Full text: Bildende Kunst der Gegenwart (Heft 75)

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zuge Mafaniello’s von Vincenzio Marinelli folgen wollen, fo wären wir 
nach diefer Seite hin mit den malerifchen Gefchichtsftudien der Italiener fo 
ziemlich fertig. 
An die Seite der eigentlichen Gefchichtsmalerei tritt eine erkleckliche 
Anzahl von Bildern, die fich damit begnügen, in der Vorführung bedeutfamer 
Einzelfiguren dem vaterländifchen Heroencult zu huldigen. Oft flehen oder fitzen 
diefe Geftalten blos in finnender Haltung da, ohne jede beftimmte Situation; fie 
werden ganz einfach vor den Pinfel citirt. Es ift diefs, ich möchte fagen, die 
malerifche Anwendung von der Redefigur der Apoftrophe. Da hätten wir in diefem 
Sinne einen fehr nachdenklichen „Machiavell“ von dem Mailänder Pier. Cel. 
Gilardi; zwei „Galilei’s“ von Ponz. Loverini aus Mailand und von Gius 
Boschetto aus Neapel; den ganz unausweichlichen „Dante“ wieder zweimal von 
Aug. Mazzia aus Mailand und Gius. Penfabene aus Palermo; weiter einen 
„Savonarola“ von Ign. Affanniund einen „ Torquato Tasso ‘ von Fort. Aureggi 
aus Mailand. Da wäre denn fo ziemlich der Kreis der populärften Geftalten aus 
der Ruhmeszeit Italiens beifammen; ihnen gefellt ieh noch ein „Alexander Volta“ 
zu, der in dem Bilde des Mailänders Rinaldi neuerdings die Entdeckung der 
Elektricität machen mufs. 
Mit Vorliebe verweilen die italienifchen Maler bei der Gefchichte des 
heimifchenKunft-und Literaturleben s, um da ihre Stoffe fich zu fuchen. 
Die literarifche, fowie die Künftleranekdote mufs wiederholt herhalten, um bald 
nach der pathetifchen Seite, bald in mehr genreartiger Auffaffung benützt zu 
werden. 
Auch da müffen wir uns mit einfacher Nennung begnügen. Hieher 
gehört z. B. Eug. Agneni’s „ Domenichino, der. vor feinem Nebenbuhler Ribera 
flieht“; Teob. Patini’s geiftreiches und charakteriftifches Bild, das uns das Atelier 
Salvator Rofa’s zeigt; „Die Tochter Tintoretto’s® von dem Mailänder Eleut. Pa- 
gliano; „Michel Angelo bei dem Urbinaten“ von dem Florentiner Preti und 
vielleicht noch einiges Andere diefer Art. Die literarifche Anekdote war in Enr 
Gamba’s (aus Turin) geiftreich heiterem Bilde aus Goldoni’s Leben im beften 
Sinne einer anziehenden genreartigen Auffaffung vertreten. Der berühmte Luftfpiel- 
dichter ergötzt fich, in einer Gondel vorüberfahrend, an einer Zankfcene von 
Marktweibern und weifs mit Kennerblick das komifche Motiv der Situation zu 
würdigen. Das Bild ift von fehr bezeichnender Charakteriftik, dabei fein, elegant 
colorirt und trefflich in der Haltung. Dain den Malergefchichten im Bilde meift viei 
Pathos und Sentimentalität verbraucht wird, fo war uns diefs erheiternde Stück 
„Wahrheit und Dichtung“ doppelt willkommen. 
Das Alterthum, fagenhaft wie gefchichtlich, hellenifch, aber häufiger 
noch römifch, liegt dem Intereffe der italienifchen Kunft noch immer nahe genug. 
Es regt fich noch ab und zu im Grunde des claffifchen Bodens und zwifchen den 
Ruinen fteigen die claffifchen Geftalten deutungsvoll empor. Das Befte im Mytho- 
logifchen fchien mir die „Sirenenfage“ von Ed. Dabono aus Neapel, ein 
wirklich poetifches Bild. In der Darftellung von Anakreon’s Tod von dem Nea- 
politaner Mich. Tedesco find namentlich die Frauengeftalten weder griechifch 
noch fchön; ein fahler, leichenhafter Ton fcheint fich von der Hauptgeftalt über 
das ganze Bild und die plötzlich erftarrende Heiterkeit feiner Gruppen zu ver- 
breiten. Es ift in der Stimmung gut intentionirt, aber nicht malerifch richtig aus- 
geführt. Gius. Sciuti aus Mailand brachte aufser einer „pompejanifchen Scene* 
einen „Pindar bei den olympifchen Spielen“. Das letztere Gemälde gibt in Anord 
nung und Haltung ein durchaus würdiges Bild einer feftlichen Verfammlung, aller 
dings nicht mit hinreichender Concentration des Vorganges. Dafs auch Frauen als 
Feftgenoffinen bei den olympifchen Spielen vorkommen, ift ein archäologifcher 
Schnitzer. Lebhafter als in Hellas geht es auf den Bildern in Rom her. Wir 
erhalten da ein Stück römifcher Gefchichte nach italienifcher Lesart und Inter- 
pretation Lod. Muffini aus Siena verfinnlicht uns das Capitel aus Sueton, das 
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