfehlen, denfelben als ein recht fchönes Stück Arbeit anzuerkennen.
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C. V. Heinlein aus Bamberg hatte drei Hinterladungsgewehre eigener
Conftrudtion ausgetftellt, welche zwei verfchiedene Syfteme repräfentirten. Der Me-
chanismus von zweien derfelbenähnelte den bekannten Kolbenverfchlüffen, doch war
das Verfchlusftück, ein vierfeitiges Prisma, nicht mittelft des gewöhnlichen Hebels,
fondern durch Abwärtsdrücken des Griffbügels im Verfchlufsgehäufe zurückzufüh
ren, wobeigleichzeitig das Schlöfschen gefpannt wurde; beim Aufwärtsdrücken des
Griffbügels wird dasVerfchlufsftück wieder vorgeführtund das Gewehriftfchufsbereit
Das zweite Syftem, deffen Verfchlufs mit einer Plombe verfchloffen war,
und welches deshalb auch von der Jury nicht unterfucht wurde. glich in der
äufseren Anordnung dem Werdergewehre, nur bildete bier das Verfchlufsftück ein
Prisma, welches beim Vorwärtsdrücken des um einen Bolzen drehbaren Griffbügels
nach abwärts ging und beim Zurückführen des Bügels den Lauf abfchlofs.
ftem Werder.