10 Rudolf Baron Potier des Echelles.
laffen Gefandtfchaftsberichte und die Hofchroniken-Schreiber des Sohnes der
Sonne vermnthen, dafs auch in China ein Heer nach europäifchem Mufter zu
bilden verfucht wird, wie überhaupt (nur nebenbei bemerkt) die Betheiligung
China’s an der Weltausftellung die betreff diefes Landes gehegten Meinungen
gründlich berichtigt hat.
Auch die Gruppe VI:
Leder- und Kautfchukinduftrie,
ift für die Erzeugung und Lieferung der Heeresbedäürfniffe in hohem Grade in
Anfpruch genommen und verbraucht z. B. Oefterreich allein jährlich
11.980 CentnerLeder und 24.500 Stück Felle der verfchiedenften
Gattungen ausfchliefslich für Armeezwecke, und wären in diefe
Gruppe alle aus Leder erzeugten Ausrüftungsgegenflände für Mann und Pferd,
für die zahlreichen Trains und Anttalten u. f. w. zu rangiren.
Auf. der Ausftellung waren die Lederprodudte meift im unverarbeiteten
Zuftande vertreten, und mufsten militärifche Fufsbekleidungen und fonftiges
Riemenwerk, Sättel und Pferdgefchirre in verfchiedenen Gruppen aufgefucht
werden. — Die Fufsbekleidu ngen betreffend, bricht fich faft in allen
Armeen der Halbfliefel Bahn, welcher, aus Rindsleder gefertigt, nur in der Art
der Erzeugung differirt. Die Schnürfchuhe, eine Reminiscenz an die ehedem
üblichen Sandalen, dürften, gleich dem leichten franzöfifchen Schuh bald auf den
Ausfterbe-Etat gefetzt fein. Rufsland daıf fich den Luxus der Juchtenttiefel,
Schweden jenen grofser Pappenheimer geftatten, und die Truppen des Oftens
tragen die lederne Fufsbekleidung nur zur grofsen Parade und in Städten, find
alfo von der vitalen Frage der beften Armee-Fufsbekleidung am wenigften alterir‘.
Das übrige Riemenwerk ift fo ziemlich überall gleich. Die öfterreichifche
und deutfche Armee brauchen zu ihrem weifsen Riemenzeug viel Sämifchleder,
während in den anderen Staaten gröfstentheils fchwarzes, geglänztes Riemen-
werk verwendet wird. — Zu Torniftern werden mit Vorliebe Kalbfelle genommen,
und trotz vielfältiger Verfuche, diefes fo nothwendige Requifit aus Wachstuch,
wafferdichter Segelleinwand und anderen Stoffen zu erzeugen, ift man immer
wieder zum alten Material zurückgekehrt,
Die Sättel und Pfer degefchirre find, fo weit fie die Lederinduftrie
betreffen, fo ziemlich in allen Ländern gleich. Eine Ausnahme machen die oft
prachtvoll ausgefchmückten Sättel des Orientes mitihren hohen Rückenlehnen,
und die ungemein fchweren, mit Metallverzierung überladenen brafiliani-
fchen Sättel, an welchen der lederne Laffo befeftigt ift, der auch in den Kämpfen
des letzten paraguaytifchen Krieges eine ziemlich bedeutende Rolle gefpielt
hat. Im Allgemeinen dominirt das fchwarze Blankleder für Gefchirre, das
gebeizte Rohleder für-Sättel. Letzteres ft im deu tfchen Reich auch für
die Befchirrung eingeführt, während die öfterreichifche Armee und Land-
wehr dasfelbe für die Patrontafchen und das Riemzeug der Rüftung verwen-
den. In die Geheimniffe der Conftrudion der verfchiedenen Gefchirre und
Kummete kann natürlich nicht eingegangen werden, genug dafs Leder dabei
die Hauptrolle fpielt, und fo der Contad der Lederinduftrie mit dem Heerwefen
auch hier nachgewiefen ift.
Der Kautfchuk, feit langem fchon'in Spitälern vielfach benützt, kam in
gröfseren Quantitäten erft mit Einführung der Kautfchukkapuzen in diredte Ver-
wendung bei der Truppe. Sonft bildet derfelbe ein eminentes technifches Hilfs-
mittel, welches in den mannigfachften Formen überall mit gröfstem Vortheil,
namentlich aber zu Kabel und Iolatoren benützt wird. Die Schweden verwenden
Kautfchuk bei ihrer Feldartillerie, indem die auf den Achfen der Lafetten ange-
brachten Sitze auf Puffern ruhen, welche aus
drei Kautfchukfcheiben und
dazwifchenliegenden Eifenplatten beftehen.