16 Dr. Alexander Peez.
Demnach find fowohl einheimifche Produdtion wie Garneinfuhr in den
letzten Jahren namhaft geftiegen; die erftere hält ihren Antheil von 706—81 %
ziemlich feft, doch ift die Einfuhr feit 1870 in noch rafcherer Zunahme begriffen
als die inländifche Garnproduction. Die Ausfuhr öfterreichifcher Garne ift unbe-
deutend und betrug im Jahre 1872 nur 4920 Centner.
Was die fertige Waare betrifft, fo ftellt ich der Grenzverkehr in folgender
Weife heraus:
Jahre Einfuhr nach Oefterreich Ausfuhr aus Oefterreich
18061 4.203 38.204
1867 6.018 28.331
1868 9.257 21.550
1869 14.586 25.492
1870 13.591 20.905
1871 21.798 21.990
1872 30.857 23.500
Demnach hat fich feit den Jahren 1868 und 1869, in welchen die neuen
Handelsverträge in Kraft traten, die Einfuhr von Baumwoll-Waaren fehr ftark
vermehrt, ja, es hat diefelbe in den erften fünf Monaten des Jahres 1873 wieder
um 4688, d. i. 35'71 %, gegenüber, der gleichen Periode des Vorjahres zuge-
nommen. Die Ausfuhr dagegen ift ziemlich ftationär geblieben. Die Lage der
Gefammtinduftrie läfst fich demnach dahin zufammenfaffen, dafs der innere Markt
für Garne und Gewebe in rafcher Entwicklung begriffen ift, das Ausland jedoch
in ftärkeren Verhältniffen an demfelben participirt als das Inland, unbefchadet
deffen, dafs letzteres in einzelnen Zweigen Vorzügliches leiftet.
Die öfterreichifche Baumwoll-Induftrie zerfällt geographifch in drei Haupt-
gruppen: Böhmen, Niederöfterreich und OÖberöfterreich, endlich Vorarlberg.
Böhmen zählt die meiften Spindeln und überwiegt bedeutend in Weberei und
Druckerei; in Niederöfterreich liegt der Schwerpunkt in den zahlreichen Spinne-
reien, während Vorarlberg in Färberei und neueftens in Buntweberei nach
Schweizer Art feine Specialität befitzt.
Das in Oefterreich geltende Gewichts-Zollfyftem war die nächfte Urfache,
dafs unfere Induftriellen bei der Erfpinnung von feinen Nummern nur in Aus-
nahmsfällen Convenienz finden. Die öfterreichifchen Hauptnummern find 4—12,
14— 26, 28—32, 34—42, 48—62, Niederöfterreich fpinnt 4—42, Vorarlberg und
Tirol 14—42, während Böhmen fämmtliche Qualitäten von 4—62 producirt.
Niederöfterreich fpinnt befonders defshalb feine niedrigen Nummern, weil es die
Handweberei von Ungarn und Siebenbürgen, die noch immer im Winter vom
Landvolk als Nebenbefchäftigung betrieben wird, fowie die Barchentweberei von
Profsnitz und Zwittau mit Garnen verforgt; Böhmen und Vorarlberger haben
durchfchnittlich etwas feinere Nummern.
Diefe Richtung der öfterreichifchen Spinnerei auf gröbere Nummern hat
zur Folge, dafs vorzugsweife oftindifche Baumwolle zur Verwendung gelangt.
In Durchfchnittsjahren find ®/, oder do %, des in Oefterreich verarbeiteten Roh-
ftoffes aus Oftindien bezogen. Daneben ift Levantiner Baumwolle eine Lieb-
lingsforte vornehmlich Niederöfterreichs und wird am Anfange der Saifon, wo
die Qualitäten noch fehr fchön find, wenn Preife nicht zu hoch, der oftindi-
fchen vorgezogen, fodann für Garne bis zu Nr. 20 als Beimifchung überhaupt
verwendet.
Obwohl bei gewiffen Preisconjundturen die nördlicher liegenden Spinnerei-
bezirke nochimmer oftindifche Baumwolle über Liverpool beziehen, fo kommt
doch bereits das Gros über Trieft. Die Fracht von Bombay nach Trieft per Suez-
canal tritt langfam, aber ftetig in ein richtigeres Verhältnifs, d. h. wird etwas
billiger als die Fracht von Bombay nach Liverpool; nach Circular vom