z2 Dr. Jofef Bayer.
Landfchaftspoefie eine mehr nüchterne Auffaffung und Beobachtung, zu der fich
aber als Erfatz für das poetifche Stimmungselement malerifche Kraft und Wärme
des Vortrags gefellt: das fcheinen mir fo eigentlich die Grundzüge der belgifchen
Landfchaftsmalerei zu fein.
Von dem mäfsigen Berglande der Ardennen, aus dem die Studien ın den
Mappen der einheimifchen Maler nicht allzu zahlreich find (von Franz Keel-
hoff brachte z. B. die Ausftellung eine Anficht aus den Ardennen), fteigt fie
hinab in die Flächen an die Ufer der Maas, der Schelde und der Marne, um fich
dann behaglich in den Anblick der Stillwaffer am Strande zu verlieren.
Hier fraternifirt dann die Landfchaft mit der Marine. Das innere Land itt
durch die gemüthliche Dorfvedute, die Baumgruppen an den Flufsufern und die
Waldlandfchaft mit hell einfallendem Sonnenlicht vertreten; wie in der deutfchen
Landfchaft der Berg, fo prävalirt hier der Baum, für deffen durchfchienenes
Laubgrün die belgifche Palette die richtigen Farben bereit hält. Mit Vorliebe
verweilt die landfchaftliche Beobachtung in den „Kempen“, bei den malerifchen
Mühlen dafelbft (das ausnehmend fchöne Bild von dem bereits verftorbenen
Theodor Fourmois), ihren Wiefengründen mit Weidevieh und ihren Schaf-
hürden (Louis Robbe, Eugene Verboeckhoven), wo gelegentlich der Thier-
maler den Landfchafter ablöft. Dazu kommt die forgfältige Beobachtung von Luft
und Wolken, von Morgen- und Abendlicht und von Gewitterflimmung, wie in den
ganz vorzüglichen Bildern von Jean P. F. Lamoriniere.
Die belgifche Thiermalerei bewährte auch auf unferer Ausftellung ihren
erprobten Ruf. Jofef Stevens excellirte durch feine „Epifode aus dem Hunde-
markt in Paris“, von Verboeckhoven fahen wir wieder feine einft berühmten
Schafe, Jean de Haas brachte ein grofses Bild mit weidendem Rind. — Von
vorwiegend technifchem Intereffe, aber dabei in Rückficht auf frifche energifche
Färbung und die Wirkung der Perfpective meiftens von entfchiedenem Werth ifl
das belgifche Architekturbild und die Strafsenvedute; es feien in diefer Gattung
die vorzüglichen Sachen von J. Fr. Carabain, von Fr. Stroobant und Jean
B. Van Moer nur iin fummarifcher Würdigung erwähnt.
Italien-
Man hat den modernen Italienern häufig den Vorwurf gemacht, dafs die
Nachwirkungen ihrer grofsen Kunftvergangenheit in den Leiftungen der Gegen-
wart fo wenig hervortreten. Es hätte faft den Anfchein, als wäre diefs Alles nur
für die „Foreftieri“, die zugereiften Maler und ihre für Studien temporär gemie
theten Ateliers da. Diefer Vorwurf dürfte doch etwas einfeitig und ungerecht
fein. Einmal haben die Italiener da, wo fich von der Kunft wirklich erben läfst,
in der That diefes Erbe angetreten und bis in unfere Tage hinein verwerthet; fo
in der Ornamentik ihrer Kunftinduftrie, insbefondere ihrer fchönen Majoliken, wo
das edle und phantafievolle Ornament des Cinquecento noch immer feine heiteren
Ranken treibt. Vererben läfst fich in der Kunft eben nur das Ueberlieferungs-
fähige: beftimmte, im nationalen Kunftftile entwickelte Formen, die dann von
Hand zu Hand gehen, von Gefchlecht zu Gefchlecht übermittelt werden können.
Der grofse productive Zug gehört lediglich dem Zeitalter oder vollends nur der
eminenten Begabung des Einzelnen an. Die ganze italienifche Renaiffancemalerei,
von ihrem kräftereichen Aufgange bei den Quatrocentiften bis zu ihrem kräfte-
vergeudenden Niedergange in den Schnellmaler-Schulen der Spät-Neapolitaner
nach Art der Luca Giordano und Solimena ift ein völlig gefchloffener Lebensgang
der Kunft, grofsartig, aber doch dabei normal abgelaufen, dervon da an, wo er
fein natürliches Ende gefunden, fich nicht mehr fort- und nachleben läfst. Nach
dem fchon die Eklektiker mit ihren gelehrten akademifchen Principien, die letzten
Caracciften und letzten Römer fo ziemlich verthan hatten, kam noch ein in
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