Full text: Militär-Sanität und freiwillige Hilfe im Kriege (Heft 54)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
24 Dr. Mofetig von Moorhof. 
zuzuführen, auf dafs die dortfelbft ankommenden Blefürten fofort gefpeift werden 
können. Sie find ja unmittelbar nach der Verletzung, wenn die Waffe nicht gar 
zu arge Verwüftungen im Körper geftiftet hat, innerlich noch gefund, das Readtions- 
tadium noch weit, warum nicht ihren Hunger ftillen und ihre srfchöpfung mindern 
umfomehr, als oft ein längerer Transport ihrer harrt? Die Töpfe und die confer- 
virten Nahrungsmittel, die man an die Hilfsplätze fchaffen foll, müffen ja, falls fie 
überhaupt anlangen, erft ausgepackt, es mufs Feuer gemacht, Waffer geholt und 
endlich längere Zeit gekocht werden. Und wenn plötzlich der Hilfsplatz amovirt 
werden mufs, was dann? Der Küchenwagen kann nachfahren , die Töpfe aber 
fammt dem Inhalte, die bleiben zurück und gehen verloren. Der Küchenwagen 
kann das Kochgefchäft beginnen während des Hinfahrens zum Hilfsplatze, hat 
alfo genügende Zeit, um frifches Fleifch zu kochen, bedarf der bei Weitem 
weniger zuträglichen Conferven nicht fo exclufv, und bietet fchon fertige Nah- 
rung, kaum dafs, ja noch ehe der Hilfs- oder Verbandplatz errichtet ift. Selbft 
wenn wir uns auf den Standpunkt der Bequemlichkeit ftellen, müffen wir den 
Küchenwagen gewifs den Vorzug einräumen vor den einzelnen Kochtöpfen, denn 
deren illuforifche Thätigkeit bewiefen ja hinlänglich die letzten Kriege, wo 
wenigftens wie ich und viele Collegen es erfahren haben, die Verwundeten aus- 
nahmslos, ohne gelabt worden zu fein, nach langer Irrfahrt in die Feldfpitäler 
einlangten, erfchöpft durch die überftandenen Märfche , erfchöpft durch das 
frühere Faften, erfchöpft durch die Verwundung; denn man glaube ja nicht, dafs 
die Truppen, welche ins Feuer geführt werden, früher gegeffen und ausgeruht 
haben: möge diefs in der Zukunft fo fein, in der Vergangenheit war es gewifs nicht 
Fall. Im Angefichte des Feindes, kurz vor dem Kampfe, darf ja kein offenes 
Feuer angezündet werden, wo foll der Marn denn kochen? Und während des 
Marfches, wie geht es da zu! Einige Ochfen, wenn gerade vorhanden, werden 
[chnell gekeult, zerftückelt, das noch zappelnde Fleifch in die Kochtöpfe geworfeı 
und eine Stunde fpäter foll abgegeffen fein. Sehen wir von der äquivoken Suppe 
und dem harten Fleifchftücke ab, welches in die hungernden Mägen mit Haft 
getrieben wird, fo müffen wir fragen, wann ruht denn der Mann aus, wenn er 
Holz und Waffer bringen und kochen foll? Aber wie oft ftehen keine Rinder 
der 
heerden in der Nähe, wie oft wird während des Kochens Alarm geblafen, und 
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die brodelnden Keffel müffen unbenützt ausgeleert werden! Es find diefs keine 
Trug- und Wahngebilde, fondern traurige Wahrheiten, die fich leider oft genug 
wiederholt haben, und die in früheren Zeiten, wo noch perfönlicher Muth un« 
körperliche Kraft in den Schlachten mehr gegolten haben als heutzutage, vielleicht 
zu manchem Mifserfolge geführt haben mögen; denn abgemattete, hungernde und 
durftende Soldaten können unmöglich jenes Actionsvermögen entwickeln, deffen 
fie unter befferen Verhältniffen im Stande wären. Denke man fich nun grofse 
Küchenwagen, welche den marfchirenden Truppen nachfolgen und während des 
Fahrens kochen; da wäre der Mann, trotz plötzlichen Alarmfchlagens, trotz 
mangelnder Rinderheerde ficher, gute Nahrung zu bekommen, und könnte nebtt- 
dem auch in der Raftftunde wirklich raften und ruhen. Freilich erklären jetzt 
noch oft auch gewiegte Militäriften derlei Küchenwagen als utopifch und unmög- 
lich; fie mögen es beffer verftehen. Vielleicht bringen die Fleifchconferven, 
die eine grofsartige Verwendung fchon im franzöfifch-deutfchen Kriege auf 
preufsifcher Seite, namentlich durch die berühmte und berüchtigte Erbswurft 
gefunden haben, und die in den nächften Kriegen noch gröfsere Dimenfionen zu 
nehmen verfprechen, wenn man wenigftens an die grofsen Confervefabriken denkt. 
die Deutfchland in den Rheingegenden zu erbauen Sinnes ift, vielleicht bringen 
die Conferven eine wohlthätige Aenderung in der bisherigen, gewifs fehr man- 
gelnden wenngleich koftfpieligen Verproviantirung der Truppen. 
Wir wollen demnach die Frage von den Küchenwagen für Truppen offen 
laffen, betonen aber nochmals und ganz ausdrücklich deren Nothwendigkeit 
für Bleffhirte. 
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
     
  
  
  
  
  
     
   
    
   
    
   
  
    
   
  
    
   
   
    
    
    
     
  
   
    
    
   
    
    
  
	        
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