Full text: Bildende Kunst der Gegenwart (Heft 75)

  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
92 Dr. Jofef Bayer. 
Wetterhorn* u. A. Noch wäre eine Gebirgslandfchaft von Aug. Berthoud in 
Interlaken mit der ergreifenden Staffage des todten Gemsjägers rühmend zu 
erwähnen ; unter den Aquarellen endlich die vorzüglichen italienifchen Anfichten: 
„Vico“, „Sorrent*, „Caftel Gandolfo“und „Campagna diRoma“ von Sal.Corrodi 
dem Vater. 
Von ruffifcher Malerei als Ausdruck einer felbftftändigen einheimifchen 
Schulentwicklung kann noch nicht die Rede fein, wie überhaupt nicht bei der 
Kunft der flavifchen Völker. Die nationale Prägung tritt wohl deutlich genug 
hervor, aber mehr nur ftofflich, in der Wahl und Auffaffung der Gegenftände, 
nicht der Form nach, als eigentlicher nationaler Kunftcharakter. Ein eifriges 
Streben gibt fich wohl durchaus kund: die Ruffen ftehen fo recht im Stadium 
des künftlerifchen Wollens, das fich freilich ungleichmäfsig äufsert, und bei einem 
fchwankenden, hie und da ins Naive und Rohe zurückfallenden Gefchmacke oft 
zu feltfamen artiftifchen Kunftgebungen führt. Gelehrigkeit und Anregfamkeit in 
Kunftfachen theilen die Ruffen mit den Polen, obgleich die letzteren ein noch 
höher entwickeltes, beweglicheres Kunftnaturell haben; in der artiftifchen Emi- 
gration in München, in Paris, in Brüffel gibt es immer wieder irgend ein eminentes 
polnifches Talent, das die Schule ziert und zugleich mit einem eigenthümlichen 
individuellen Zuge heraustritt. Wenn übrigens die Polen nicht vermeiden, über 
ihre politifche Theilung leidenfchaftliche Klage zu führen, fo wäre eine artiftifche 
Theilung Rufsland nach den Schulen, wo die einzelnen Künftler etwas gelernt, 
eine wahre Wohlthat, felbft für die eigene Selbfterkenntnifs und Orientirung der 
rufffcehen Kunft über fich felbft. Es bleibt nicht aus, dafs, wenn man Kunftwerke 
blos nach einem politifchen Begriffe vereint — wie diefs in dem rufffchen und 
bei uns ebenfo in dem ungarifchen Ausftellungslocale der Fall war — immer das 
ftoffliche Intereffe über das äfthetifche vorwiegen wird, das Dilettantifche fich 
dann ganz unbefangen neben das künttlerifch Gereiftere ftellt, felbft die fchul- 
fremde, wild aufgefchoffene Malerei zwifchendurch unter diefem oder jenem Vor- 
wande fich mit herzudrängen darf. Der Gefammteindruck wird unter folchen 
Umftänden nur ein beunruhigend bunter und verworrener fein, ja bei allem Vor- 
trefflichen, das der Einzelbetrachtung entgegentritt, im grofsen Ganzen — warum 
foll ich den harten, aber wahren Ausdruck zurückhalten? -— doch ein halb bar- 
barifches Ausfehen erhalten. Damit will ich der Anerkennung, die dem Einzelnen 
im vollen Mafse gebührt, nicht im Geringften entgegentreten. Was zunächft die 
hiftorifche Malerei betrifft, fo zeigen da die Ruffen völlig den ehrgeizigen 
Drang des Sturm- und Drangwefens in der Kunft, ganz direct auf die bedeuten- 
den, oder richtiger, auf die ungewöhnlichen Stoffe loszugehen, und je ungewöhn- 
licher und feltfamer diefe fein mögen, um fo beffer. H. J. Semiradky’s grofses 
Bild „Die Sünderin* nach Totstoi’s gleichnamigem Gedicht ift dafür gleich das 
bezeichnendfte Beifpiel. Ein Chriftus in fo fremdartiger Uebertragung aus dem 
Evangelifchen ins Ruffifch-Novelliftifche überfetzt, ihm gegenüber die Opernfigur 
der eleganten Sünderin, eine pikantere Magdalena in einem dramatifch gefpannten 
Moment — diefs Alles zufammenift eine harte Zumuthung für unfere Empfindung, 
die fich da kaum zurechtfinden kann. War es fchon ein Mifsgriff des Dichters, auf 
die evangelifche eine moderne Legende zu pfropfen, fo ift es ein noch gröfserer 
von Seite des Malers, fo etwas darzuftellen. Uebrigens hat Semiradsky, wenn man 
von dem Verhältniffe zum Gegenftande abfieht, ein coloriftifch glänzendes Bild 
geliefert; es befitzt etwas von dem modern franzöfifchen Reiz, ift von effectvoller, 
allerdings theatralifeher Anordnung der ganzen Scenerie und gefchickten Be- 
rechnung der malerifchen Wirkung des Sonnenlichtes auf die Mauerflächen und 
Figuren. Wafili Werefchtagin malte ein Stück drakonifcher Kirchenjuftiz aus 
der Zeit der ftrengften Zucht: Ein Mönch wird wegen feiner Habgier nach dem 
Strafurtheile Gregor’s des Grofsen mit feinem Geldbeutel lebendig begraben. 
Wieder ein ganz feltfames, ja grufeliges Thema, aber fehr gut gemalt und com- 
  
  
   
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