Full text: Bildende Kunst der Gegenwart (Heft 75)

    
    
  
    
   
   
   
  
  
  
  
  
   
    
   
  
   
  
   
   
  
  
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
  
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
  
   
  
   
   
  
  
    
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
  
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gearbeiteten Werke beruht aber zunächft fchon im Aufbau des Ganzen und dann 
in der für monumentale Objedte immerhin gefährlichen Zufammenttellung alle- 
gorifcher Figuren mit einem realen Hauptmotiv: „Ich will Frieden haben mit 
meinem Volke !* — Wenn wir in Coftüm und Porträt einen Mann erkennen, der 
leibhaftig mit uns gelebt hat und den wir in diefem Bilde ehren, wer berechtigt 
da vier koloffale, uns ganz fremd erfcheinende Geftalten am Fufse des Piedelttals, 
blos um der guten Eigenfchaften des Gefeierten willen die Aufmerkfamkeit von 
deffen Bilde abzulenken? Wenn Symbolik an einem Monumente eine Rolle fpielen 
foll, fo hat fie fich doch vor Allem dem Hauptobjecte unterzuordnen; en relief 
feien die Noten unter’'m Strich, die das Dargeftellte weiter commentiren, nur nicht 
in dominirender Vollplaftik, wie es in neueren Entwürfen überhaupt wieder beliebt 
zu werden fcheint. 
Anders verhält es fich wohl, wenn das Denkmal zum Ausdrucke umfaffen- 
der Ideen, zur Verkörperung des Abftradten dienen foll; da wird das Ganze zum 
Symbol der Begriffe und die Gliederung im Tektonifchen wird in der Definition 
des Grundgedankens fich dem geiftigen Zufammenhange nach zu entfalten haben. 
M.Wagmüller (München) hat mit feinem Entwurfe zu einem deutfchen National- 
denkmale (Kunfthalle) in diefer Art ein ganz geniales Werk geliefert; trotz der 
freien und flüchtigen Behandlung war die Skizze von der grofsartigften Wirkung; 
auch der „Entwurf zu einem monumentalen Brunnen“ zeigte von dem Talente 
des Künftlers in Bezug auf das harmonifche, effectvolle Aufbauen des Ganzen, wenn 
hiebei auch die etwas zumalerifche Behandlung der Formen fchon an das „Barocke“ 
erinnerte. Wie edel Wagmüller übrigens feine Arbeiten auch zu vollenden weifs, 
bezeugte feine reizvolle Broncegruppe „Das Mädchen mit derEidechfe“ und feine 
Marmorgruppe „Mädchen mit dem Kinde fpielend“. Durch beide Arbeiten ftreift 
ein zarter, humorvoller Zug, der mit feelenvollem Empfinden in der delicateften 
Formenbehandlung feinen lebendigen Ausdruck findet; dabei ift aber keineswegs 
in der Darftellung die Grenze des Plaftifchen überfchritten. Der Hauptrepräfentant 
der realiftifchen Plaftik, Reinhold Begas, war mit vier Werken vertreten (Kuntt- 
halle), unter welchen eine Copie (in Bronce) feiner bekannten Gruppe „Venus, 
Amor tröftend“* als das befte zu bezeichnen war. Der kleine zürnende Schelm, 
der gegen alle akademifche Regel feinem Unmuthe fo lebendig in der Geberde 
Ausdruck gibt, hat zur Zeit die Stiliften in nicht geringe Beftürzung verfetzt; die 
tröftende Venus, da fie als „Weib“ dargeftellt war, wurde ebenfo gefcholten, als 
ihr ungezogenes Söhnlein : die Welt fand aber unbehindert Gefallen an dem Werke, 
in welchem die gewohnten ftrengen Mythengeftalten auch einmal mit Fleifch und 
Blut, mit Seelen und Empfindungen dargeftellt waren. Der Olymp, welchen Begas 
uns in feiner Plaftik vorführt, ift freilich nicht der der Griechen: er: läfst die 
Götter in einer der Zeit entfprechenden Incarnation erfcheinen und benützt fie 
zum Ausdrucke feiner künftlerifehen Ideen. Wir werden von Begas nicht verlangen, 
dafs er tragifche Charaktere aus den Mythen herbeizieht; aber die naiven, an- 
muthigen Elemente werden in ihm ftets den talentvollften Ueberfetzer finden. In 
feinem „Mercur“ (Wefteingang der Kunfthalle) und einem kleineren Brunnen- 
figürchen ift es auffallend, wie Begas jeder hergebrachten akademifchen Actftellung 
abfichtlich aus dem Wege geht und in die Bewegung neue Motive zu legen fucht. 
Des Künftlers Marmorfigur „Badendes Mädchen“ war leider im Centralfaale vor 
Piloty’s Bild aufgeftellt, wo fie vom Publicum geradezu erdrückt wurde. Das an- 
muthige Werk war von früheren Ausftellungen her bekannt und beftätigte in allen 
Theilen nur wieder die bekannten Vorzüge des Meifters. 
Von feinen Nachfolgern hat M. Otto (Berlin) mit feiner Gruppe „Faun 
und Nymphe“ (füdlicher Eingang) einen ganz glücklichen Wurf gethan. Der 
itruppige Waldgott hat das zarte Wefen umklammert, ihm einen Kufs zu rauben; 
mit Energie aber wehrt fich die arme Bedrängte und nimmt keinen Anftand, dem 
Zudringlichen felbft etwas unzart in den Bart zu fahren Der natürliche Flufs der 
Linien, fowie der leichte realiftifche Vortrag im anatomifchen Relief machte die 
  
   
 
	        
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