Full text: Musikalische Lehrmittel und das musikalische Erziehungs- und Bildungswesen (Heft 8)

  
  
  
gendes vor: 
Rudolf Weinwurm. 
Das Regulativ für Realfchulen vom 2. Juli 1860 ichreibt im $. 94 Fol- 
„Alle Schüler find verpflichtet, am Gefangunterrichte theilzunehmen, 
foweit nicht aus gefundheitlichen Rückfichten, namentlich zur Zeit der 
Mutation der Stimme, mit Genehmigung des Directors und nach vorgängigem 
Gehör des Gefanglehrers eine zeitweilige Dispenfation davon eintritt. 
Derfelbe erftreckt fich in drei Abtheilungen auf wöchentlich eine Stunde 
Choralgefang und für die Anfänger auf eine Stunde Uebung im Notenlefen. 
Diejenigen, welche zum Chor gehören, haben überdiefs zwei Stunden 
Figuralgefang.‘‘ 
Das Regulativ für Gymnafien beflimmt im $. 76: 
‚Der Gefangunterricht wird zunächft allen Schülern zur Ausbil: 
dung ihrer Stimme, zur Erlernung der Kirchenmelodien für den kirchlichen 
Gebrauch, und zwar in den drei Unterclaffen in wöchentlich zwei, in allen 
übrigen Claffen in wöchentlich einer Stunde ertheilt. Von der Theilnahme 
an diefem Unterricht haben die Rectoren nach Vernehmung mit den 
Gefanglehrern nur die Schüler zu dispenfiren, deren Stimme mutirt, oder 
für die aus anderen Gründen nach ärztlichem Zeugniffe von der Theilnahme 
an diefem Unterrichte Nachtheile zu befürchten ftehen.“ 
Der Bekanntmachung des Cultusminifteriums vom TI}. Juni 1859, welche 
die Ordnung der evangelifchen Schullehrer-Seminare zum Gegen- 
hat, entnehmen wir folgende hiehergehörige Beftimmungen: 
„$. 36. Die nächfte Stelle unter den Unterrichtsgegenftänden (nach 
dem Religionsunterrichte) gebührt der mufikalifchen Ausbildung, weil die- 
felbe das andere Stück ift, was den Lehrer zum kirchlichen Dienfte befähigt 
und ihm zur Bildung und Erziehung feiner der chriftlichen Gemeinde zuwach- 
fenden Schulkinder für kirchliche und häusliche Andacht unentbehrlich, 
überdiefs auch ein wichtiges Mittel zu feiner eigenen Veredlung, zur Beför- 
derung feines Fortkommens und zur Befferung feiner äufseren Lage it. 
Es follen daher in Zukunft Jünglinge ohne alle mufikalifchen Naturanlagen 
überhaupt nicht und ausnahmsweife nur in dem Falle in das Seminar auf- 
genommen werden, wenn diefer Mangel durch andere wirklich ausgezeich- 
nete Gaben und Eigenfchaften für den Lehrerberuf einigermafsen aufgewogen 
wird und nur in diefem einzigen Falle follen in Zukunft Seminarzöglinge, 
und zwar nur nach eingeholter ausdrücklicher Genehmigung der Kreis 
direction, eine theilweife Dispenfation von der Theilnahme am vollftändigen 
mufikalifchen Unterrichte erlangen können. Alle Zöglinge aber, denen eine 
folche Dispenfation aus jenem einzig ftatthaften Grunde nicht zu Theil 
geworden ift, haben fich fowohl bei den Schulamts-Candidaten- als bei 
der Wahlfähigkeits-Prüfung auch der vollftändigen mufikalifchen Prüfung 
zu unterziehen.‘ 
„$. 37. Der mufikalifche Unterricht im Seminar umfafst die Unter- 
weifung feiner Zöglinge im Violinfpiel, Clavierfpiel, Orgelfpiel, Gefang und 
Generalbafs. Im Violinfpiel foll es jeder Seminarift bis zu der Fertigkeit 
bringen, die gangbarften Choräle und Schullieder rein und ausdrucksvoll, 
erftere womöglich auch auswendig, vorzutragen. Mit den fähigften Schülern 
mögen auch leichtere Duette und Quartette geübtwerden. Das Clavierfpiel 
foll, weil es der allgemeinen Mufikbildung, der Orgelfertigkeit, dem Gefange 
und der Generalbafs-Lehre zur wefehtlichen Förderung dient und aufserdem 
für nicht wenige Schulamts-Candidaten das einzige Mittel bleibt, die im 
Seminar erworbene Fertigkeit im Orgelfpiele fich zu bewahren, in jedem 
Seminar während der ganzen Bildungszeit eines Zöglings betrieben werden. 
Richtige technifche Behandlung des Inftrumentes, die Fertigkeit, gediegene 
Tonftücke von mäfsiger Schwierigkeit mit Ausdruck vorzutragen, Sinn und 
Gefchmack für claffifche Claviercompofitionen ernften Styles zu wecken 
      
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
	        
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