Full text: Der Pavillon des kleinen Kindes (Heft 1)

   
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Der Pavillon des kleinen Kindes. 12 
wiederholenden Betäubung eine Gefahr für die gefunde Ausbildung des Gehirnes 
abzuleiten und die fchaukelnde Wiege die Wiege des Blödfinnes zu nennen. 
Diefe ftrengen Tadler haben dabei fehlerhaft gebaute und übel behandelte 
Wiegen im Auge, die auf zwei ungleichen Bogen von kurzem Radius geftellten 
kleinen Wieg enkäften, welche bei der flarken holpernden Bewegung das ein- 
gewickelte oe fo heftig hin und her werfen, dafs man es wie den Odyffeus bei 
der Fahrt zwifchen der Scylla und Charybdis anbinden mufs, und die auf einen 
Erwachfenen, wenn er diefer Folter ausgefetzt würde, die Wirkung einer Seereife 
im Sturm haben würden. In solchen Wiegen wird das Kind erft ermüdet und 
betäubt, ehe es einfchläft, was gewifs nicht ohne Nachtheil ift. Allein eine gut 
gebaute Wiege mit sanfter Schwingung ahmt die Bewegung des Mutterarmes nach 
und ift für das Kind ebenfo wenig fchädlich wie diefer. 
Eine gegründete Einwendung gegen den Gebrauch fchaukelnder Wiegen 
kann man daraus nehmen, dafs Be en Gebrauch unnützer Weise Mühe und 
Zeit verfchwendet wird, ln die Kinder verwöhnt werden. Viele fchlafen erst 
ein, nachdem man fie längere Zeit fchaukelte und manche fchlafen nur so lange, 
als fie gefchaukelt werden. 
In dem Pavillon des kleinen Kindes und in den anderen Abtheilungen der 
verfchiedenen Länder waren viele Wiegen ausgelftellt, auch waren in Zeichnungen 
und Photographien Wiegen bildlich dargeftellt und man hatte die Ueberficht einer 
Ba ligen Reihe, die man in zwei Hauptgattungen eintheilen kann: in hän- 
gende nen fehende Wiegeı 
Zu ae hängenden Hahlen wir alle jene, an welchen der Korb oder das 
Kinderbett aufgehängt ift, und fich alfo um eine fefte Achfe bewegt. Es find das 
die Be und das aufgehängte Netz, dann die mit Zapfen i in den Zapfen- 
lagern des feften Geftelles oder fonft aufgehängten Wiegenkörbe oder Wiegen- 
käften. 
Zu diefer Gattung gehört die fchöne Wiege, welche in den fürftlichen Kin- 
derzimmern des Pavillons ausgeftellt war. 
Dann die mit Gold- und Silberbronce überzogenen eifernen Wiegen in der 
lifchen, franzöfifchen, öfterreichifchen und fpantfene en Abtheilung. 
In der Abtheilung von der Türkei war eine Bettftätte ausge teilt, welche aus 
einem Rahmen beftand, der flatt der Gurten mit einem Netze fee pannter Leder- 
riemen überzogen war. An der Seite diefer Bettftätte an dem Rahmen war der 
Wiegenkorb für das Kind aufgehängt. 
Im deutfchen Bauernhaufe aus Siebenbiir ‘gen fieht man den Wiegenkorb an 
langen Stricken von der hölzernen Biibenddckei herabhängen. 
Bei der anderen Art der Wiegen ruht der Korb oder der Wiegenkaften auf 
zwei Kreisbögen und fchaukelt pendelartig wie der Kahn auf dem Waffer. Die 
Bewegung fchaukelt das Kind abwechfelnd auf die linke und rechte Seite. 
Dasen abweichend ift die fchwedifche Wiege aus dem Gebiete von Darle- 
karlien eingerichtet. Hier find die Bögen, worauf die Wiege fteht, gleichlaufend 
mit der Lage des Kindes und beim Schaukeln heben fich abwechfelnd der Kopf 
und die a des Kindes. 
Die Wiegen der zweiten Art waren unter den deutfchen Kinder- Spielwaaren 
in vielen kleinen Modellen im Pavillon ausgeftellt und fie find wohl am meiften in 
Deutfchland verbreitet. 
Sie fchaukeln nur dann fanft und gei re ‘chlos, wenn der Wiegenfufs genau 
einen Kreisbogen bildet und die Wiege auf ebenem Fufsboden fteht. Wie fich 
—ı Gebrauch die Wi egenbögen ungleichförmig abnützen, oder der Boden uneben 
‚fo holpern und poltern fie und ftofsen das 
Die Hänge ewiegen verdienen daher den Vorzug. In der neueren Zeit macht 
man die Wiegengefte ie aus runden Eifenftäben and hängt einen Wiegenkorb, 
der gut ausge epols tert ift, an die Tragftangen, welcher das Rohr geflecht ac 
ahmt. Man feizt die Tragflangen in einem Bogen über den Tragkorb fort 
  
   
   
  
   
  
   
  
   
   
   
  
    
  
   
  
   
  
   
  
  
   
    
   
   
   
  
  
   
  
  
  
  
   
   
  
   
   
  
   
  
  
  
  
   
    
    
   
   
  
  
  
   
     
 
	        
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