52 Dr. Mofetig von Moorhof.
brechen nicht fo leicht, felbft bei rüder Behandlung. Die Deck-Leinwand fchien
uns nur viel zu fchwach und dem Verderben umfomehr ausgefetzt, als ja im Pack-
wagen die Körbe übereinander zu ftehen kommen und fich demnach gegenfeitig
drücken und reiben. Dasfelbe Princip der Körbe fahen wir im ruffifchen Pavillon
des Induftriepalaftes. Auch hier war das Feld-Sanitätsmateriale in Körben ver-
packt, allein diefe waren in dickes Schweinsleder förmlich eingebunden und dem-
nach enorm widerftandsfähig. Die Körbe des deutfchen Ritterordens waren freilich
improvifirt worden, zweifelsohne wird man aber die gefirnifste Leinwand auch
durch Leder erfetzen und fonach wohl allen Anforderungen gerecht werden.
Auch Apparate zum Anlegen von Gypsverbänden und fertige Gyps- und
Wafferglas-Verbände waren ausgeftellt. Wefentlich Neues konnten wir nicht
entdecken. Mufterhaft fchön waren die Verbände aus der Billroth’fchen Klinik,
einige andere Mufter dagegen liefsen wohl fehr viel zu wünfchen übrig. Sehr
brauchbar dürfte der ApparatvonWydwodzoff ausSdt. Petersburg fein, der zum
fchnellen Eingypfen von Rollbinden dient. Er ftellt einen kleinen Rollkaften dar,
in den Gypspulver gegeben wird und. der auf dem Boden eine kleine Spalte befitzt,
durch welche die Binde zieht. Zwei von den Kaftenwänden fenkrecht aufftrebende
Pfeiler tragen ein abnehmbares breites Rad, welches dwrch eine Handrolle bewegt,
die Binde aufrollt, nachdem fie durch das Gypspulver gezogen und damit imprägnirt
worden ift.
Zu erwähnen wären endlich die vonBäfchlin in Schaffhaufen producirten
und ausgeftellten Lazarethartikel unter dem Titel „medicinifche Verbandftoffe“,
als: carbolifirte Darmfaiten (Catgut) nach Liftes’ Angabe zur Nath und Gefäfs-
Iıgatur, und andere mit Medicamenten (Jod und Eifenchlorid) imprägnirte Ver-
bandftoffe.
Chirurgifche Infirumente und Apparate, Feldapotheken.
In erfter Reihe müffen wir erwähnen Profeffor Billroth’s genial erdachte
und vollendetfchön ausgeführte Wandtafelmit der Ueberfchrift: „ZurGefchichte
des Pfeil- und Kugelziehens“. Nebft einer bildlichen Illuftration der hiezu
dienlichen Inftrumente von der grauen Vorzeit bis hinauf zum Tribulkon von
Percy, brachte die Tafel auch einige, wenn auch barocke, fo doch treffende Aus-
fprüche alter militärchirurgifcher Schriftfteller über Behandlung der Schufswunden.
Einige Exemplare alter Kugelextradtoren längft verfchollener Zeiten waren auch
in natura beigelegt. Unter den Inftrumenten der Neuzeit zur Auffindung von Blei-
projedtilen finden wir ausgeftellt:
Die Nelaton’fche Sonde mit Knopf aus ungebranntem Porcellan, welche
dadurch zur Erkenntnifs des Projedtiles führt, dafs beim Anftreifen an letzteres das
Porcellan einen Bleiftrich aufnimmt. Nicht immer jedoch gelingt der Verfuch,
namentlich dann nicht, wenn die Cavität viel Flüffgkeit enthält, Blut oder Eiter,
welche den Knopf überziehend den Bleiftrich hindert.* Für fchwerere Fälle, wo
man mit der Nelaton’fchen Sonde nicht auskommt, und man mit der Diagnofe, ob
Kugel oder ob Knochen, nicht fertig wird, eignen fich beffer die elektrifchen
Sonden. Sie beftehen in zwei kupfernen Leitungsdrähten, welche von einander
ifolirt innerhalb eines Stäbchens laufen und abgefchnitten enden. Ihre Verbindung
kann erft durch einMetallftück hergeftellt werden, an welches fich beide Polenden
anlegen. Eine kleine elektrifche Batterie und ein Signalapparat (Trouve) oder
eine Magnetnadel vervollftändigen den Apparat. Führt man das Stäbchen fonden-
artig bis zum fraglichen Gegenftande in die Wunde ein, fo wird, falls diefer ein
Gefchofsftück ift, das Glockenfignal oder die Abweichung der Magnetnadel augen
blicklich den Kettenfchlufs angeben, wogegen diefer ausbleibt, wenn Knochen-
ftücke berührt werden.
* Bekanntlich hat Nelaton bei Gelegenheit der berühmten Garibaldi’fchen Kugel feine
Porcellanfonde erdacht und mit ihr auch wirklich die im Ferfenbein fteckende Kugelnachgewiefen.