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Ö Dr. Jofef Bayer.
zunächft mit der Arbeit der Fauft, mit der Handhabung der Ruderftange ihre
Tage verbringen, ein naiver Idealismus aufblitzt und fich mit unmittelbarer finn-
licher Gewalt ihrer Gemüther bemächtigt. Einen nicht fo vollftändigen pädago-
gifchen Erfolg hat fchon jener junge Geiftliche bei feinem Religionsunterrichte. Es
find freilich römifche Rangen, die er in die Lehre nimmt; die heilige Stadt
erzeugt ein pfiffigeres Knabengefchlecht. Der erbauliche Einflufs des frommen
Lehrers reicht nur in die nächfte Nähe; weiter hinten emancipirt fich der knaben-
hafte Muthwille immer ungebundener, obgleich man den Burfchen dabei nicht im
Geringften gram werden kann. EinBild von feinftem pfychologifchen Reize ift die
Beichtfcene in der Sacriftei, wo eine junge Dame offenbar fehr verlegen und zer-
knirfcht einem geiftlichen Herrn entgegentritt, dem diefe Art von confidentiellen
Mittheilungen aus fchönem Munde nichts Neues zu fein fcheint; eine ganze kleine
Gefchichte liegt in dem Bilde, das fo köftlich aus der Beichte fchwatzt. Die
„Domherren im Chor“, die eben mit dem Rauchfaffe feierlich beräuchert werden,
find aber vor Allem ein Meifterftück feiner, fchlau beobachtender Charakterifik.
Eine bezeichnendere Elite höchft individueller clericaler Charakterköpfe aus der
höheren Hierarchie kann man nicht wieder beifammen fehen. Und bei alledem ift
der Maler keineswegs ein Satiriker; die fcharf angefchaute Wirklichkeit trägt
ihre leife Ironie in fich felbft, welche der Darfteller in dem fpiegeltreuen Bilde
auffängt, ohne fie mit Abficht zuzufchärfen. Man fühlt wohl den leichten, fchmun-
zelnden Zug heraus, mit dem er feine Geftalten im bezeichnenden Momente
erfafst und fixirt; aber nirgends überfchreitet feine helle und beftimmte Auffaffung
die Grenze der Objectivität. Und mit diefer Klarheit und fonnigen Weichheit der
malerifchen Anfchauung vereinigt fich eine durchgebildete Aquarelltechnik,
welche bei längerer Schau immer neuen Genufs gewährt.
Neben dem durchaus natürlichen Paffiny treten die forcirten, wenn auch
eoloriftifch fehr verdienftlichen Bilder Charles Herbfthoffer’s nicht in das
günftigfte Licht. Franzöfifcher Einflufs ift in der Wahl und Behandlung der
Gegenftände, wie in der auf einen finnlichen Farbenreiz berechneten Technik
wohl zu erkennen; wer aber im Sinne der Franzofen wagt und fpeculirt, mufs
noch kühner und refoluter wagen, um gleich ihnen eine blendende und finnbe-
thörende Wirkung zu erzielen. Eine Scene des tollften religiöfen Paroxismus, wie
die auf dem „Friedhof von St. Medard in Paris“ darzuftellen, ift fchon an fich ein
wunderlich gewähltes Thema; zudem erftarren hier die Aeufserungen des felt-
famen Wahnfinnes in blofse Attituden bei höchft fauberer coloriftifcher Behand-
lung, ftatt fich in eiu finnlich ergreifendes Bild von wirklicher, aufgewühlter
Leidenfchaftlichkeit aufzulöfen. Entblöfste Brüfte, herausgewälzte Augen und
halbunmögliche Stellungen allein thun es nicht. Die anderen, kleineren Bilder,
wie „Die Herausforderung“, „Eine Plünderungsfcene“, „Ein Duell“ erinnern
ftark an die franzöfifchen Rococomaler; es find doch eigentlich blofse manie-
rirte technifche Probleme ohne felbftändige Empfindung, die uns fofort kalt
laffen. Da wurde uns denn gleich wieder recht behaglich deutfch zu Muthe,
wenn wir neben diefer franzöfirenden Experimentalmalerei Kurzbauer's
wohlbekanntes Bild „Die ereilten Flüchtlinge“ aus unferer Belvederegallerie
betrachteten; das ift fo ganz ein mit liebenswürdiger Laune und fchalkhafter
Beobachtung vorgetragenes Gefchichtchen im allerbeften Sinne des Münchner
Genres. Es wäre zu bedauern, wenn die Wiener Genrekunft der Mode und
dem Luxus, fowie den Gelüften reicher Kunftliebhaber nachziehend, fich ihren
deutfchen Charakteı entwinden liefse, und auf der Suche nach dem Pikanten
dasjenige, was unferer Gemüthsart gemäfs ift, aus den Augen verlöre. Dann
würde die Nuditätenmalerei, die bereits lange im beften Zuge ift, bei uns
immer mehr um fich greifen, und jene Bacchantin, wie fie Felix nach franzö-
fifcher Manier ins Grüne gebettet, ihre immer zahlreichere nackte Camaraderie
finden; nebenbei würde die blofse Pikanterie, wie in der Schönen, die „auf
gefährlichen Wegen“ wandelt, von Jofef Fux, die gefchmackvolle breitcoloriftifche
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