Full text: Das bürgerliche Wohnhaus (Heft 73)

   
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Das bürgerliche Wohnhaus. 1 
zu den rechts liegenden Wohn- und Schlafzimmern und zu dem links liegenden 
Sprechzimmer und der Küche vermittelt. Um Wohn- und Schlafzimmer zieht fich 
aufsen eine Veranda, unter der Küche liegt der Keller. Durch eine Thür in der 
Tiefe des Veftibuls gelangt man zum Abort und den Wirthfchaftsräumen. In der 
Nähe des Ausganges erhebt fich auch die Treppe zum oberen Stockwerke, welche 
gegenüber einem kleinen Vorzimmer mit Garderobe mündet. zu deffen beiden 
Seiten fich Schlafkammern befinden. 
Die Dimenfionen des Haufes betragen circa II Meter auf 15 Meter, woraus 
man die befcheidene Gröfse der Zimmer ermeffen kann. Eben defshalb mufs es 
bedenklich erfcheinen, dafs durch die breite Hausflur der Raum etwas ver- 
geudet erfcheint, was keineswegs durch die feparirten Eingänge zujedem einzelnen 
Zimmer aufgewogen werden kann. 
An den ausgeftellten Zeichnungen des Bremer Architektenvereines, 
beftehend aus zwölf Blättern mit einigen Unterabtheilungen und Grundriffe und 
Anfichten enthaltend, vom Arbeiterhaus angefangen bis zur Villa und dem ftädti- 
[chen Gefchäftshaus des Kaufherrn, konnte man die Stabilität und zugleich die 
Bewegung des Familienlebens einer beftimmten Bevölkerung erkennen. De: 
Bremer Kaufmann hat den Zug der vollftändigen Abgefchloffenheit feiner Häus- 
lichkeit bis heute noch bewahrt. Wir fehen auf all’ den ausgeftellten Zeichnungen 
das Haus vollftändig felbftftändig und zumeift durch einen Garten baldin gröfseren, 
bald in fehr befcheidenen Dimenfionen von dem Nachbarhaufe getrennt. Diefer 
Garten ift nicht nur die Quelle der Vergnügung und des Wohlbehagens der 
Familie, fondern auch dasMittel, felbft der einfachften Architektur einen gewiffen 
Schmuck, Frifche und Zierlichkeit zu verleihen. Bremen macht dadurch den Ein- 
druck, trotz des reichen und bewegten Lebens, einer fauberen, wohlhabenden 
und friedlichen Stadt. Und diefe Sauberkeit und diefer Friede tritt auch auf den 
Zeichnungen allenthalben hervor. ImInnern dagegen ift die alte Uebung, Freiheit 
und Selbftftändigkeit der einzelnen Familienmitglieder durch die Vertheilung des 
Raumes, zum Theil befeitigt. Das Leben ift eben gröfser und mächtiger geworden 
und die Kinder, felbft der Aeltefte und Erbe des Gefchäftes, leben nicht mehr 
durch lange Jahre im elterlichen Haufe, finden hier auch nicht mehr die volle 
Befriedigung der gefellfchaftlichen Beziehungen und ftreben darüber hinaus, ihr 
eigenes Heim zu begründen. Dadurch ift das Gefellfchafts- oder Familien- oder 
Wohnzimmer aus feinem alten Glanze und feiner bevorzugten Stellung verdrängt 
worden, die Zimmer der einzelnen Familienglieder nehmen jetzt einen gröfseren 
Raum ein und haben eine gröfsere Bedeutung errungen, ebenfo wie der Salon, 
der allenthalben der Schmuck des oberen Stockes in den durchwegs einftöckigen 
Häufern bildet. Die Dimenfionen find vielfach wechfelnd, je nachdem das bürger- 
liche Wohnhaus auch dem kaufmännifchen Gefchäfte Raum zu geben hat und 
engen fich natürlich bei den Arbeiterhäufern am bedeutendften ein. 
Aber das Syftem des Familienhaufes und der Gärten um das Haus geben 
den verfchiedenften Gebäuden einen gleichen Charakter. In Mitte der ariftokra- 
tifchen Kaufmannswelt gleicht die Architektur die Schroffheit der gefellfchaft- 
lichen Claffen aus und fucht durch den eigenen Befitz und das eigene Haus den 
freien Bürger zur Geltung zu bringen. 
Ein befonders fchwieriges Problem hat der Architekt EC. Luckow aus 
Schwerin zu löfen verfucht. Ein ziemlich grofser, aber der Form nach trapez- 
artiger, in Mitte einer gefchloffenen Häuferreihe liegender Bauplatz ift mit Haus 
und Wirthfchaftsräumen auszubauen. Die Schwierigkeit wird noch erhöht dadurch, 
dafs die fchmale Seite des unregelmäfsigen Bauplatzes nach der Strafse zu 
gelegen. Die Löfung ift infofern verfucht, als Küche, Speifekammer und Dientt- 
botenzimmer im Kellergefchofs untergebracht find. Im erhobenen Parterre befin- 
den fich die Wohnzimmer, im oberen Stocke, der vierZimmer geftattet, die Kinder- 
und Fremdenzimmer. 
   
     
   
    
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
   
   
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
   
  
   
   
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
   
 
	        
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