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Der Zeichen- und Kunftunterricht.
Es ift unmöglich, hier die Leiftungen jeder einzelnen Anftalt zu befprechen,
da damit der geflattete Raum weit überfchritten werden müfste; es dürfte
übrigens zur allgemeinen Charakteriftik genügen, blofs das Bemerkenswerthe
zu berühren.
Im Freihand-Zeichnen wird allgemein mit den Herdtle’fchen Vorlageblättern,
herausgegeben von der königlichen Commiffon für die gewerblichen Fort-
bildungsfchulen, begonnen.
Das Werk hat fich durch feine Vorzüge auch in den meiften deutfchen und
öfterreichifchen Schulen eingebürgert, und wird damit im fyftematifchen Fort-
fchreiten von den geometrifchen Grundformen zum krummlinigen Ornamente,
befonders das Conturzeichnen gefchult; dabei aber Gelegenheit geboten, mit den
Schülern auch einfache Pinfelübungen im Anlegen mit der Far B£ Khan zu
können. Ift im Conturzeichnen eine gewiffe a in Bezug auf Auffaffung
und des Technifchen im Darftellen erreicht, fo wird anfangs nach roiskkrifchen
plaftifchen Körpern, dann aber fogleich zu Gypsornamenten vorgefchritten, und
zwar erft in Conturen und allmählig mit Schatten.
Zu diefem Zwecke wurde in der Modelliranftalt der königlich würtem-
bergifchen C entralftelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart eine Serie von mehr
als 400 Gypsmodellen angefertigt, die wieder in fuc defüye r Reihenfolge von den
geradlinigen Sorieniehn Formen ausgehen, dann aber von der eihfachken
Blattform fich zu reich entwickelten Oruänehten fortfetzen, welche in beftimmte
Räume componirt, zugleich die eventuelle praktifche Verwendung zeigen. Dem
Stile nach gehören die Motive faft ausfchliefslich der Renaiffance, wenige der
Gothik und älteren antiken Stilen an.
Zum Uebergang für das Naturblumen-Zeichnen wurden auch Abgüffe von
Pflanzen etc. in die Sammlung aufgenommen. Für das figurale Zeichnen { Anger fich
eine Collection von Abgüffen nach antiken Büften, Toren: Extremitäten, Reliefs
und kleinen Rundftatuetten; defsgleichen ift für das Studium der theoretifchen
Formen eine Serie von Modellen angereiht. Ein grofser Theil diefer ganz vor-
züglichen Sammlung war auch ausgeftellt und eine illuftrirte Preislifte derfelbeı
vorgelegt.
Die Zeichnungen nach Gyps werden in den Schulen durchwegs mit Kreide
oder Kohle auf w eifsem Papier ausgeführt, wobe ei der Ton bis zum höchften Ticht
en wird. Es ift diefe Menden beinahe in ganz Deutfchland üblich, obfchon
dabe die meifte Zeit verloren geht und das getonte Papier der Franzofen vor-
zuziehen wäre. Die Ausführung Je r Arbeiten war mitunter meifterhaft und konnte
nur die Geduld der Schüler beräcklert werden, wenn oft auch bei quadratfchuh-
grofsen Hintergründen der Ton minutiös ausgetüpfelt erfchien — freilich mit dem
gleichzeitigen Bedauern um die dafür verwendete Zeit. Das Uebermäfsigfte hierin
hat die Schule von Rottenburg geleiftet, wo bei grofsen Decorationsftücken für
Füllungen die ganze Grundfläche in ein gle ichmälsiges Korn gelegt war. Diefes
zu lange Verweilen an der Form überhaupt ift auch ei die Urläche, dafs in den
Schattentenen vielfach zu tief gegangen wird und wie in den baierifchefi Schulen
die gezeichneten Modelle nicht "mehr als Gyps, fondern im Tone der Bronce
erfche inen. Ein entfchiedenes Flächenanlegen mit weniger Ausführung ift für das
Formenftudium denn doch dem mühevollen, zeitraubenden Durchbilden vor-
zuziehen. Im Ornamente, welches immer einem beftimmten Rhythmus folgt, fällt
dann die Unficherheit in der Beherrfchung der Form weniger auf als im
fig nn Zeichnen, was fich auch in mancher der Schulen deutlich bemerkbar
achte.
Der fachliche Unterricht im Zeichnen richtet fich nach den örtlichen
Bern und wird an den meiften Anftalten auch imL inearzeichnen ganz Vor-
zügliches geleiftet. Wir führen zur näheren Beleuchtung des Z eh nuutesischtes
in den gewerblichen Fortbildungsfchulen Wi ürtembergs nur einige Anftalten mit
hren Leiftungen im Folgenden an:
En. u ges
m