Full text: Objecte der Kunst und Gewerbe früherer Zeiten (Heft 50)

  
22 Dr, Carl Lind: 
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nachgeahmt wurden. Die Gothik drang in alle Zweige der Kunft, wobei ihr 
zu ftatten kam, dafs fie fich in ihrer Anwendung aufserhalb der Architektur jedem 
beftehenden und noch fo eigenthümlichen Grundgedanken zu accomodiren fuchte. 
Werke der gothifchen Goldfec hmiede-Kunft. Wir wollen unfere 
der gothifchen Epoche mit den Producten 
Da if es wieder die Kirche, die uns für 
diefe Gruppe die gröfsten Koftbarkeiten liefert. Wir finden Reihen von Kelchen 
und Monftranzen, die alle mehr oder minder gelungen, diefen Stil repräfentiren. 
Wir nennen zuerfi den’ Kelch’ von Admont. : Derfelbe vereinigt in fich die 
Reminiscenzen des romanifchen Stiles und Vieles der Gothik. Auf der Fläche des 
ier ovale Medaillons mit Darftellungen aus dem Leben 
Chrifti angebracht, der Knauf ift ebenfalls noch rund, nur oben und unten etwas 
platt gedrückt und im Halbkreisbogen mit Thier- und Pflanzenbildungen geziert. 
Die Cuppa hat bereits die der Gothik charakterifirende, nach unten zugefpitzte 
Form. Ueber die Entftehungszeit (1350) bringt eine zunächft des Knaufes ange- 
brachte Infchrift Nachricht. Diefer Kelch, eine Ausnahme von der während 
des gothifchen Stiles allgemein angenommenen Form, liefert den Beweis, dafs 
felbft zur Zeit der Allmacht des gothifchen Stiles die Formen des früheren Stiles 
in der Kleinkunft noch nicht ganz vergeffen waren. 
Die allgemeine Form der Kelche der gothifchen Epoche charakterifirt fich 
durch den blattförmigen, meiftens fec ıstheiligen Fufs, durch polygonenNodus, der 
in der Spätgothik bisweilen bis zum Capellenbau fich erweitert und durch die nach 
unten fich verengende Trinkfchale, welch’ letztere Eigenfchaftfich in der Spätgothik 
ebenfalls abfchwächt, indem man zur Tulpenform überging. Die darauf verwendete 
Verzierung ift theils Email, meiftens durchfchimmerndes, bisweilen Stein- oder Glas- 
befatz, ferner reiche Filigranirung und Befatz von Reliefhiguren, die bisweilen in 
reicher Anzahl auf der Fufsplatte, namentlich aber am Nodus angebracht find. 
Als ausgezeichnet durch Emailfchmuck nennen wir jenen Kelch von 
Sd. Paul (XVI. Jahrhundert). Mit Filigranfchmuck als der hauptfächlichften Ver- 
zierung find ausgeftattet: Die beidenKelche ausEbenfurt(XVI. Jahrhundert) Ib bs 
(XVL.), S&. Leonhard (XVI.), vonKlofter StrahovundderGoldfchmiede- 
Genoffenfchaft in Prag, endlich nennen wir noch die einfachen Kelche von 
Judenburg (XVL), Oberdrnovitz (XV), Brünn, S&t. Jakobskirche (1478), 
Kunewald (XV.), S elowitz (XV. Jahrhundert) und die drei durch ihre gewal- 
tigenNoden, mit figuralem Schmucke eigenthümlichen Kelche des Tarnower 
Domes. Die Kirche zu Maria Saal hat einen fchön cifelirten Kelch von unge- 
wöhnlicher Gröfse mit eingravirten figuralifchen Darftellungen am Fufse und an 
der Cuppa ausgeftellt, der von Jörg Ungnad (1466) ftammt. 
Einen eigenthümlichen Kelch müffen wir hier erwähnen, es ift 
fogenannte Reifekelch aus Klofterneuburg, der wahrfcheinlich im XV. Jahr- 
hundert entftanden fein mag und die von uns befchriebene Form der gothifchen 
Kelche hat. Seine Beftimmung als Reifekelch charakterifirt fich dadurch, dafs 
er in drei Theile zerlegbar ift, die mittelft eines am Fufse befindlichen Zapfens 
in einander gefchraubt werden können. Die Mefskännchen find fo geformt, 
dafs fie der Fläche des Fufses aufgelegt werden können, worüber dann die 
Cuppa geftürzt wird. In die Höhlung des Fufses pafst die Hoftienkapfel und 
als letzter Abfchlufs dient die Patene. 
Um die Euchariftie würdig aufzubewahren, bediente man fich fchon in 
altchriftlicher und romanifcher Zeit gewifser verfchliefsbarer Gefäfse, von denen 
jedoch keines auf die Ausftellung gebracht wurde, wenn man nicht die fchon 
erwähnten taubenförmigen Gefäfse als Ciborien annehmen will. In der gothifchen 
hielten die Ciborien eine fchlanke, thurmartige Form und im Aufbau Glie- 
Ueberfchau von Kunftgegenfländen 
der Goldfchmiede-Kunft beginnen. 
noch runden Fufses find v 
diefs der 
Zeit er 
derung und Verzierung nach dem Charakter diefes 
derartige Gefäfse ; weitere drei Ciborien haben eine Form, die von den conventio- 
Stiles. Wir fanden vier 
     
   
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
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