DAS HEERWESEN
AUF DER
WELTAUSSTELLUNG 1873 IN SEINEN BEZIEHUNGEN ZU GEWERBE
UND INDUSTRIE.
(Gruppe I bis XXV1)
Bericht von
RUDOLF BARON POTIER DES ECHELLES,
Hauptmann im 72. Infanterie-Regiment, commandirt beim Generaljtabe
Kingafe.,
Auf dem weiten, von Gewerbe und Induftrie beherrfchten Gebiete gibt es
faft keinen Zweig, welcher nicht in irgend einer Weife, fei es diredt oder indiredt,
an der Erzeugung und Herftellung der Bedürfniffe des Heerwefens betheiligt wäre.
Es war fo, als der Krieg noch als Handwerk galt; es ift und wird in
erhöhtem Mafse der Fall fein, feit die Vertheidigung des Vaterlandes eine Ehren-
pflicht aller Bürger, der Krieg felbft eine Kunft, deffen Führung eine Wiffen-
fchaft geworden it.
Die allgemeinen Fortfchritte auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens,
der Technik und Induftrie, die Maffenhaftigkeit der aufgebotenen, fchon im
Frieden für den Krieg auszubildenden Streitkräfte, haben die Bedürfniffe des
modernen Heerwefens in hohem Grade gefteigert und vervielfältigt.
Wo früher einzelne Gewerke arbeiteten, find jetzt Fabriken faft aus-
fchliefslich für das Heer in Anfpruch genommen, fteht die Entwicklung und
Vervollkommnung, ja felbft der Impuls des Werdens vieler Gewerbszweige im
allerinnigften Zufammenhange mit den Forderungen moderner Kriegstechnik, und
kamen diefe fehr reellen Beziehungen auf der Weltausftellung, welche in ihrer
Wefenheit einen grofsen culturhiftorifchen Wettkampf der Völker in eminent
friedlichem Sinne markirte, zur vollen Geltung.
Es war fomit ein fehr glücklicher Gedanke, die Ausftellung militärifcher
Objecte der betheiligten Privatinduftrie zu überlaffen. Es wurde dadurch nicht
allein das Hervortreten des kriegerifchen Elementes vermieden, fondern die
innige Wechfelwirkung illuftrirt, welche das moderne Syftem ftehender Heere auf
Gewerbe und Induftrie ausübt, und bewiefen, dafs das leider noch immer land*
läufige Schlagwort von der abfoluten Unprodudtivität der Ausgaben für das
Heer eben eine leere Phrafe ift.