Full text: Baumwolle und Baumwoll-Waaren (Heft 13)

  
)r. Alexander Peez 
3. die Stickwaaren von St. Gallen und Appenzell, welche theils mit der 
Hand. von Stickerinen Appenzells, des Rheinthals, des Bregenzer Waldes und 
Schwabens gearbeitet, theils auf mehr wie 4000 Mafchinenftühlen vermittelft 
Blattftich-Stickerei in St. Gallen, Appenzell und dem Thurgau fabrieirt werden. 
Hierzu kam noch ein neuer Zweig, nämlich die mechanifche Crochetftickerei oder 
Kettenftich-Stickerei, bei welcher kleinere Mafchinen mit einer Nadel und gröfsere 
mit 12 bis 44 Nadeln in Anwendung kommen. 
Diefe Baumwoll-Induftrie hat für die a Schweiz ungefähr diefelbe 
Bedeutung wie die Uhrenfabrication für die weftliche Schweiz; viele Millionen 
von eulden werden jährlich durch Export fer Waaren der er zugeführt, 
und es hat dies kleine Land, dank feiner völligen Hingabe an die Intereffen der 
Arbeit, in nicht wenigen Zweigen der Baumwoll-Induftrie jede Concurrenz 
überwunden. ; 
Obwohl die Baumwoll-Induftrie Frankreichs mit dem Elfafs gleichfam 
die rechte Hand verloren hat, fo bildet diefelbe noch immer mit ihren circa 
5 Millionen Spindeln, circa 50.000 Kraftftühlen und zahlreichen, ge on betrie- 
benen oanafiihlen eine fehr achtungswerthe Macht, die ihren wichtigften Ver- 
bündeten in der Herrfchaft der allen Mode findet 
Die hervorragendften Erfcheinungen, mit we Frankreich die Wiener 
Ausftellung betrat, waren die prächtigen Mouffeline und Vorhängftoffevon Tarare; 
meift trefflich gezeichnet und ausgeführt, werden fie in neuefter Zeit auf mecha- 
nifchen Stühlen fabricirt, und man glaubt, dafs dadurch den Schweizer Stickereien 
eine fehr gefährliche Concurrenz bereitetwerde. Aufser diefen berühmten Artikeln 
erregten die Gewebe von Ledoux-B£&du in St. Quentin ebenfoviel Auffehen als 
Bewunderung, fowohl hinfichtlich ihrer fchönen, die Rohfeide imitirenden Farbe, 
als ihrer tref fflichen Ausf ührung, fowie des Umftandes halber, dafs diefe auf Kraft- 
ftüihlen erzeugten Gewebe Be lweif gleich in Falten gelegt erfcheinen (wahr- 
fcheinlich durch eingefchobene Rundftäbe wie bei der Sammt- und Teppich- 
weberei, nur dafs hier dieFalten aufgefchnitten, dort aber glatt gebügelt w« erden). 
Durch diefe Erfindung greift der nerksnifche Stuhl, indem er end men und 
gefaltete Röcke erzeugt, in das Gebiet der Confection hinüber. 
Die Baumwoll-Induftrie Englands mit 39°5 Millionen m. und 
400.000 mechanifchen Stühlen bildet die riefigfte induftrielle Kraft, die überhaupt 
in der Welt exiftirt. England verarbeitete im Jahre 1872: 1.175,345.000 Pfund 
Baumwolle und erfpann daraus 1.040,380.000 Pfund Garn, wovon 211,940.000 
Pfund als Garn und 698,840.000 Pfund als Gewebe exportirt und 129,000.000 
Pfund im Inland verbraucht wurden. Der Werth des ausgeführten Garnes betrug 
67 Millionen Gulden, der exportirten Gewebe 699 Millionen Gulden und der im 
land verbrauchten Baumwoll-Produdte 156 Millionen Gulden. Der Werth der 
efammtprodudtion wird auf 1022 Millionen Gulden angefchlagen; zieht man 
lavon den Preis des Rohftoffes mit 480 Millionen Gulden a“ fo blei . 542 Mil- 
lionen Gulden übrig, welche England inForm von Löhnen, Capitalzins und Unter- 
nehmergewinn durch die Baumwoll-Induftrie in einem einzigen ] Jahre verdient hat. 
Gleichwohl zeigen fich zwei Wölkchen am Horizont, die der englifchen 
Baumwoll-Induftrie mit der Zeit gefährlich werden könnten: die feit dem Jahre 
1871 eingetretene Kohlentheuerung, welche die mechanifche Kraft in England 
theuerer macht, und ferner die zunehmenden Anfprüche der Arbeiter, welche im 
Jahre 1872 fich weigerten, die kurzftapelige Surat-Baumwolle zu 
verfpinnen. 
Zur Wiener Ausftellung fandte England nur folche Baumwoll-Produdte, die 
in Oefterreich und den Nachbarländern einen befonders günftigen Markt finden, 
alfo namentlich feine Garne (Droffelgarn bis Nummer 120), Sti ickgarne und Näh- 
zwirne und ausgezeichnete Gewebe, die letzteren befonders h erreitased aus der 
riefigen Fabrik von Horrockses Miller & Comp. in Prefton, die mit 200.000 
Spindeln und 3644 Webftühlen arbeitet. 
In 
G 
    
   
  
   
  
   
  
   
  
   
   
   
  
  
   
    
    
  
  
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
   
  
  
  
   
  
  
  
   
   
  
    
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
     
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.