Full text: Das gewerbliche Unterrichtswesen (Heft 49)

     
   
    
  
  
   
  
  
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
   
   
  
  
   
  
  
  
  
  
    
GEWERBLICHE UNTERRICHTSWESEN. 
(Gruppe XXV], Section 4.) 
Bericht von 
ÄARMANDFREIHERRN VON DUMREICHER. 
Die Stellung des gewerblichen Unterrichtswefens im Culturleben 
der Gegenwart. 
Ausftellungen gewerblichen Unterrichtswefensbieten der Betrachtung dank- 
baren und überreichen Stoff, und von all’ den mannigfachen Gebieten indivi- 
duellen wie ftaatlichen Seins und Schaffens, welche in der Wiener Weltausftellung 
Vertretung gefunden, erfüllt nur wenige ein Inhalt, den eine fo ftarke Strömung 
der Zeit trägt; denn nie zuvor begegneten fich wie heute in den continentalen 
Induftrieftaaten die Gedanken des Nationalökonomen und des Staatspädagogen fo 
fehr auf gleichem Wege und ftrebten To bewufst dem Ziele nach, der Disherigen 
empirifchen und darum fchwanken Entwicklung des Gewerbewefens von nun an 
in der Schule einen feften Unterbau zu fchaffen. 
In folche Richtung hinein drängen gegenwärtig zahlreiche zufammenwir- 
kende Factoren die Geifter. Während die einzelnen Zollgebiete, fortgeriffen von 
dem freihändlerifchen. Zuge, der unfere Epoche beherrfcht, fich zu ftrafffter 
Anfpannung ihres induftriellen Könnens getrieben fehen, während ein märchen- 
haft gefteigertes Verkehrswefen alte, hochentwickelte .Induftrieftaaten mit zermal- 
mender Concurrenzkraft äuf dem entlegenften Boden auftreten läfst, und während 
der alio gefallene Schutzzoll des Gefetzes und des Raumes allerorten und 
in jedem Zweige den Gewerbsmann das zu lernen zwingt, was irgend ein Anderer 
im fernften Lande bereits kann, vollzieht fich innerhalb der Gemarkungen der 
einzelnen Staaten ein gewaltiger focialer Procefs, der, vorbereitet von einem 
glänzenden Auffchwunge der Naturwiffenfchaften, eingeleitet und gefördert durch 
ein mächtig emporgedeihendes Mafchinenwefen und ins Unberechenbare geftei- 
gert durch die überall unaufhaltfame Entwicklung der Gewerbefreiheit, im wirth- 
fchaftlichen Leben des einzelnen Landes der Grofsinduftrie jenes Ueber- 
gewicht dem Kleingewerbe gegenüber leiht, mit demin der Weltwirthfchaft 
reiche und ftarke Induftrieftaaten fchwWächere und ärmere zu erdrücken drohen. 
So müffen diefe Entwicklungen ebenfo dem Staatsmanne, deffen Blick fich 
auf internationale Verhältniffe richtet, die Aufgaben des gewerblichen Unter- 
richtswefens als tief bedeutende enthüllen, wie dem, dervorwiegend den inneren 
Zuftänden und den Fragen der Socialpolitik feine Aufmerkfamkeit widmet. 
Wir ftehen da vor einer unabfehbaren Kette werdender Geftaltungen, 
deren Endpunkte noch in kimmerifchem Dunkel liegen. Die abendländifchen Cul- 
turvölker, in ihren Wohnfitzen von einer die Arbeitskraft fördernden Ermäfsigung 
aller phyfikalifchen und organifchen Gegenfätze begünftigt, haben durch den rie- 
figen Hebel der Beherrfchung der Naturkräfte im Grofsen fich zur Weltherrfchaft 
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