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Der Zeichen- und Kunftunterricht. ol
zeichnen begonnen wird, an welchefich das Zeichnen von fchattirten Gebäuden und
Landfchaften anfchliefst. Weiter folgen dann „grofse Köpfe mit Kreide, Baum-
fchlag-Landfchaften, Thiere etc.“ — da ift wohl bei den talentirteften Schülern in
Zweifel zu ziehen, ob diefs Alles mit zwei wöchentlichen Lehrftunden auch erfolg-
reich betrieben wird! Nicht viel günftiger fteht es bezüglich der normirten Zeit
an den Realfchulen, wo das karge Plus an Stunden dann für das dafelbft weiter
durchzuführende Linearzeichnen zu verwenden ift. In Preufsen beftehen bekannt-
lich zwei Ordnungen von Realfchulen und aufserdem die höheren Bürgerfchulen,
welche den Realfchulen zweiter Ordnung ähnlich eingerichtet find.
Letztere Anftalten ftehen in wiffenfchaftlicher Beziehung unter denen erfter
Ordnung und wäre damit einer befferen Pflege des Zeichenunterrichtes wohl
Gelegenheit geboten. Aber auch an .diefen Anftalten hängt jeweilig Vieles von
der Einficht der betreffenden Rectoren ab, ob die Wichtigkeit diefes Gegenftandes
anerkannt wird.
Den allgemeinen Beftimmungen vom 15. October 1872 nach werden den
drei Claffen der Bürgerfchule je zwei Stunden für den Zeichenunterricht zuge-
theilt. Die bezüglichen Normen find jedoch fo „juridifch“ abgefafst, dafs es jeden-
falls den Fachmännern überlaffen bleiben mufs, fich das Befte für ihren Gegen-
ftand daraus zu deuten. Der Entwurf lautet: „(I. Stufe.) Linearzeichnen nach Vor-
zeichnungen des Lehrers an der Wandtafel unter Hinweifung auf die geometrifche
Grundlage derfelben. (II. Stufe.) Geometrifche Anfichten von einfach geftalteten
Gegenftänden nach gegebenem verjüngten oder erweiterten Mafsftabe; Copiren
einfach fchattirter Vorlegeblätter verfchiedener Art. (III. Stufe.) Elemente der
Perfpective; Zeichnen von Holzkörpern, Gypsmodellen und Naturgegenftänden;
Schattiren mit fchwarzer Kreide, Tufche und Sepia; Copiren ausgeführter Orna-
mente, Köpfe etc,
Die Klagen, welche fchon wiederholt von den höheren technifchen Schulen
in Preufsen verlauteten, dafs die aus den Mittelfchulen kommenden Eleven im
Linearzeichnen mangelhaft vorgebildet find, haben auch für das freie Zeichnen
ihre Geltung, nur wird mit demfelben eben von derMittelfchule aus kein weiterer
praktifcher Zweck verfolgt, ein idealer dem Stande der Dinge nach aber am
Wenigften erreicht. So ifolirt demnach der Gegenftand noch immer an den
preufsifchen Schulen dafteht und vorläufig hauptfächlich noch an der befchränkten
Zeit krankt, fo erfreulich ift die rege Thätigkeit der Zeichenlehrer, welche
befonders in den letzten Jahren unermüdlich darauf hinarbeiteten, ihren Gegen-
ftand zu der ihm gebührenden Geltung zu bringen. Diefelben haben den „Verein
zur Förderung des Zeichenunterrichtes“ gegründet, um durch ein gemeinfchaft-
liches Vorgehen in Bezug auf Methodik, Vorlagewerke etc. vorzugsweife im
Elementarunterrichte der Disciplin eine fichere Bafıs zu geben, durch zeitweilig
ftattindende Ausftellungen von Schülerarbeiten und das Zeichnen betreffenden
Lehrmitteln fich von dem Stande diefes Unterrichtszweiges Ueberzeugung zu ver-
fchaffen und eventuelle Neuerungen in Discuffion zu ziehen. Der Verein hatte
feinen „Comit&bericht“ über die letzte derartige Ausftellung, die in Berlin 1870
abgehalten wurde, vorgelegt und in der kritifchen Befprechung ein deutliches
Bild von dem Stande des Zeichnenunterrichtes in Nord-Deutfchland entworfen.
Da derfelbe von Fachmännern herrührt, fo mögen bei der folgenden Befprechung
einige Noten daraus hier ergänzen, was fich aus der Ausftellung 1873 eben durch
den Mangel an Schülerarbeiten nicht erfehen liefs.
In den „allgemeinen Beftimmungen vom 15. October 1872“ find den oberen
Volksfchul-Claffen ($. 13) wöchentlich zwei Zeichenftunden nebft zwei Stunden
Raumlehre, was wohl als Formenlehre aufzufaffen ift, zugewiefen. In der weiteren
Ausführung diefes Punktes ($. 30) heifst es dann: „In dem Zeichenunterrichte
find alle Kinder gleichzeitig und gleichmäfsig zu befchäftigen und beifteter Uebung
des Auges und der Hand dahin zu führen, dafs fie unter Anwendung von Lineal,
Mafs und Zirkel vorgezeichnete Figuren nach gegebenem verjüngten oder erwei-
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