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Dr. Carl-Lind.
Diefe Umftände, und überdiefs der ungenügende Raum von zwei, wenn
auch grofsen Sälen, geftatteten leider auch nicht, der Aufftellung ein beftimmtes
und ausfchliefsliches Princip zu Grunde zu legen. Doch durfte dem von vielen
Seiten ausgefprochenen, provinzial-patriotifchen, vielleicht etwas engherzigen
Wunfche, die Gegenftände nach Ländern aufzuftellen, als für das Comite
vor Allem mafsgebend, weil einem nur äufserlichen Grunde, wegen des dadurch
bedungenen Ausfchluffes jedes inneren, wiffenfchaftlichen Zufammenhanges
und der dadurch zu erwartenden aufserordentlichen Schwierigkeiten der Auf-
ftellung, auch nicht völlig entfprochen werden. Das Comit& fuchte vorerft,
wo möglich gleichartige und gleichzeitige Gegenftände in Gruppen zu ver-
einigen, und erft in zweiter Linie jenem Wunfche Rechnung zu tragen. Dadurch
wurde es möglich, in dem einen Saale in einem Kaften römifche und keltifche
Gegenftände, in einem Schreine vornehmlich Gegenftände romanifcher Kunft, in
einem anderen folche des gothifchen Stiles, in einem dritten der Renaiffance aufzu-
ftellen, meiftens durch Austfteller aus Nieder- und Oberöfterreich, Salzburg, Kärnten,
Krain, Tirol und Steiermark eingefendet, u.f. w., in dem anderen Saale konnte
man Gegenftände aus Mähren, Böhmen, Galizien und der Bukowina aufftellen.
Gegen Ende April konnte man bereits das Ergebnifs der Bemühungen des
Comites überblicken und erkennen, dafs das Zuftandekommen der Ausftellung
mittelalterlicher gewerblicher und Kunft-Produdte gefichert fei. Freilich wohl
fanden nicht nur die Schreiben und mündlichen Erfuchen faft allerorts günftige
Aufnahme, fondern es gefellten fich in einigen Ländern diefem Unternehmen
Männer zu, durch deren Unterftützung dasfelbe wefentlich gefördert wurde, fo für
Oberöfterreich der penfionirte k. k. Rittmeifter Winkler, für die Steiermark
Graf Heinrich Attems, insbefondere Dr. Beda Dudik für Mähren und der
Secretär des Prager Kunftvereines, Czermak für Böhmen, welche beide
letztgenannte Herren diefe Angelegenheit für die benannten Länder faft ausfchliefs-
lich durchführten.
Die Einfendungen begannen gegen Ende April und fchon am 3. Juni
konnte die Ausftellung eröffnet werden, die, wenn auch nicht mehr im Sinne des
erften Programmes eine Expofition des amateurs, fo doch eine der intereffanteften
Ausftellungen älterer Kunft- und gewerblicher Produdte bildete.
Leider betheiligten fich an diefer Ausftellung nicht alle Provinzen mit
gleich reger Theilnakme. Nur etliche Provincial-Mufeen, wenige Domcapitel,
dafür aber zahlreiche Klofter-Schatzkammern und etliche Kunftfreunde haben
ihre Koftbarkeiten bereitwillig eingefendet. Es bot fich dadurch eine Gele-
genheit, die kaum fo bald wieder kommen dürfte, an einem Punkte das vereinigt
zu fehen, was fich fonft an den verfchiedenften Orten des Kaiferftaates zerftreut
findet und mitunter nicht fehr leicht zugänglich itt.
Die Sammlungen des cisleithanifchen Oefterreich waren in zwei getrenn
ten Sälen des füdlichen Amateurpavillons aufgeftellt. Bei der Befprechung der
Gegenftände wollen wir weder der räumlichen Anordnung noch der Reihenfolge
des Kataloges folgen, fondern, um wo möglich dem Entwicklungsgange der Klein-
künfte zu entfprechen, die chronologifche Reihenfolge acceptiren.
Denkmale der vorhiftorifchen und claffıfchen Zeit.
Die vorhiftorifche Zeit repräfentirten mehrere vom Joanneum zu
Graz zur Ausftellung gebrachte Gegenftände. Wir fanden darunter einen fehr
eachtenswerthen Repräfentanten einer, wenn auch höchft primitiven und erft im
3eginne fich befindenden Kunftthätigkeit der Bewohner der Steiermark während
der fogenannten Broncezeit; es ift diefs der bei Strettweg nächft Judenburg im
Jahre 1851 gefundene Opferwagen, eigentlich das in Bronce ausgeführte circa
ı Fufs grofse Modell eines mit je einem Hirfchen vorne und rückwärts befpannten