12 Dr. Carl Th. Richter.
verkehres, in Deutfchland, Frankreich, Belgien, dann in England und endlich in
dem reichen und arbeitstüchtigen Schw u hat die ee Induftrie die
Spuren einer eigenartigen, im engen finnigen Kreife des Haufes und der Familie
zur Geltung Den Arbeitsrichtung längft Nendsfngis nur in den mühfam
ern Reften der Arbeitsleiftungen a and wie fie die
Mufeen aufbewahrt haben, kann man das frühere Vorhandenfein derfelben
erkennen und aus manchem günftig fituirten Beifpiele ausgiebige Anregung A
die moderne Arbeit finden. Nur heute darf man nicht mehr an dem Banıne de
menfchlichen Arbeit, den die Dampfkraft in andern Boden verpflanzt und mit
regte fen kräftigt, die zierlichen Blüthen vergangenen, aber geiftig unä
materiellen engeren Dabeın fuchen. Wir haben ER e Gedanken fchon on
Raum gegeben N wollen hier nur manchen Bemerkungen b Jegegnen, welche
fehr tadelnd darauf hinwiefen, dafs gerade die reichften G uftrieftaaten Europas,
England, Frankreich, Deutfchland u. f. w., diefe Gruppe der Ausftellung nicht
befchickt haben.
Ganz anders fteht es mit jenen Staaten, in denen die Dampfkraft noch
nicht Millionen Spulen und Hunderttaufende von mechanifchen Webftühlen
bewegt, in denen noch nicht in klafterbreiten Zwifchenräumen die Erde aufgedeckt
und Kohle und Erz zu Tage gefördert werden. Auf diefe Staaten allein und ihre
Ausftellungen wollen wir noch in Kurzem zu fprechen kommen. Wir meinen
Schweden und Norwegen, Oeferre eich-Ungarn und Rufsland. Bei
den beiden erften Staaten waren es die von derfchwedifchen Ausfellun gSs-
commiffion in aufserordentlicher Volle ndung zur Ausftellung gebrachten re
naltrachten; faft noch bedeutender durch das a Leben, das ihnen
RR SIOnDIE: waren die nationalen Gruppen aus den flavifchen Gebieten der öfter-
"eichifch-ungarifchen Monarchie.
Hier erkannte man noch ganz deutlich, was einftens das Haus geleiftet,
und was es noch zu leiften im Stande. W eniger bei den Schweden, als bei den
ungarifch-flavifchen Volksftämmen, fand man eine Menge von Thongefchirren,
welche in ihrer einfachen Formgebung, in ihren kräftigen Farben und Zierrathen
dem Forfchenden in jedem einzelnen Stücke mancherlei zu lernen boten. Der
Hirte und Bauer, der hier feinen Bedarf an Gefchirren fich felbft erzeugt, hat in
hundertjähriger, gleich erhaltener Na ıchahmung Formen aufbew ahrt, welche die
geiftig arme Gene der Culturftaaten in mühfeligen und taftenden Ver-
fuchen bis heute nur in feltenen Fällen zu erreichen befäl iigt war. In den Nadel-
arbeiten wie Geweben begegnen wir bei den nordifchen San den und Norwe-
gern ebenfo wie bei den füdlichen Donauftfämmen vielfach der gleichen Arbeit
BR dem gleichen Mufter. Nicht die Culturgemeinfchaft der von Afien vordringen-
den heutigen europäifchen Bev ölkerung, fondern die gleiche Quelle der Erkennt-
nifs bietet dafür die genügendfte Erk] lärung. Der Faden, ob der einfache Lein-
faden oder glänzende Gold- und Silberfaden, ift wie die Nadel der nationalen
Stickerin, grob; die Stiche find es auch ebenfo wie der Stoff, auf welchen der
Schmuck der Stickerei aufgetragen wird. Aber allenthalben ift das Mufter dem
Zwecke des Gewandftückes und dem Bedarfe des Körpers, der ja mit die Form
des Kleides beftimmt, in fo finniger Weife angepafst, dafs die gröbfte Arbeit,
ebenfo wie die einfachfte, Zie rlichkeit und Reichthum gewinnt, wie uns diefs
felten bei den modernen Stakeketen, zumeift wenn fie mit dem Gewande in Ver-
bindung gebracht find, entgegentritt.
Da tritt bei der nationalen Nadelarbeit eine überaus glückliche Wahl
des Materiales, das die Stickerin verwendet. An fchwedifchen Nationaltrachten,
welche die fchwedifche Austftell ungscommiffion, ebenfo wie Freiherr Carl Bonte
ausgeftellt hatten, fah man, wie bei ungarifchen, flovakifchen und rumänifchen
Coftümen, Metallplättchen, Ringe und Kettchen fo glücklich verwendet, dafs es
dem reichften Schmucke des Gold und 1 Silberfehmiedes gleichkam. Wir brauchen
in der modernen Induftrie keineswe gs diefe Ueppigkeit und Sinnlichkeit, wie fie
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