Full text: Der Pavillon des kleinen Kindes (Heft 1)

    
  
  
  
   
  
   
   
  
    
   
   
   
   
   
  
  
  
   
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
   
  
     
   
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
Dr. Ferdinand Stamm. 
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11 IV. Der erfte Unterricht des Kindes im Haufe. gelac 
ill hl Samı 
I Ih] | Der reichlich den Kindern, befonders in Städten, gebotene Anfchauungs: auf < 
unterricht inModellen und Bildern und bei ihren Spielen entwickelt die Verftandes- für 
| | thätigkeit fo frühzeitig, dafs die Kinder faft von felbft nach dem Unterricht im Reic 
1 | Lefen, Schreiben und Rechnen verlangen, ehe fie die Jahre haben, welche für die 
IN) Aufnahme in die Volksfchule gefordert werden. gefo 
|| | Wie weit man den Kindern hierbei entgegenkommt, zeigte die Ausftellung in de 
in dem Pavillon des kleinen Kindes. Pavi 
| Wir haben fchon die Winternitz’fchen Lehrfpiele angeführt, welche für das hand 
I Kind vom vierten Jahre an beftimmt find. Samı 
II Auch die Chinefen beginnen den Unterricht im Lefen, der zugleich mit geft: 
dem Schreiben verbunden ift im vierten Lebensjahre des Kindes. Ihr ganzer 
Sprachfchatz befteht aus 450 einfilbigen Wörtern, die aber durch verfchiedene 
Betonung bis zu 1203 Wortlauten anwachfen. Aber auch dasfelbe Wort genau 
auf diefelbe Weife ausgefprochen, hat noch verfchiedene Bedeutungen, oft bis 
vierzig, daher die Erlernung der Sprache grofse Schwierigkeit bietet. Die Schrift, 
welche diefe Sprache fefthält, befteht nicht aus Buchftaben oder Lautzeichen. 
fondern aus Zeichen oder Bildern für die grofse Zahl von Woıten und Begriffen, 
deren es über 40:000 gibt. Indeffen dienen 214 ausgewählte Wortzeichen oder 
Schlüffel zur Erklärung der anderen. Das chinefifche Kind lernt alfo mit dem 
13 Schreiben zugleich lefen und Begriffe bilden oder denken. 
Wie die ausgeftellten Kinderbücher zeigen, beginnen fie damit im vierten 
Lebensjahre und für jedes Jahr wird ihnen eine gröfsere Anzahl Schriftzeichen 
zum Erlernen zugetheilt. Die Ausftellung zeigte diefe erweiterten Unterrichts- 
bücher in fechs Jahrgängen. 
Auf den Schreibblättern fteht das Schriftzeichen vorgedruckt und gleich 
Kl daneben der leere Raum, um die Züge nachzuahmen. 
Die Japanefen haben eine Buchflabenfchrift von 48 Zeichen. Auch fie 
beginnen den Unterricht der Kinder frühzeitig und wie die ausgeftellten erften 
\ Schreibevorlagen andeuten, fo ift das Zeichen am Anfınge des Blattes voll aus- 
gefchrieben oder, da fie einen Pinfel dabei gebrauchen, ausgemalt, daneben fteht 
nun das Zeichen noch zwanzig Mal in Conturen und das Kind. mufs diefe Con- 
turen ausfüllen. Es wird dadurch an die genauefte Ausführung der Zeichen 
gewöhnt, was bei der grofsen Anzahl derfelben nothwendig it. 
Die Kinderbücher der Japanefen find reich mit Zeichnungen und Bildern 
gefchmückt. Es war eine illuftrirte Gefchichte Japan’s, dann des Nachbarreiches, 
China’s, ferner ein Gefchichtsbuch mit dreifsig hiftorifchen Landkarten, welche 
die jeweiligen Grenzen des Reiches und deffen innere Eintheilung in verfchiedenen 
IN Zeiten zeigten, ausgeftellt. 
Wandtafeln mit naturgefchichtlichen Abbildungen und Scenen aus der 
Gefchichte oder dem Volksleben fchmückten die japanefifche Kinderftube. 
Am reichften ift unftreitig die Zahl der Kinderbücher des deutfchen Volkes. 
| Für das zartefte Alter hat man Abcbücher, Fibeln und Schriften, welche 
das Lefen, Schreiben und Rechnen leicht und als Lernen überhaupt angenehm 
machen follen. 
Diefe Bücher find meiftens mit Bildern ausgeftattet, um das kleine Kind von 
| dem Anfchauungsunterricht zu den Zeichen der B«chftaben und Zahlen überzu- 
führen und das Lefen vorzubereiten. 
Für jedes Alter, für jedes der beiden Gefchlechter, für die Kinder der ver- 
fshiedenen Stände ift durch zahlreiche Abebücher geforgt. 
Nächft den Deutfchen haben die Engländer und Franzofen die meiften 
4 Bücher für den erften Unterricht der Kinder bis in das zartefte Lebensalter herab. 
  
	        
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