Das Heerwefen.
Die Gruppe VII:
Metallinduftrie
ift diejenige, welche für das Heerwefen am ftärkften in Anfpruch genommen ift,
denn fie liefert nichtnur alle Metallbeftandtheile überhaupt, fondern faft ausfchliefs-
lich die ganze Bewaffnung. Es bietet fich hier eine faft erdrückende Ueberfülle des
Intereffanten und Wichtigen, und würde deffen auch nur oberflächliche Würdigung
den eng gefpannten Rahmen weit überfchreiten. Angefichts diefer wahrhaften
„embarras de richesses* mufs fich auf eine allgemeine Rundfchau befchränkt
verden, welche zunächft den Handwaffen gewidmet fei.
Diefes Genre war in allen Ländern reich vertreten. Hier als Trophäe zur
Ausfchmückung. dort als Meifterwerke der Waffentechnik! Von der mit zierlichem
Baftgeflecht künftlich an dem Stiel aus Eifenholz befeftigten fteinernen Streitaxt
des Cannibalenhäuptlings bis zum Ehrendamascener; vom Kris des Malayen,
dem Yatagan des Orientalen bis zur weltberühmten Toledoklinge waren alle
Gattungen Handwaffen vertreten, und boten fie in ihrerMehrzahl hochintereffante
Objedte zu cultur-hiftorifchen Studien. Was ift gegen die niederfchmetternde
Wirkung der heutigen Waffen die ausgeftellte Schutzwehr der Indier, Perfer und
anderer Völker!? Reminiscenzen an vergangene für fie wohl fchönere Zeiten;
Spielerei zur heiteren Zier geworden! Neben der als Schild verwendeten Schale
der Riefen-Schildkröte fah man kunftvoll cifelirte Metallichilde und Bruftharnifche
(bei Iidor Braun’s Söhne zu Schöndorf in Oberöfterreich) mit den Mahlen der
eftandenen Kugelproben, Helme mit Nackenfchutz aus Panzerringen, äufserft
unftvolle Panzerhemden, Bogen, Pfeile und die mannigfachften Gattungen von
Lanzen, an denen namentlich der Orient reich war.
Heute gilt es weniger Schutz zu bieten als vielmehr Trutz, und ging die
Vervollkommnung der Hand- mit jener der Feuerwaffen in ziemlich gleichem
Tempo. Vor Allem waren die Ausftellungen der Innerberger Gewer ke und
der öfterreichifchen Waffenfabriks -Gefellfchaft hervorragend,
welche eine äufserft reiche Collection der in der Armee üblichen Säbel, Bajonette,
Fafchinmeffer u.f.w. boten, und durch die Vorzüglichkeit der Fabricate allgemeine
Anerkennung fanden, welche auch der Wiener Firma „Thill’s Neffe* für die
in kaltem Zuftande gefchnittenen Säbelkörbe zu Theil wurde. In Deutfchland
brillirte neben anderen gröfseren Firmen das weltberühmte Solingen mit Klingen
aller Art, unter welchen fich namentlich die mattgebeizten bemerkbar machten.
Rufsland zeigte vorzügliche Armeewaffen, darunter als befonderes Kunftwerk
eine Stahlklinge mit eingelegter Perleninfchrift. Schweden hatte Klingen aus
Uchatiusftahl mit doppeltem Hohlfchliff und Rinnen längs des Rückens, dann ein
Dolchbajonett und ein auf einer Spirale auffitzendes Schulbajonett zum Fecht-
unterrichte ausgeftellt, während fich Belgien und Italien durch fehr fchöne
Stahlklingen in vorzüglicher Montirung auszeichneten; namentlich letzteres
brachte eine durchbrochen gearbeitete Säbelklinge, welche wohl nur als Probe
für die Güte des Stahles dienen follte. — Amerika, auch in der Waffentechnik
auf der Höhe der Zeit ftehend, brachte mehrere vorzügliche Klingen, darunter
folche, die, am Rücken fägenartig gezähnt, einft in der öfterreichifchen Armee
eingeführt waren, nun aber längft aufser Gebrauch gefetzt find, dann eine Specia-
lität in Geftalt eines Spatenbajonetts, deffen Stahlfcheide eventuell als Schaft
für einen am unteren Ende anzufchraubenden ftählernen Schaufeltheil verwendet
werden kann. Spanien hatte nebft Armeefäbel feine famofen Toledoklingen
fowohl vollendet, als auch in den verfchiedenen Stadien ihrer Erzeugung exponirt,
Dann war die Rüftung Don Juan d’Auftria’s, des berühmten Seehelden von
Lepanto, und der Helm Boadbil’s, des letzten Königs von Granada ausgeftellt,
der nebft den Reften der einft fo mächtigen Mauren im felben Jahre vernichtet
wurde, in welchem Chriftoph Columbus eine neue Welt entdeckte.
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