Full text: Der Schreibunterricht (Heft 27)

   
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Der Schreibunterricht. 
Rufsland. 
Von den grofsen focialen Reformen, die der edle und humane Fürft, welcher 
die Schickfale Rufslands in feinen Händen trägt, fo durchgreifend inaugurirte, 
hätte keine andere als eben die XXVI. Gruppe fchlagendere Beweife liefern 
können, wenn die mafsgebenden Factoren des Czarenreiches es nicht vorgezogen 
hätten, gerade die Gruppe für Erziehung und Unterricht fo fpärlich auf unferer 
Weltausftellung figuriren zu laffen. Freilich würde Derjenige fich fehr täufchen, 
der von den dürftigen Objecten, die er in diefer Gruppe fand, auf das Culturleben 
inRufsland zurückfchliefsen wollte, denn unftreitig gehen dieWogen derVolksbildung 
feit der grofsen Bauernemancipation höher und tiefer als jemals früher. Immerhin 
bleibt es bedauerlich, dafs diefe Gruppe nicht reicher bedacht wurde. Was 
fpeciell vom formalen Schreibunterrichte da war, befchränkte fich auf fchriftliche 
Arbeiten von Militärinftituten und einer Methode zum Schön- und Schnellfchreiben 
von Moriz Barenzevitfch aus Moskau, einem mit Gefchmack und Sachkenntnifs 
der modernen Schnellfchrift zweckmäfsig geordneten Behelfe zum Schreib- 
unterrichte. 
An Schulbänken fand fich ein recht gediegenes Modell, aber nur en miniatur 
ausgeftellt. 
Vortreffliche Tinten exponirten Lankowsky & Licop aus Mittau in 
Kurland, ferner F. Keltfchesk y aus Moskau und A. Efersky aus Odeffa. 
Die Papierfabrication wies recht gute Fabricate, aus allerhand Rohftoffen 
gefertigt, auf. 
Rumänien. 
Die Ausbeute, welche die Unterrichtsgruppe diefes jungen Staates dem 
Referenten ergibt, fteht in keinem Verhältniffe zur Einwohnerzahl, noch zu der 
natürlichen Ergiebigkeit und Flächenausdehnung .des Landes. Berückfichtigt man 
aber die Jahrhunderte lange politifche Verkommenheit und die gegenwärtige 
unruhige Gährung in dem halbcivilifirtten Lande, fo werden uns die guten Anfänge 
genügen, die um fo mehr eine gedeihliche geiftige Entwicklung verfprechen, als 
die meiften Wohlhabenden ihre Söhne ins Ausland ftudiren fchicken oder von 
Privatlehrern unterrichten laffen. Dafs die regierende Hohenzollern’fche Familie 
ihren Traditionen auch in Rumänien nicht untreu wird, beweifen die Unterrichts- 
und Erziehungsanftalten, die fich des befonderen Schutzes ihrer Hoheiten erfreuen. 
Der Schreibunterricht wird nach irgend einer alten Methode oder vielmehr 
Nichtmethode ertheilt und ift fehr einfeitig in feinen Refultaten. Sowohl Knaben 
als Mädchen in dem Afyl Elena, fowie im Panteleimon zeigen durch alle Claffen 
denfelben fteifen, unbeholfenen Strich, der zwar deutliche und leferliche, aber 
auch ftarre und langfam fchwerfällige Schriften gibt. Dasfelbe gilt von den fchrift- 
lichen Arbeiten der Handelsfchüler, foweit fie die Kalligraphie betreffen. Es fcheint 
übrigens viel Zeit und Mühe auf Capital- und Ornamentalfchriften verwendet zu 
werden, die den Unkundigen zwar blenden, aber den rationellen Pädagogen ganz 
kalt laffen, indem ihr Werthin gar keinem Verhältniffe fteht zum Zeitaufwand und 
der gedankenlofen Mache und Mühe. Die deutfchen Schriftproben haben etwas 
mehr Schwung und Geläufigkeit. 
Auch eine National-Stenographie lag zur Befichtigung auf, über deren Werth 
wir uns nicht ausfprechen, die aber ihre Aufgabe der Redefixirung eben fo gut 
entfprechen mag wie alle anderen mehr oder weniger bequemen Syfteme diefer 
Kunft auch. Schön ift ihre äufsere Form keinesfalls, aber darauf kommt’s bei der 
Stenographie auch gar nicht an. 
   
  
  
  
   
  
  
   
   
   
  
  
  
  
   
    
  
  
   
   
  
   
   
  
  
  
   
  
  
   
  
   
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
   
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
 
	        
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