Full text: Der Pavillon des kleinen Kindes (Heft 1)

   
10 Dr. Ferdinand Stamm, 
Ausftattung eines Kinderbettes, einer Wiege und eines Wickeltifches mit der dazu 
gehörigen’Wäfche. Nach englifcher Art halten leichte aber dicke Wollftoffe das 
Kind trocken und warm. Im Uebrigen find die Wäfchftücke und Kleidchen des 
englifchen Kindes fo eingerichtet, dafs die Kleinen in der freien Be vegung der 
Glieder wenig gehindert werden. 
Die vollftändigfte Sammlung der Kinderwäfche war in dem fürflichen 
Kinderzimmer von der Wiener Hof-Wäfchehandlung des Herrn Carl Hofmann aus- 
geftellt. Sie war genau nach dem Stoff und in der Form angefertigt, wie fie an 
dem kaiferlichen Hofe in Wien für Ihre kaiferliche Hoheit die Erzherzogin 
Valerie im Gebrauch ift, und beftand wohl aus hundert verfchiedenen einzelnen 
Stücken, faft alle dutzendweife zum Wechfel eingerichtet: Bettwäfche und Leib- 
wäfche, Windeln, Leibbinden, Hemdchen, Brufllazzen, Hauben, Strümpfe, Leib- 
chen, Jäckchen, geftrickte und gehäckelte Schuhe, Röckchen, Kleidchen, Trag- 
mäntel. Diefe Wäfche, blühend weifs, geftickt und mit Spitzen gefchmückt, war 
eine wahre Augenluft für Mütter, welche die Ausftellung befuchten. 
Eine zweite Sammlung von Kindeswäfche und Kinderkleidern hatte Frau 
Augufte Friedberg aus Wien ausgeftellt. Sie erhielt die in der Form von Puppen- 
kleidchen gebräuchliche Wiener Kinderwäfche und Kleider und zwar für ein Kind 
noch in Wickelbettchen, dann für ein Kind, wenn es fitzen kann und ausgetragen 
wird, und endlich für ein Kind von einem bis zwei Jahren, das fchon laufen kann 
und ausgeführt wird. 
Nach dem Wiener Klima braucht das kleine Kind für den Sommer und den 
Winter eigene Kleider, und fo war denn auch eine Sommergarderobe und e!ne 
Wintergarderobe befonders ausgelegt. 
Man fieht daran, wie die Sorgfalt der liebenden Eltern hunderte Sachen 
und Sächelchen erfunden hat und bereit hält, um den vielerlei Bedürfniffen des 
Kindes in den erften Lebensjahren zu genügen. 
Il. Die Wiege und das Kinderbett. 
Das Kind kann von feiner Geburt an zwei bis drei Monate lang feinen 
Kopf nicht frei heben, noch weniger fich auch nur mit dem halben Leib aufrichten 
oder fitzen; es mufs liegen wie ein fchwer Erkrankter und daher ift für eine gute 
Lagerftätte zu forgen, wenn das Kind gedeihen foll. Auch mufs es gut eingehüllt 
fein, und braucht befonders zur kalten Jahreszeit für die erfte Pflege ein warmes 
Bettchen, denn die Haut ist noch zart, ein rauher Luftzug kann dem Kinde eine 
Krankheit bringen. Auch für einen guten Platz in der Stube, wo das Kind ruht, 
mufs geforgt fein, am beften Halbdunkel, denn ein greller Sonnenftrahl, der in 
den erften Lebenstagen in das offene Auge des Kindes fällt, kann es blind machen. 
Was ift nun die beffere Schlafftätte für ein Kind, die fchaukelnde Wiege oder die 
fefte Bettftatt? 
Die befte Schlafftätte des Kindes ift der Mutterfchofs. Auf den Armen, an 
der Bruft der Mutter ruht das Kind am füfseften, fchläft es am liebften und daher 
am ruhigften. 
Doch die Mutter mufs ihre Liebe unter die Kinder theilen, fie ift auch 
Hausfrau und mufs fich dem Säugling entziehen, um Andere noch zu beforgen und 
zu betreuen. 
Sie legt das eingefchlafene Kind in fein Bettchen. Damit diefes die fchau- 
kelnde Bewegung des Mutterarmes nachahme, hat der forgfame Vater die fchau- 
kelnde Wiege erfunden, und fie hat fich erprobt. 
Die befte Wiege ift jene, welche in ihrer leichten Bewegung dem fanften 
Wiegen des Mutterarmes am nächften kommt. 
Aerzte und Kinderfreunde haben manches gegen die Wiege eingewendet 
und finden das Wiegen der Kinder nachtheilig, weil es fchwindlich mache und 
betäube, und man ging in der Bekämpfung der Wiege fo weit, aus der täglich sich 
    
   
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
   
    
   
  
  
  
  
  
   
   
   
   
   
  
  
  
  
   
  
  
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