30 Rudolf Weinwurm.,
den künftlerifehen Standpunkt betonen und die Pflege desgemiichten Chores
als gleichberechtigtes Ziel der Volksbildung hinftellen. Diefen Standpunkt vertritt
mit Einficht und Entfchiedenheit insbefondere ]J. J. Schäublin, ein um die
nufikalifche Jugenderziehung in der Schweiz hochverdienter Mann, dee W erken
wir noch weiter unten begegnen werden, in feiner gleichfalls in der a
Abtheilung aufliegenden Brochure: „Ueber die Bildung des Volkes für Mufik und
durch Mufik*
Zwar hat man hier und da angefangen, in die Programme der Cantonsfefle
auch gemifchte Chöre aufzunehmen, und an mehreren er namentlich in den
gröfseren Städten, verbinden fich unter der Aegide der gleich unten zu befprechenden
Mufikvereine Frauen- und Männerchöre zur Pflege des gemifchten Sn s; deı
Männergefang dominirt aber bei allen fefllichen Gelegenheiten und allerorten in
einem feine künftlerifche Berechtigung weitausüberfteigendem Mafse. Auf welchem
inneren Eintheilungsgrunde die erwähnte Theilung diefes Gebietes in Kuntt-
und in Volksgefang beruht, vermag der Referent trotz genauer Durch-
ficht des vorfindlichen Melia nicht anzugeben, wir treffen im Gegentheile
in den ie made | ummern (z. B. Kreutzer’s „Kapelle* Madıe
fowohl unter der Rubrik Kunftgefang, als ein ander Mal unter der Rubrik
„Volksgefang“* vorkommen. Nebftbei zeigt aber die Durchficht diefer LHlefte
und die Durchficht der. Liederfammlungen, dafs felbft auf dem Gebiete des
Männergefanges in künftlerifcher Hinficht noch viel zu thun übrig bleibt. Man darf
lange blättern, um irgend einem claffifchen Namen zu begegnen; am häufigften
kommt noch Mendelsfo hn vor, Schubert und Schumann find höchtft
mangelhaft und auf eine Weife vertreten, die ihre Bedeutung für diefes Gebiet
nicht erkennen läfst. In den Liederfammlungen, deren einige noch weiter unten
zur Aufzählung gelangen, trifft man mufikalifche Sünden und Gef fchmacksverirrungen,
die fich allenfalls mit dem Mangel claffifcher Nummern auf diefem Gebiete entfchul-
digen, wohl aber r nicht sechtfern igen laffen. Was foll man z. B. fagen, wenn man in
einer der verbreitetften und { ehe diefer Sammlungen: „Volksgefänge
für den Männerchor, herausgegeben von einer Commiffion der Zürich’fchen
Schulfynode“ unter Nr. 50 und dem Titel: „Schwur freier Männer” den wunder
vollen Doppelchor „Bac chushymne* aus der Antigone von Men dels ne n,
a der G lanzpunkte diefes Werkes, in einer Geftalt und Faffung findet, die
ch kaum befchreiben läfst: ohne Beg gleitung; der Doppelchor auf einen ne,
reducirt; rhythmifche Aenderungen, die dem urfprünglichen Ductus widerftreiten;
das Tonftück blofs im erften Theile benützt und demnach aus einander geriffen
und fchliefslich ein Text unstergelegt, der von hellenifcher Schönheit und dit! ıyram-
bifchem Schwunge wohl gar nichts an {ich hat? Oder wenn in derfelben Sammlung
(Nr. 179) ein inftrumentales Variationenthema Beethoven’s als Männerchor
verarbeitet wird auf einen Text: „O Welt, du bift fo fchön“ ? Oder wenn man das
zauberduftige Lied Schuma ann’s: „Erftes Grün“ in einer Verballhornung für
Männerchor antrifft, entkleidet des geradez zu unentbehrlichen Reizes der Beglei-
tung? Oder wenn man in einer anderen Sammlung: „Neue Volksgefänge für den
Männerchor“ ı. Heft, Seite 51 den zweiten Satz aus der Sonate op. 90 von
Beethoven bis zur Unkenntlichkeit entftellt, als Männerchor unter dem Titel:
„Fahr wohl, du gold’ne Sonne“ findet? Derartige Beifpiele wären noch mehrere
anzuführen; fie zeigen aufs Deutlichfte die Gefahren, die dem mufikalifchen
Gefchmacke aus einfeitiger Kunftübung erwachfen.
Jener Bericht enthält auch die Nachweile über die Schweizer Mufik-
ereine, nach den vorerwähnten Rubriken abgefafst von Mufikdi iredtor Meth-
st 210; die Zahl der Mitglieder 0461;
v
f ef felin Bern. Ihre Gefammtzahl beträg
Vermögen 253.591Francs; Einnahmen 255.021 Rene Ausgaben 280.129 Francs,
die Gründung der meiften datirt aus den Jahren 1850 bis 1870 ; die älteften Vereine
i'iengefellfchaft in Rapperswyl
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d: Mufikcollegium in Winterthur (1629),
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