48 Dr. Carl Lind.
Denkmale in neuerer Zeit auch jenfeits der Leitha mächtige Wurzeln gefchlagen
haben.
Wenngleich bei der Ausftellung diefer Gegenftände das Princip der chro-
nologifchen Folge gänzlich unbeachtet geblieben ift, und vor Allem das einer
Amateursausftellung der allein leitende Gedanke war, was zur Folge hatte, dafs
die verfchiedenen Sammlungen oder doch ihre Repräfentanten ungetrennt auf-
geftellt wurden, fo mufs man doch zugeftehen, dafs diefe Abtheilung mit befon-
derer Liebe und Sorgfalt geordnet wurde, und dem unermüdlichen Ordner
Dr.Henczelmann, aus deffen Feder auch der das ungarifche Ausftellungsmaterial
weitläufig behandelnde Katalog flammt, die verdiente Anerkennung nicht verfagt
werdenkann. Was aber die Anordnung der Gegenftände nach den Sammlungen
betrifft, fo hat gerade diefe Ausftellung bewiefen, dafs ein folches leitendes Princip
nicht anempfohlen werden darf.
Wir wollen bei Mufterung diefer Sammlung uns ebenfalls an die chrono-
logifche Folge halten.
Sehen wir daher zuerft nach den Gegenftländen der prähiftorifchen
Zeit. Wir fanden da unter Anderem ein eigenthümlichesSchmuckftück aus der
übrigens nur durch wenige Nummern vertretenen Steinzeit, eine foffile Schnecke,
aufsen mit kleinen Flufskiefeln befetzt. Ferner ift zu erwähnen die kleine Lehocz-
ky’fche Sammlung von intereffanten Fundftücken aus dem Beregher Comitate, ent-
haltend Ahlen, Nadeln, Pfeifenfpitzen etc. aus Obfidian, einem Stein, der am
Tokayer Berge gefunden wird.
Die Broncezeit ift vor Allem durch die Georg v. Rath’fche Sammlung, und
zwar in ausgezeichnetfter Weife vertreten. Nicht leicht dürfte fich eine Privat-
fammlung finden, die fo viele Denkmale aus diefer von uns durch Taufende von
Jahren entfernten Zeit aufzuweifen vermag, Es ift diefs eine Amateurfammlung im
vollen Sinne des Wortes. Um den Eindruck diefer eminenten Collection nicht abzu-
fchwächen, wurden die ihr einverleibten antiken, altchriftlichen, bizantinifchen und
mittelalterlichen Gegenftände nicht ausgefchieden, fondern vereint im felben Kaften
ausgeftellt. Von den mehr als 1000 prähiftorifchen Broncegegenftänden, fämmtlich
in Ungarn gefunden, nennen wir Bronceklumpen und mehrere unfertige Werk-
zeuge, ein Zeichen, dafs die Broncegegenftände nicht nur eingeführt wurden,
fondern dafs man auch im Lande felbft das Bronce zu erzeugen wufste; ferner
27 Palftabe, 37 Kelte, viele Meifsel, 30 vollkommene Spiralen, deren Zweck die
Wiffenfchaft bis heute noch nicht mit Sicherheit feftgeftellt hat; wo man fie in
Gräbern um die Hand- oder Fufsknochen gewunden fand, ftellen fie unzweifelhaft
Schmuck vor; übrigens befteht die Meinung, dafs fie als eine Art Geld dienten,
indem man Stücke abhieb, und den Verkäufern als. Bezahlung übergab; ferner
89 Fiebeln der verfchiedenften Formen, mehrere grofse Schwerter, zahlreiche
Hacken, Hämmer, Ringe, Nadeln, Sicheln u. f. w. Insbefondere mufs hervor-
gehoben werden, ein broncener Halsberg, von welcher Art (wahrfcheinlich einem
Rüftffücke) man überhaupt nur drei Exemplare kennt, die alle in Ungarn gefunden
wurden. Von unbekannter Verwendung find maffive Ringe, welche meiftens fechs
ftarke Köpfe an ihrer ganz gefchloffenen Peripherie haben. Etliche Gegenftände aus
der Broncezeit hatten auch die Mufeen zu Erlau und Klaufenburg ausgettellt.
An egyptifchen Denkmälern ift Ungarn zwar nicht reich, doch fanden fich
darunter einige Gegenftände von ganz exquifiter Natur; es find diefs eine Schüffel und
ein Weinkrug, von folcher Vollendung, dafs man fie als einzig in ihrer Art betrachten
kann: beide wurden in den zwanziger Jahren in Enyed, Oedenburger Comitat,
gefunden, und find jetzt Eigenthum des ungarifchen Nationalmufeums. Der Krug von
ziemlich bauchiger Form zeigt auf den Flächen feines Körpers den Aufzug
egyptifcher Gottheiten, in eingelegten Gold- und Silberftreifen ausgeführt. Oben
und unten Mäander- und Lorbeerblatt-Verzierungen und zunächft des Halfes eine
Reihe egyptifcher Symbole. Die mit einem Stiele verfehene Flachfchüffel ift ähn-
lich behandelt, doch minder gut erhalten; als Darftellung des vertieften Mittel-
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