Der internationale Patentcongrefs. [979]
dafs die Welt auf einem Elephanten, der Elephant auf einer Schildkröte die
Schildkröte auf einer Schlange ruhe.
Auf welchem Gethier diefe aber eine Stütze finde, wiffen fie nicht. Und
fo trat auch die Erklärung wieder hervor, dafs gegen das Patentgefetz nicht nur
die vier Herren im Congrefs feien, fondern auch Michel Chevalier, nicht nur
Michel Chevalier, fondern auch W. Kubitt, der Präfident der Civilingenieure in
London, nicht nur diefer, fondern auch W. Brunelu. f.w. Was nun gerade die
Mangelhaftigkeit der Patentgefetzgebung anbelangt, fo erklärte Friedrich H of-
mann aus Berlin mit gutem Grunde, dafs man eben alles aufbieten müffe, um „ein
möglichft vollkommenes Gefetz für den Schutz der geiftigen Arbeit zu fchaffen.“
Unvollkommen wird es immerhin bleiben, wie denn kein Gefetz exiftirt, dem nicht
Unvollkommenheiten nachgewiefen werden könnten, wenn folche auch nicht immer
[ofort, fondern erft bei längerer Praxis zum Vorfchein kommen; unvollkommen
wird das Patentgefetz auch bei der eifrigften und gewiffenhafteften Berathung,
vielleicht in verhältnifsmäfsig höherem Grade als andere Gefetze bleiben, weil die
Materie, mit der es zu thun hat. [chwieriger alsandere ift, und weil die Erfahrungen
auf dem Gebiete diefer Gefetzgebung geringer und jünger find, als die Gefetze
über anderes Eigenthum.“
Da die fogenannten Freihändler immer die Nothwendigkeit des foge-
nannten Patentrechtes bezweifeln, weil unter dem Schutze des freien Verkehres
— der Satz ift ganz wahr, die Anwendung nur ift falfch — überall das verhältnifs-
mäfsig gröfste und berechtigfte Einkommen fich bildet. fo erklärte der erfahrene
Kenner der modernen Patentgefetzgebung, Oberbergrath Kloftermann: „Es
gibt auf dem ganzen Gebiete des Vermögensrechtes kein Recht, welches mit
Naturnothwendigkeit exiftiren müfste ; felbft das Grundeigenthum, das wir gewiffer-
mafsen als den Kern aller Rechte betrachten, ift nicht ein folches. Wir haben
felbft in Deutfchland eine Zeit gehabt, wo es kein Grundeigenthum gab.
Beim Bergbau ftehen, je nach der Verfchiedenheit der Gefetzgebungen, drei ver-
fchiedene Berechtigte nebeneinander: „der Staat, der Finder und der Grund-
eigenthümer“. Daher ift es gar keine fo abnorme Srfcheinung, wenn man das
Recht der Erfindung einfach als das Mittel hinftellt, das dort, wo nach der Natur
der Verhältniffe der Schöpfer und Arbeiter es nicht vermag, die Rechtsfphäre
eben begrenzt und darum auch genau beflimmt. Kloftermann kennzeichnete diefen
von uns fchon vor zehn Jahren ausgefprochenen und vertretenen Satz mit den
Worten:
„Das Recht hat der Erfinder nur, foweit das Gefetz ihm die ausfchliefsliche
Benutzung feiner Erfindung einräumt.“
Schärfer als Kloftermann ging Dr. Rofenthal: der fchwankenden
Anfchauung der Freihändler zu Leibe und traf in der That das allein Richtige,
indem er die Gefammtheit des Autorrechtes in die Discuffion zog. „Ich frage die
Minorität, ob fie auch das Autorrecht negirt’* Da fie diefs nicht vermag und
auch niemals gewagt hat, nicht in der Anfprache des Führers der kleinen Gegner-
Ichaft, Franz X. Neumann aus Wien, nicht ın den Schriften Michel Chevalier’s
oder des einft fo leidenfchaftlichen Gegners der Patentgefetzgebung Michaelis
und Prince Smith aus Berlin; fo konnte Rofenthal mit allem Rechte behaupten :
„Blieben wir bei der reinen Theorie, müfsten wir ganz gewifs fagen: Recht ift
Recht. Wenn der Erfinder ein ausfchliefsendes Recht befitzt, mufs es ihm bleiben,
und wenn ihm nur zeitweilig diefes Recht garantirt werden foll, fo müffen auch
die Gründe der Befriftung angegeben werden .... Wir verlangen aber mehr für
den Erfinder, das Beweisftück feines Rechtes, sdas Patent : - ...-Durch die
Befriftung des ausfchliefsenden Rechtes des Erfinders haben wir den Weg der
Verföhnung zwifchen dem Anfpruch des Einzelnen und dem Bedürfniffe des
Staates gefunden. Der Erfinder ift mit diefer Einfchränkung zufrieden, er
verlangt keinen ewigen Schutz. Diefe Thatfache aber thut feinem urfprüng-
lichen Recht keinen Abbruch... .. Eine natürliche Confequenz diefer Anfchauung