Jofef Langl.
ftrade fitzt oder balancirt vielmehr ein Knabe und hält an einem Röhrchen eine
Seifenblafe (in Glas nachgebildet) empor, nach welcher ein zweiter, in rein fchwe-
bender Stellung an dem Poftamente emporkletternd, übermüthig die Hand aus-
ftreckt*! Arme und Füfse hingen dabei fo frei herum, das Ganze war fo luftig
gebaut, dafs man bei der vollendeten Ausführung über die Bravour des Meifsels
nur zu ftaunen vermochte. Ein ähnliches Virtuofenftück hatte übrigens auch
Branca in feinem „Traubendieb“ geliefert. A. Bezzola fchilderte einen
launenhaften „Modellino“; vergebens fchmeichelt eine junge Künftlerin ihrem
Amor-Modell, feine gewifs heitere Rolle weiter zu fpielen: der kleine Schelm
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{träubt fich gegen das langweilige Gefchäft in ganz köftlicher Geberde, die übri-
gens lebhaft an Begas’ „zürnenden Amor“ erinnerte.
Ganz im Dufte mittelalterlicher Romantik brachte C. Teffin unter der
Devife „La bocca mi baccio tutto tremante“ die Liebenden „Paolo und Fran-
cesca“ in Marmor zur Erfcheinung. „Il baccio“ wäre wohl der einfachere Titel
der Gruppe gewefen, an welcher übrigens das Arrangement in der Gewandung
manch hübfches Motiv bot.
Barzaghi führte uns an das Nilufer und liefs uns von der Tochter des
Pharao den kleinen Mofes im Binfenkörbchen präfentiren; die Geftalt war
reizend durchgeführt, nur drängte fich, wie an des Künftlers „Phryne“, das Sinn-
liche etwas auffällig in den Vordergrund, was wohl auch bei Imanuelle’s
„Mädchen im Bade“, dem „Schlaf der Unfchuld“ und der „Eva“ von Argenti
und fo manch Anderen mit berechueter Abficht der Fall war. Die Figur Ima-
nuelle’s hätte wohl der anatomifchen Gewiffenhaftigkeit nach, mit welcher das
betreffende Modell copirt war, beffer „die Frau im Bade“ heifsen follen. Barzaghi’s
„Eitle*, ein Kind, das fich im Schleppkleid probirt, erinnerte an Makart’s
Amoretten.
Bemerkenswerth ist, dafs mit dem vollendeten Realismus in der Form
auch die Compofition fich wenig um die plaftifchen Gefetze kümmert und darin
rein malerifch zu Werke gegangen wird. Wie abfichtlich fanden fich Werke, die
diefer Richtung angehörten, in der Vorhalle des nördlichen Amateur-Pavillons
ausgeftellt, von welchen wir Oldofredi’s „Chislehurst“, Napoleon, tief gebeugt
auf einem Lehnftuhle fitzend, und Larrochi’s (Profeffor in Siena) originelle
Gruppe „Tobias, eine Leiche beftattend“ erwähnen wollen; es begegnete wohl
zum erften Male in der Plastik, in dem Piedeftal einer Gruppe ein Grab gehauen
zu finden und darüber mit gefpreizten Füfsen eine Gefalt einen Leichnam an
einem Tuche in die Tiefe fenken zu fehen.
Das Werk befafs jedoch, befonders in den nackten Theilen, grofse Vor-
züge und war auch fonft, wenn man einmal der Möglichkeit der Darftellung zu-
Itimmte, fehr fchön aufgebaut. Nebenan ftand auch Oldofredi’s „Kriegsgenius“,
der vor feinen Werken zurückfchaudert; eine impofante Figur, die wohl fchon in
ihrer gemeinen Haltung (fitzend mit aufgefchlagenem Fufse) das rauhe Gefchäft
andeutete, in welchem mit jenen Werkzeugen hantirt wird, die zu ihren Füfsen
lagen.
Ob fich die Plaftik zur Erhöhung des Effedtes in einem Bildwerke
zweierlei Materiales bedienen darf, hat wohl fchon das Alterthum entfchieden,
und wird ja dieSchönheit von Phidias’ chriselephantinen Statuen von den Schrift-
ftellern über alle Mafsen gepriefen.
Calvi’s Büften des „Othello“ und der „Selica“ in Bronce und Marmor
waren als decorative Stücke gewifs von überrafchender Wirkung, mochte man
auch gegen „Büften mit Armen“ einiges Bedenken tragen.
Von den Genuefer Künftlern hatte Monteverde (früher in Rom) mit
feiner Gruppe „Jenner, am eigenen Kinde die Einimpfung verfuchend“ für den
Realismus einen kecken Trumpf ausgefpielt. Wer follte doch einen folch
profanen Vorwurf für eine lebensgrofse Gruppe in der Plaftik annehmbar
halten!
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