Full text: Der Pavillon des kleinen Kindes (Heft 1)

     
  
  
   
  
   
  
  
  
   
  
  
   
    
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
   
   
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
   
   
   
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
    
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Der Pavillon des kleinen Kindes. 
Die Kinder-Spielwaaren. 
Das Spiel ift der Anfang der Arbeit. Die Kinderfpiele follen daher gepflegt 
und geleitet werden, denn bei einem zweckmäfsigen Spiele entwickelt das Kind 
feine Kräfte, feine Sinne und feinen Verftand. 
Die Kinder, welche gern und anhaltend fpielen, werden als Erwachfene 
gern und fleifsig arbeiten. An der Art wie ein Kind fpielt, kann man auf feine 
Naturanlagen fchliefsen, aus denen fich der Charakter entwickelt Die Eltern und 
Erzieher follen daher wohl Acht haben auf die Spiele ihrer Kinder und fie leiten, 
um ihre leiblichen Kräfte gleichmäfsig zu entwickeln, ihre Sinne auszubilden, den 
Verfland zu üben, fie an eine geregelte Thätigkeit zu gewöhnen und zu verftändiger 
Arbeit heranzuziehen. 
Arme Kinder fpielen mit den Dingen, wie fie ihnen die freie Natur auf dem 
Lande bietet: mit Sand und Steinchen, mit Blumen, Weidenruthen und Mufcheln. 
Ein Grashalm, einige Binfen genügen ihnen. 
Können fie ein Meffer handhaben und fchnitzen, dann machen die Kinder 
fich ihr Spielzeug in unerfchöpflicher Menge; meift ahmen fie das Handwerk oder 
die Kunft ihres Vaters nach: der Sohn des Tifchlers fchnitzt Bänke, Seffel und 
Tifche, der Müllersfohn baut Wafferräder, der Sohn des Bildhauers fchnitzt Thiere 
erft aus Krautftrünken und Rüben, dann aus Holz, der Fuhrmannsfohn baut aller- 
lei Wägen, Futterkrippen und andere Stallgeräthe. Die Eltern follen diefe Ver- 
fuche begünftigen und nicht ängftlich dem Kinde das Schnitzmeffer aus der Hand 
nehmen, wenn es auch fich einmal in den Finger fchneidet, es lernt nur mit Wun- 
den fchnitzen, wie es nur mit Fallen gehen lernte; hat es aber in der Kindheit 
Luft und Gefchick zum Schnitzen und Bauen, fo wird es fpäter „praktifch“ werden. 
Die Mädchen armer Leute greifen am erften nach den Blumen als Spiel- 
zeug und binden fie zu einem Straufs oder Kranz. Hier foll die Mutter in der 
früheften Jugend ihr Töchterlein auf die Farben aufmerkfam machen, fie nennen 
und ihr zeigen, welche Farben im Kranze zufammenftimmen und welche nicht. 
Der aufserordentliche Nutzen davon wird fich fpäter zeigen, wenn das Kind mit 
der Puppe fpielt und fie kleidet, und noch fpäter, wenn die Tochter in die Schule 
geht und Nähen und Sticken lernt und Farben auswählen foll. 
Für die Kinder wohlhabender Leute und namentlich für alle Kinder in den 
Städten, denen die Natur ihre grofse Spielwaaren-Bude verfchliefst, forgt derMarkt 
der Kinder-Spielwaaren. 
Viele Handwerke betheiligen sich an ihrer Erzeugung: Schneiderund Schuh- 
macher, welche Puppenkleider machen, Porzellanfabriken, welche Puppenköpfe 
erzeugen, Lederarbeiter für Puppenglieder, Drechsler, Tifchler, Glafer, Zinngiefser, 
Spängler, Töpfer, Wagner, Mufik-Inflrumentenmacher, Buchbinder u. f. w. 
Auch Fabriken find für die Erzeugung von allerhand Kinder-Spielwaaren 
entftanden wie zu Nürnberg und Sonnenberg in Deutfchland, Oberleitensdorf in 
Böhmen, ferner in den meiften Hauptflädten. Der Handel mit Spielwaaren ift ein 
fehr ausgebreiteter. Europa exportiıt maffenhaft über die See. Die Stücke zu 
einem Kreuzer, die Pfennig- und Pennywaare ift am reichften vertreten; es gibt 
aber auch in diefen Waaren viel Luxus und manche Puppe und manche Puppen- 
equipage koftet wohl hundert Gulden. Ueberblickte man die Spielwaaren, wie fie 
in dem grofsen Saale des Kinderpavillons ausgelegt waren, fo konnte man glau- 
ben, man betrachte den Weltmarkt durch eine Concavlinfe, und fie erfcheine ver- 
kleinert, in Miniatur. Alles wird zur Spielwaare, der Wagen, das Pferd, der Krug 
und das Haus, wenn man es in einem Modelle darftellt, das drei, zehn und hun- 
dert Mal kleiner ift als in der Naturgröfse. 
Es gibt aber auch Spielzeug im engeren Sinne, dahin gehört das Stecken- 
pferd, der Ball, der Springreif, der Kreifel. 
  
  
  
  
  
 
	        
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