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24 Dr. Jofef Bayer.
in contraftirende Beziehung geftellt. Die Compofition des Bildes redet überhaupt
keine andere Sprache, als die des Contraftes. Es ift diefs eines der wichtigften
Ausdrucksmittel der Kunft, aber er darf nicht allein für fich fprechen und mufs fich
einer höheren, zufammenfaffenden Wirkung unterordnen. Ich habe hier aus
meiner Empfindung heraus ziemlich viel gegen das Bild eingewendet, aber doch
wird man mir zugeftehen, dafs man nur mit dem wirklich Hervorragenden auch
im Widerfpruch fich fo eingehend befchäftigt. Es bezeichnet das ungemein wirk-
fame Bild jedenfalls einen Höhepunkt des coloriftifchen Vermögens der deutfchen
Malerei und hat auch fonft eine Rhythmik der Anordnung und einen harmonifchen
Flufs der Linien, wie man fie aufser Piloty bei den Meiftern der abfoluten Farbe
äufserft felten zu finden pflegt.
Die Stoffe die fonft aus derrömifchen Gefchichte gemalt zu werden pflegen, be-
wegenfichum Nero und die erftenChriften herum. DenErfterenhateben auch
Piloty feit jenem bekannten Bilde, wo er ihn nach dem Brande die Strafsen Roms
durchfchreiten läfst, unferen Ateliers näher gebracht und nun wird jener höchfte
Repräfentant des Cäfarenwahnfinns bald gemalt, bald poetifch dargeftellt wie von
Rob. Hammerling, bald gefpielt wie von Cav. Roffi. Die auffallende Vorliebe für
diefe Geftalt ift charakteriftifch für die extravaganten Kunftgelüfle unferer Zeit.
Unfere Coloriften verfteigen fich dabei nicht fo hoch: etwas Feuersbrunft, einige
Palaftdirnen und Luftknaben und allenfalls ein bischen Feuerfchein und Reflexe
auf weifsen, üppig nackten Leibern — das meinen fie, wäre im Ganzen recht gut
für die Farbe. Nicht völlig nach diefem Recepte, aber auch nicht höher gefafst ift
der „Nero“ von F. Keller in Carlsruhe. Der Tyrann kraut einer vor ihm fitzen-
den Dirne in den Haaren, während eine andere, hinter ihm ftehend, fich mit den
feinigen zu fchaffen gibt; fo fchaut er hinaus über das brennende Rom. Indefs
fpielt vorn ein nackter Burfche, der fo beiläufig an den Satyr Periboetes mahnt,
die Flöte. Im Ganzen ift wohl das Bild von vortrefflicher Haltung und energifch
wirkender Farbe. Den erften Chriften wendet fich wieder Alb. Bauer in Weimar
zu. Sein wohlbekanntes, vorzügliches Bild „Chriftliche Märtyrer werden von
ihren Angehörigen zum Begräbnifs abgeholt“ ift ein werthvoller Befitz der
Gallerie von Düffeldorf. Es hier noch näher zu befprechen, wäre überflüffig; nur
im rafchen Vorübergehen werfen wir noch einen Blick auf das mildfchöne Antlitz
des todten Chriftenmädchens, das eben aus der Arena getragen wird, um deffen
beruhigte Schmerzenszüge ein Himmelstraum von Verklärung und Seligkeit
fchimmert.
Die Maler der Gefchichts-Anekdote befchäftigen fich noch immer mit
Vorliebe mit dem Unglücke fürfllicherFrauen, fchielen aber bei allem fentimentalen
Antheile an demfelben zugleich nach der malerifchen Wirkung des Coftümes. Wenn
Folingsby, ein englifcher Künftler aus der Piloty’fchen Schule, eine Johanna
Gray mit warmer Empfindung malt, fo mag diefs aus dem nationalen Intereffe
gerechtfertigt fein. Herterich’s „Friedrich mit der gebiffenen Wange“ ift
dagegen ein Anekdotenbild im engften Sinne und findet fich auch als ein Stück
gemalter Hausgefchichte der Erneftinifchen Linie im Befitze des Herzogs von
Coburg. A. Treidler’s „Churfürftin Elifabeth, die heimlich das Abendmahl in
beiden Geftalten nimmt“, ein gut gemaltes Bild, führt uns wieder ebenfo in die
brandenburgifche Familiengefchichte hinüber. Seitdem Schiller im „Deutfchen
Mercur“ vom Jahre 1788 die Hiftorie von dem Frühftücke des Herzogs von Alba
auf dem Schloffe von Rudolftadt in fo lebendiger Weife erzählt hat, lugt die
Illuftrationsmaierei nach diefer Scene aus. Zweimal wurde die entfchloffene Gräfin
Katharina auf unferer Weltausftellung wieder verherrlicht, durch Fr. Wiede-
mann in München und Leop. Löffler in Wien. Nur beiläufig erwähne ich —
im Uebergang von dem blofen hiftorifchen Anekdotenbild zu dem bedeutfamer
erfafsten gefchichtlichen Genrebild — der beiden Darftellungen Luther’s in
feiner Familie, dann im Kreife der Reformationsgenoffen, mit der Bibelüber-
fetzung befchäftigt, von Spangenberg in Berlin. Es find recht wackere, in der
ni
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