Marinewefen. 5
gewichtslage gebracht, von felber immer wieder in feine aufrechte Lage zurück-
[chwingt. *
Ein Schiff it feft, wenn es unter dem Andrange der gröfsten Wellen
und des ftärkften Windes und unter dem Einfluffe all’ der vielen Schwingungen,
die es durchzumachen hat, weder Brüche oder Deformationen erleidet, noch im
Verbande feiner einzelnen Theile undicht oder gelockert wird.
Ein Schiff it richtig geladen, wenn die Ladung im Schiffsraume fo
vertheilt ift, dafs hiedurch die Stabilität und Schwingungsdauer des Schiffes
weder zu grofs noch zu klein wird, und das Verhältnifs feiner vorderen und
hinteren Eintauchung die Lenkbarkeit und Gefchwindigkeit des Schiffes nicht
beeinträchtigt.
Die Schiffs-Baukunft ift nun wohl dahin gelangt, dafs ein Schiff für die
Aufgabe, der es zu dienen hat, in jeder Beziehung vollkommen entfprechend
gebaut werden kann. Ein Schiff aber, das z. B. auf einem Teiche vollkommen
ficher und zweckmäfsig ift, wird auf einem Strome, wie die Donau, fchon bedenk-
lich und auf bewegter See unmöglich fein.
Ein Schiff, welches für Segelbetrieb oder die offene See leicht und fchlank
erfcheint, kann für Dampfbetrieb oder für ruhiges Gewäffer fchwerfällig und
unbrauchbar fein.
Ein Schiff, welches mit mäfsig hohen Borden, aber recht fchwimmfähig
gebaut, bei beftimmter, richtig vertheilter Ladung nachgiebig, leicht fich hebt und
mit Sicherheit über die Wogen gleitet, kann mit zu grofser oder falfch vertheilter
Ladung von Sturzwellen überfluthet werden.
Ein Schiff, deffen Schwerpunkt nach richtiger Ladung fo fituirt. ift, dafs
das Schiff in grofsen, fanften Schwingungen keine befondere Inanfpruchnahme
zu erleiden hat, kann dadurch, dafs man es zu ftabil geladen (z. B. bei Trans-
port von Eifenbahn-Schienen diefe zu tief unten im Schiffsraume gelagert hat),
[o kurz, rafch und heftig fchwingen, dafs der Verband (namentlich bei Holz-
fchiffen) gelockert und das Schiff leck wird oder feine Maften verliert.
Endlich mag ein Schiff, welches mit genügender Bemannung und Aus-
rüftung im Stande ift, rafch Havarien zu befeitigen und das Leckwaffer auszupum-
pen, gefahrlos fein, während dasfelbe Schiff in Ermanglung diefer Bedingungen
von den Wellen begraben werden kann.
Der Begriff der Seetüchtigkeit ift alfo ein relativer und hängt nicht
nur von der Bauart des Schiffes, fondern auch von der Art feiner Ver-
wendung ab.
* Zur Erklärung diefes Zurückfchwingens des Schiffes: Sei Fig. z die Querfedtion eines
Fig. 1. Fie. 2. Schiffes £ in aufrechter Lage ” S. der
Schiffs- Schwerpunkt, D der Schwer-
punkt der verdrängten Waffermaffe
} n oder Deplacement-Schwerpunkt. Der
' ‚ Schiffs-Schwerpunkt S ift der Angriffs-
: ’ punkt der Refultirenden, mit welcher
die Schwere das Schiff nach abwärts
zieht, der Deplacement-Schwerpunkt
D der Angriffspunkt der Refultiren-
den, mit welcher das Waffer das Schiff
nach aufwärts drängt. — Wenn, wie
in Fig. 7, D fenkrecht unter S liegt,
heben fich die beiden Kräfte auf und
das Schiff iftim Gleichgewichte.
Wird das Schiff, wie in Aig. 2,
geneigt, fo verrückt fich in Folge der
eigenthümlichen Form des Schiffes der
Deplacement-Schwerpunkt von D nach
D!" und drängt fonach die Refultirende
des Auftriebes des Waffers, die jetzt im neuen Deplacement-Schwerpunkt D ! ihren Angriffs.
punkt hat, das Schiff in die urfprüngliche Lage wieder zurück.