Full text: Objecte der Kunst und Gewerbe früherer Zeiten (Heft 50)

   
  
  
    
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
Dr:Carl Lind. 
  
Ausführung äufserft edle und anziehende Marienftatuette des Prager Dom- 
fchatzes Die Madonna hält in eleganter Bewegung mit beiden Händen 
z 
I 
das auf dem linken Arme fitzende Kindlein und fcheint mit ihm im Zx 
gefpräch begriffen zu fein. Diefe wechfelfeitige Beziehung hat der Künftler f 
naiv und in lieblichfter Weife ohne allen Zwang zum Ausdrucke gebracht. Von 
grofser Schönheit und edler Durchführung ift die wellenförmig herabfliefsende 
Gewandung, noch frei von künftlichem Faltenwurf. Gleichwie das Piedeftal mit 
vergoldeten Rändern, welches als Reliquiar fich unten öffnet und mittelft eines 
Kryftalles die Befeftigung der Reliquie zuläfst, ebenfo find die Krönchen Zugaben 
des XV. Jahrhundertes. DieStatuette felbft, franzöfifche Arbeit, dürfte in der zweiten 
Hälfte des XIV. Jahrhundertes entftanden fein. 
Im XIV. undXV. Jahrhunderte wurden, befonders in Italien, zahlreiche zwei- 
und dreitheilige Klappaltärchen angefertigt, davon fich in den Alterthumsfamm- 
lungen noch immer viele Exemplare erhalten haben; auch auf der Ausftellung 
fanden fich einige derartige Schnitzereien, wie zwei Diptychen aus demStifte Klo- 
fterneuburg und eines aus dem Stifte Rain, beide dem XIV. Jahrhunderte 
angehörig, zwei Triptychen aus derfelben Zeit von den Stiften Set Plorıan 
und Neuklofter. Das fehöne Diptychon des Dr. Dudik gehört, abgefehen von 
der jüngeren Faffung, dem XV. Jahrhunderte an. Unter den vom Grafen Jaromir 
Czernin ausgeftellten Elfenbein-Täfelchen fand fich ebenfalls ein folches kleines 
Diptychonvor. Das Stift Rain fendete auch eine aus dem XIV. Jahrhunderte ftam- 
mende Elfenbein-Faffung eines Handfpiegels, auf der Rückfeite die Erftürmung 
n 
ei- 
hr 
einer Liebesburg, die in der bekannten Weife aber in reizender Auffaffung dar- 
geftellt ift. Wir fehen die Vorderfeite eines viereckigen Burgbaues, in der Mitte 
das mit Seitenbauten gefchützte Thor. Von allen Seiten wird das Bollwerk heftig 
beftürmt, aber auch nachdrücklich vertheidigt. Die Stürmenden find Ritter, die 
Vertheidiger Frauen, die Gefchoffe Blumen und Ringe. Die Compofition ift 
lebendig und malerifch. Merkwürdig war ein mit Elfenbein - Platten belegter 
Sattel aus dem XV. Jahrhunderte, Eigenthum des Grafen Franz Enzenberg in 
Innsbruck; die Platten find mit eingefchnittenen Infchriften auf Spruchbändern 
und mit Figuren geziert. Solche Sättel find höchtt felten, die Ambrafer Sammlung 
befitzt einen, das ungarifche Nationalmufeum zu Peft drei, davon einer in der 
ungarifchen Abtheilung ausgeftellt war. Von anderen Elfenbein-Arbeiten pro- 
faner Natur kamen noch vor zwei der im Mittelalter fo fehr beliebten Schmuck- 
käftchen, die häufig als Brautgefchenke verwendet wurden und defshalb meift 
mit Abbildungen von Liebespaaren verziert find. Ein folches kleineres Käftchen 
ftellte das Stift Vorau, einanderes gröfseres, fechseckiges das Stift Klofter- 
neuburg aus. 
Denkmale gothifcher Textilkunft. Die Stickerei des fpäteren 
Mittelalters wird durch zahlreiche Mefsgewänder vertreten. Wir nennen hievon 
das grünfammtene Mefskleid aus der ehemaligen Karthaufe in Geirach, das 
auf feiner Rückfeite mit fehr fchöner Flachftickerei in Kreuzform befetzt ift, dann 
die Prachtcafula der Abtei Braunau in Böhmen, die auf der Rückfeite mit einem 
auf Goldfond in farbiger Seide und mit Perlen geftickten Kreuze fammt Figuren- 
gruppe an deffen Fufse verziert if. Aus vielen Kirchen Mährens wurden Mefs 
kleider ausgeftellt, darunter die Cafulaaus der Domkirche zu Brünn und eine aus 
weifsem, gemuftertem Sammt mit aufgelegtem Kreuze und eine ähnlichevon grünem 
Sammt aus der Pfarrkirche zu Nicolsburg befonders bemerkbar erfchienen. Alle 
diefe Gewänder gehören theils in das XIV. und XV., theils XVI. Jahrhundert und 
haben natürlicherweife bereits den noch heute üblichen unfchönen Zufchnitt. 
Das bedeutendfte Werk der Textilkunft der gothifchen Epoche ift das 
Antipendium aus dem Salzburger Dome. Es ift ıı Fufs 3 Zoll lang, 3 Fufs 
hoch und gänzlich mit Stickereien überzogen. In zwei nach drei Reihen 
geordneten Feldern enthält es eben fo viele Darftellungen aus dem Leben des 
     
hab 
viel 
fich 
KA 
  
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.