Full text: Die Leistungen der Statistik und allgemeine Bildungsmittel (Heft 12)

52 J. Löwenthal. 
Die chemifchen Verbefferungen übten auch ihren Einflufs auf die Spiritus- 
fabrication. In dem ehemaligen Norddeutfchen Bundesgebiete betrug die Zahl der 
Fabriken im Jahre 1870 in den Städten 1542 und auf dem Lande 7348. Diefelben 
ee 0,882.452 Scheffel Getreide und 38,490.536 Scheffel Kartoffeln. Mit 
liefem Auffchwung derProduction hielt auch der Export des Spiritus gleichen Schritt. 
DieWollwe eberei wirdinDeutfchland noch vielfach auf Handftühlen betrieben, 
doch hat die mechanifche in den letzten Jahren einen fehr bedeutenden Auffchwung 
genommen. Man zählt gegenwärtig ungefähr 1,200.000 Streichgarn-Spindeln in 
beiläufig I$oo Spinnereien. Die hervorragendften Fabricationsbezirke find in der 
preufsifchen Rheinprovinz mit einem Umfatze von ungefähr 25 Millionen Thaler. Die 
fabricirten Artikel werden zum Theile exportirt, hauptfächlich nach den Vereinigten 
Staaten, Südamerika, Weftindien, Mexico, Oftindien, Japan, Levante, Spanien und 
( 
ge 
Norwegen. In neuefter Zeit wird auch die Fabrication vonKunftwolle,d.h. aus 
getragenen Wollftoffen wiedergewonnenes Fafermaterial, in grofsem Mafsftabe 
befonders in Berlin, Linden, Worms und Würzburg betrieben. — Der Werth der 
fämmtlichen von der deutfchen Induftrie nach ausländifchen Märkten abgefetzten 
Wollgarne und Wollwaaren wird auf 70 Millionen Thaler berechnet, 
Der mächtige Auffcehwung der Baumwoll re "ei ergibt fich fchon daraus, 
  
wenn man erfährt, dafs der V erbrauch der Baumwolle von 185.771 Ctr. im Durch- 
fchnitte der Jahre BE -40 auf 2,336.518 Ctr. im Jahre 1871 geftiegen war. In 
letzterer Zeit hat fich namentlich die Einfuhr über Bremen und Oefterreich 
gehoben, letzteres theils durch den Bezu 
oftindifchen Baumwolle über Irieft mit Benützung des Suezcanals — 
Die Flachsfpinnerei zählte in Deutfchland im Jahre 1869: 260.000 Spindeln gegen 
380.000 in Oefterreich und 1,040.000 in England und diefes Verhältnifs dürfte 
fich noch nicht geändert haben. Die Leineninduftrie hat fich überhaupt nicht 
grofser Fortfchritte zu erfreuen. Die Ausfuhr fteht, Packleinwand etwa ausgenommen, 
ne der Einfuhr bedeutend nach. Defto rühriger geftaltete fich in neuefter Zeit 
e Juteartikel-Fabrication. Im Jahre 1861 eingeführt, weift fie bereits eine Gefammt- 
Prodeon von 200.000 Ctr. auf. Die Fabrication von feidenen und halbfeidenen 
Waaren befchäftigt jetzt 330 Fabriken. — 
Ein noch fehr junger Induftriezweig, 
Kautfchuk und Guttapercha, hat ebenfalls berei 
land erlangt. Die Gefammtprodudtion beträgt jetzt mehr als 50.000 Cr. jährlich. 
Von der ungemein grofsen Entwicklung der Eifen- und Stahlwaaren-Fabrication 
zeugt fchon die Thatfache, dafs die im Jahre 1825 auf 1,004.160 Ctr. befchränkte 
heifen-Erzeugung im Jahre 187I auf 23,874.460 Citr. geftiegen ift. — Die Glas- 
g levantifcher, theils durch jenen der 
Lt 
die Fabrication von Gummiw aaren aus 
  
ts eine grofse Bedeutung in Deutfch- 
IR OÖ & 
fabrication befchäftigt jetzt 239 Fabriken ftatt 188 in den vierziger Jahren; in 
feineren Gegenftänden hat fich diefelbe im Grofsen und Ganzen bislang auf die Höhe 
der öfterreichifchen, Sueiiicheh, belgifchen und franzöfifchen Induftrie nicht zu 
erheben vermocht, was auch von der en gilt. 
Einen Mafsftab für den Umfang der fogenannten Kurzwaaren-Induftrie in 
Deutfchland bietet die Menge der ne ee Verpackungsbehälter, als 
Schachteln, Käftchen und dgl. aus Holz und Pappendeckel, welche mehr als 
50.000 Menfchen, meiftens Frauen und Kinder befchäftigt. Als Concurrent auf 
dem Weltmarkt tritt mit Erfolg zum Theile auch Oefterreich auf mit feinen 
Galanteriewaaren von Leder und Bronce und den überhaupt berühmten Meer- 
fchaum-Arbeiten. Der Hauptfitz des deutfchen I 
Exporthandels für Kurzwaaren ift 
noch immer Nürnberg. Die deutfche Holzinduftrie ift namentlich auf dem Gebiete 
der Möbelfabrication von wirthfchaftlich gröfserer Bedeutung. Zur Fabrication der 
Fäffer und zur Baufchreinerei, fowie auch zu Bauhölzern wird vorzüglich Eichen- 
hola aus den füdlichen und füdöftlichen Theilen des öfterreichifchen Kaiferreiches 
bezogen. Die Holzfchnitzerei hat befonders in den letzten Jahren anfehnliche 
Fortfchritte gemacht; die gebogenen Möbel wurden nach dem Mufter der von 
Thonet in Wien‘ im Tahre 1834 zuerft fabricirten, in Deutfchland eingeführt. Auch 
   
   
      
    
   
   
   
   
   
   
    
     
     
   
    
   
    
     
   
     
       
   
   
    
    
      
     
     
    
    
      
    
    
    
    
     
   
   
    
    
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