Das Heerwefen 15
tung, als dasfelbe während der viermonatlichen Belagerung von Paris mehr als
hundert Gefchütze, der Armee geliefert hatte, und das Material zu den Rohren
dem in den Staatsgiefsereien erzeugten an Güte in keiner Weife nachftand.
Belgien hatte ein Kanonenrohr und mehrere Garnituren von Phos-
phorbronze ausgeftell, welches Material trotz feiner vielen Vorzüge, zu
denen namentlich die grofse abfolute Feftigkeit (2384 gegen 1616 per Quadrat-
Centimeter der gewöhnlichen Bronze) gehört, gegen den Gufsftahl das Feld nicht
wird behaupten können,
Spanien und Griechenland hatten fehr fchöne Modelle ihrer Feld-
und Gebirgsartillerie gefendet, während Amerika das Modell eines jener Mon-
ftregefchütze ausgeftellt hatte, mit welchen das Küftenfort Foot in Maryland feit
1870 armirt ift, deffen Rohr 40.500 Wiener Pfund wiegt, und mit 8ı Pfund Pulver
ein Gefchofs von 365 Wiener Pfund auf 5000 Schritt Diftanz fchiefst. Intereffant
bei diefem Modell war die „niederdrückende Lafette“, welche trotz der riefigen
Dimenfionen nur 8 Mann zur Bedienung erfordert.
In England hatte Armftrong fehr reich ausgeftellt, und waren fowohl
Vorder- als Hinterlader, Feld- und fchweres Gefchütz vertreten, und zwar unter
letzteren ein der öfterreichifchen Regierung gehöriger gzölliger 300-Pfünder in
Feftungslafette. Intereffant, und für das an Colonien fo reich gefegnete Albion
[ehr zweckmäfsig, waren die Boot- und Landungsgefchütze, welche fich an der
Goldküfte trefilich bewährt haben. Von Vavaffeur war ein koloffales Vorderlade-
rohr mit eigenthümlich conftruirter Schiffslafette ausgeftellt; von Firth & Sons
Rohre aus Tiegelgufsftahl, welche, aus fchwedifchem Eifen erzeugt, nach vollen-
deter Bohrung nochmals geglüht, und in Oel gehärtet werden.
Rufslands Pavillon erfreute fich der allgemeinften Aufmerkfamkeit. Er
bot nächft Krupp die reichfte Auswahl, und war befonders durch den Umftand
hoch intereffant, dafs die dort ausgeftellt gewefenen Objedte durchweg Produdte
Rufslands waren, welches fich und feine Eifeninduftriefeit Einrichtung des Peters-
burger Arfenales und der Staatswerke von Perm und Oboukoff vom Auslande
vollftändig emancipirt hat. Die gewaltigen Hinterladekanonen, von denen das
zwölfzöllige Rohr mit Recht allfeitiges Staunen erregte, ohne Lafetten aufgeftellt,
waren im Allgemeinen den in Krupp’s Pavillon placirt gewefenenähnlich. Aufser-
dem fand befonderes Intereffe ein bronzenes Feldgefchütz auf eiferner Lafette
und hölzernen Rädern, eine auf vier Pferden verpackte Gebirgskanone, die
Modelle von Rohrfchnitten mit deutlicher Markirung der Metalllagerung, dann
eine monftröfe Transportirprotze und endlich ein taufend Centner wiegender
Ambos zum Dampfhammer.
Aus Deutfchland hatte die Danziger Actiengefellfchaft zwei Schiffs-
lafetten, die Augsburger Kanonengiefserei Bronzerohre; jene von Carlsruhe-
Gufsftahlrohre, endlich Berger & Comp. a. d. Ruhr mehrere Gufsftahlgefchütze
älterer und neuerer Conftruction ausgeftellt. Die Bochumer Werke imponirten
neben einer riefigen Schiffsfchraube, Mafchinwellen, Schienen und diverfen Pro-
jectilen mit vier Schiffs- und Feldgefchützen aus Gufsftahl.
Am Grofsartigften aber — eine wahre Krone — glänzte das Etabliffement
Krupp. Die in feinem Pavillon exponirten Mafchinentheile, Schienen, Träger,
Walzen und andern Proben höchft entwickelter Technik und Induftrie beweifen
die Berechtigung diefes Etabliffements als führendes der ganzen Welt In der
That liefert Krupp nach allen Welttheilen nicht allein Werkzeuge des Friedens,
fondern findes vorwiegend Krupp’fche Hinterladekanonen, welche in China und
Japan, in Brafilien und Chili, in Spanien und der Türkei, mit einem Worte über-
all die entfcheidende Inftanz bilden. — Krupp gebührt das Verdienft, die Eifen-
technik, namentlich die Behandlung des Gufsftahles, auf eine der Vollkommenheit
nahe Stufe gebracht und der Induftrie wie der Waffentechnik einen nie geahnten
Auffchwung gegeben zu haben. Neben Mafchintheilen aller Art war eine Collec-
tion der verfchiedenften Gefchütze als ein {fyftematifch geordnetes
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